Wallander 07 - Mittsommermord
Ganzen, der ihn störte. Er hatte Glück gehabt. Im Normalfall schloß er die Tür des schalldichten Zimmers. Doch gerade an diesem Abend hatte er sie angelehnt gelassen, als er ins Bett ging. Er versuchte sich vorzustellen, daß seine Fähigkeit zu entkommen, ein organischer Teil seines Bewußtseins geworden war. Aber er konnte nicht umhin einzuräumen, daß er einfach nur Glück gehabt hatte.
Wäre die Tür geschlossen gewesen, hätte er sie nicht gehört, als sie in der Nacht einbrachen. Er war mit einem Ruck erwacht, hatte sofort gewußt, was los war, und hatte die Wohnung durch die Hintertür verlassen. Hatte er sie noch schließen können oder nicht? Er wußte es nicht. Er hatte nichts mitnehmen können außer seiner Pistole und den Kleidern, die er trug. Von Anfang an |520| war ihm klar gewesen, daß es Polizisten waren, die seine Tür aufbrachen.
Dann war er aus Ystad hinausgefahren. Obwohl er erregt war, hatte er sich gezwungen, langsam zu fahren. Er wollte nicht riskieren, in einen Unfall verwickelt zu werden.
Jetzt war es vier Uhr. Es würde noch dauern, bis die Morgendämmerung kam. Er hatte alles durchdacht, was geschehen war. Sich die Frage gestellt, ob er irgendeinen Fehler gemacht hatte. Doch er konnte keinen finden.
Alles war nach Plan gegangen. Während Svedberg begraben wurde, hatte er die Adresse in der Mariagata aufgesucht, wo der Kriminalbeamte wohnte. Es war kein Problem gewesen, die Tür mit dem Dietrich zu öffnen. Er war durch die Wohnung gegangen, hatte gesehen, daß der Mann, der dort wohnte, allein lebte, und dann seinen Plan gemacht. Alles war leichter, als er gedacht hatte. In einer Küchenschublade hatte er sogar Reserveschlüssel gefunden. Das bedeutete, daß er beim nächstenmal nicht den Dietrich benutzen mußte, um in die Wohnung zu gelangen. Er hatte sich sogar auf das Bett im Schlafzimmer gelegt. Aber es war ihm viel zu weich. Er hatte sogleich das Gefühl bekommen zu versinken.
Hinterher war er nach Hause gegangen. Hatte geduscht, gegessen und sich dann in das stille Zimmer zurückgezogen. Gegen Abend hatte er etwas getan, was er schon lange hatte tun wollen. Er hatte alle seine Porzellanfiguren poliert. Es hatte länger gedauert als erwartet. Als er schließlich fertig war, hatte er gegessen und sich anschließend hingelegt. Als sie in seine Wohnung einbrachen, hatte er bereits mehrere Stunden geschlafen.
Er stieg aus dem Wagen. Hatte er schon einmal einen solchen August erlebt? Vielleicht in seiner Kindheit. Aber er war nicht sicher. Er ging hinunter ans Wasser. Eine kaum merkbare Dünung rollte an den Strand. Er dachte an die Polizisten, die sich jetzt in seiner Wohnung befanden. Stellte sich vor, wie sie Schubladen herauszogen, den Fußboden schmutzig machten und seine Porzellanfiguren verrückten. Der Gedanke machte ihn rasend. Er verspürte starke Lust, zurückzukehren, die Treppen hinaufzustürmen und alle, die in seiner Wohnung waren, zu erschießen. Doch er beherrschte sich. Keine Rache war so wichtig, daß er bereit |521| gewesen wäre, seine Fähigkeit zu entkommen dafür zu opfern. Er wußte, sie würden nichts finden, was ihnen half, ihn aufzuspüren. Keine Papiere, keine Fotos. Nichts. Sie wußten nichts von dem Bankschließfach, das er unter falschem Namen gemietet hatte. In dem er alle Dokumente verwahrte, die sein Gesicht verraten konnten, die Kennzeichen seiner Autos, seine Bankbücher.
Sie würden sich bestimmt noch viele Stunden in der Wohnung aufhalten. Aber früher oder später würde der Kriminalbeamte in seine Wohnung zurückkehren, sehr müde nach all den Stunden ohne Schlaf.
Dann würde er dort sein und warten.
Er kehrte zum Wagen zurück. Das wichtigste war, daß er selbst den Schlaf nachholte, den er versäumt hatte. Er konnte in einem seiner Autos schlafen. Doch es bestand stets die Gefahr, entdeckt zu werden, wie geschickt er seinen Parkplatz auch auswählen mochte. Außerdem wollte er nicht zusammengekrümmt auf dem Rücksitz liegen. Das war seiner nicht würdig. Er wollte sich ausstrecken, in einem ordentlichen Bett ausruhen, nachdem er zuerst die Matratze entfernt hatte, um die harte Unterlage zu haben, die er brauchte.
Eine Weile schwebte ihm die Möglichkeit vor, in ein Hotel zu gehen. Aber da wäre er gezwungen, einen Anmeldeschein auszufüllen. Das wollte er nicht. Nicht einmal unter einem fremden Namen.
Da fiel ihm ein, daß er die einfachste Lösung übersehen hatte. Es gab einen Ort, an dem er sich ausruhen konnte. Die
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