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Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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zusammen.
    »Bist du wahnsinnig?«
    »Es dauert mindestens eine Stunde, hier abzusperren und alle Menschen wegzuschicken. So viel Zeit haben wir nicht. Ich gehe an Bord. Du mußt mir vom Steg aus Deckung geben. Ich mache es schnell. Er wird kaum dasitzen und nach uns ausspähen. Falls er da ist, glaube ich, daß er in der Koje liegt und schläft.«
    Martinsson war ganz und gar nicht einverstanden. »Das kann ich auf keinen Fall gutheißen«, sagte er. »Es kann mit einer totalen Katastrophe enden.«
    »Da ist noch etwas, woran du nicht gedacht hast«, sagte Wallander. »Denn Larstam hat Hansson und den Kollegen aus Malmö nicht erschossen. Und keiner redet mir ein, er hätte sie verfehlt. Es war nur, weil keiner von beiden die neunte Person war.«
    »Und das bist du also auch nicht?«
    »Wohl kaum.«
    Martinsson brachte noch einen Einwand vor. »Dies ist ein Boot in einem Hafen. Hier gibt es keine Hintertreppe, über die er verschwinden kann. Was soll er tun. Ins Hafenbecken springen?«
    »Das Risiko müssen wir eingehen«, sagte Wallander. »Daß das Fehlen eines Reserveausgangs alles verändern kann.«
    Martinsson ließ nicht locker. »Ich halte das für unverantwortlich.«
    |546| Wallanders Entschluß stand bereits fest. »Dann machen wir es so, wie du sagst. Fahr zum Präsidium und sieh zu, daß wir die volle Besetzung hierherbekommen. Ich halte solange Wache.«
    Martinsson verschwand. Den Kollegen aus Malmö schickte Wallander zum Parkplatz hinauf, um diesen und den Weg zum Bootshafen im Auge zu behalten.
    Wallander ging auf den Steg hinaus. Ihm war klar, daß er sich eines eindeutigen Verstoßes gegen die elementarsten Polizeiregeln schuldig machte. Er würde sich in eine Situation begeben, in der er einem vollkommen rücksichtslosen Mann gegenüberstehen konnte. Er würde es allein tun, ohne Rückendeckung, und er würde es tun, ohne daß der Platz auch nur abgesperrt war.
    Ein paar Jungen spielten auf dem Steg. Wallander gab sich als Autoritätsperson und sagte ihnen, sie sollten an Land gehen und sich dort aufhalten. In der Tasche hatte er seine Pistole. Er hatte sie bereits entsichert. Aus der Distanz versuchte er zu schätzen, ob er es schaffen würde, vom Steg aus zu springen. Was würde er danach tun? Wenn Larstam an Bord war, würde der ihn durch die Scheiben des Steuerhäuschens sehen. Wallander wäre vollkommen ungeschützt.
    Das ging also nicht. Die einzige Möglichkeit bestand darin, sich von achtern an Bord zu schleichen, indem er die Persenning aufriß. Doch dazu brauchte er ein Boot. Er blickte sich um. Unmittelbar neben ihm lag eine Luxusyacht, in deren geräumigem Cockpit offenbar ein mittleres Fest im Gange war. Neben dem Boot dümpelte ein kleines rotes Beiboot. Wallander dachte nicht lange nach. Er kletterte an Bord und zeigte den verblüfften Menschen seinen Polizeiausweis.
    »Ich muß Ihr Beiboot benutzen«, sagte er.
    Ein glatzköpfiger Mann mit einem Weinglas in der Hand war aufgestanden.
    »Warum denn das? Ist ein Unglück passiert?«
    »Kein Unglück«, erwiderte Wallander. »Und ich habe auch keine Zeit, auf Fragen zu antworten. Sie bleiben hier in Ihrer Yacht. Keiner geht auf den Steg. Wer es doch tut, wird für die Folgen einstehen müssen. Verstanden?«
    Niemand sagte etwas. Wallander stieg unbeholfen in das Beiboot. |547| Er hantierte mit den Riemen, bis er einen verlor. Als er sich über den Rand beugte, wäre ihm fast die Pistole aus der Tasche gerutscht. Er fluchte und schwitzte, aber schließlich hatte er die Riemen in die Dollen gesteckt. Der glatzköpfige Mann hatte die Festmacherleine gelöst. Wallander ruderte davon. Er fragte sich, ob das Dingi unter seinem Gewicht sinken könnte. Vorsichtig näherte er sich von hinten dem Holzkutter. Als er das Heck erreichte, hielt er sich mit einer Hand ab. Das Schiff hatte einen eingebauten Motor. Vorsichtig, um den Kutter nicht zum Schaukeln zu bringen, belegte er die Festmacherleine. Dann horchte er. Das einzige, was er hören konnte, waren die Schläge seines eigenen Herzens. Er hatte die Pistole in der Hand. Behutsam begann er, die Plane aufzuknöpfen. Noch immer keine Bewegung. Als er weit genug aufgeknöpft hatte, kam der schwerste Moment. Er mußte sie hochschlagen und gleichzeitig seinen eigenen Körper seitwärts bewegen. Sonst gab er für eine Person, die mit einer Waffe in der Hand darunter saß, eine perfekte Zielscheibe ab. Sein Kopf war vollständig leer. Die Hand, in der er die Pistole hielt, war schwitzig und

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