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Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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hatte. Axel Edengren war sehr groß und kräftig. Er war einer der größten Männer, die Wallander je gesehen hatte. Er hatte einen kurzen Bürstenhaarschnitt, und sein Blick war stechend. Seine ganze Erscheinung strahlte etwas Abstoßendes und Plumpes aus. Sogar sein Handschlag war abweisend. Wallander führte ihn in sein Büro. Auf dem Flur hatte er das Gefühl, daß ein bedrohlicher Büffel hinter ihm trabte, der ihn jeden Moment auf die Hörner nehmen konnte. Wallander zeigte auf seinen Besucherstuhl. Edengren setzte sich schwerfällig. Der Stuhl knackte. Doch der Mann schien es nicht zu bemerken. Er begann zu sprechen, noch bevor Wallander sich hinter seinen Schreibtisch hatte setzen können.
    »Sie haben meine Tochter gefunden«, sagte er. »Warum waren Sie nach Bärnsö gefahren? Was wollten Sie da?«
    Wallander versuchte, sich zu entscheiden, ob er wütend werden sollte oder nicht. Der Ton des massigen Mannes irritierte ihn. Zugleich war er sich bewußt, daß seine Kräfte nicht mehr ausreichten, um seine gewohnte Autorität zu behaupten.
    »Ich hatte Grund zu der Annahme, daß Isa dort draußen war. Und das stimmte ja auch.«
    |553| »Ich habe mir von den Ereignissen erzählen lassen. Und für mich ist es ein Rätsel, wie Sie das geschehen lassen konnten.«
    »Keiner hat irgend etwas geschehen lassen. Hätte ich die geringste Möglichkeit zum Eingreifen gehabt, hätte ich es natürlich getan. Ich nehme an, das gilt auch für Sie. Nicht nur im Verhältnis zu Isa. Sondern auch zu ihrem Sohn Jörgen.«
    Edengren zuckte zusammen, als Wallander den Namen seines Sohns nannte. Es war, als habe er mitten in einem stürmischen Lauf plötzlich innegehalten. Wallander nutzte die Gelegenheit, um das Gespräch in die von ihm gewünschte Richtung zu lenken.
    »Leider haben wir jetzt nicht die Zeit, über das zu sprechen, was passiert ist. Ich möchte Ihnen aber als erstes mein Beileid aussprechen wegen Isas Tod. Ich habe sie mehrmals getroffen und einen guten Eindruck von ihr bekommen.«
    Edengren wollte wieder etwas sagen, doch Wallander ließ ihn nicht zu Wort kommen.
    »Es geht um einen Bootsliegeplatz hier in Ystad«, fuhr er fort, »der unter dem Namen Isa Edengren gemietet worden ist.«
    Edengren betrachtete ihn mißtrauisch. »Das ist eine Lüge.«
    »Das ist vollkommen wahr.«
    »Isa hatte kein Boot.«
    »Das nehme ich auch nicht an. Haben Sie früher hier einen Liegeplatz gehabt?«
    »Meine Boote sind in einer Marina in Östergötland.«
    Wallander hatte keinen Grund, Edengrens Aussage zu bezweifeln. Er ging weiter. »Wahrscheinlich hat jemand anders den Mietvertrag mit dem Namen Ihrer Tochter unterschrieben.«
    »Wer denn?«
    »Wir vermuten, daß es sich um die Person handelt, die sie getötet hat.«
    Keine Reaktion. Edengren wußte nicht, wer es war.
    »Haben Sie ihn gefaßt?«
    »Noch nicht.«
    »Warum nicht? Wenn er meine Tochter getötet hat.«
    »Es ist uns noch nicht gelungen, seinen Aufenthaltsort ausfindig zu machen. Deshalb sind Sie hier. Um uns die Arbeit zu erleichtern.«
    |554| »Wer ist der Mann?«
    »Aus verschiedenen Gründen kann ich Ihnen nicht sämtliche Informationen geben, die wir haben. Aber so viel kann ich sagen, daß der Mann in den letzten Jahren als Landbriefträger gearbeitet hat.«
    Edengren schüttelte den Kopf. »Soll das ein Witz sein? Soll ein Landbriefträger Isa getötet haben?«
    »Leider verhält es sich wohl genau so.«
    Edengren holte Atem, um eine neue Frage zu stellen. Aber Wallander stoppte ihn. Der Moment der Kraftlosigkeit war vorüber.
    »Können Sie sich erinnern, ob Isa einen anderen Kontakt mit dem Bootsclub hatte? Segelte sie? Hatte sie Freunde mit Booten?«
    Edengrens Antwort überraschte ihn. »Nicht Isa. Aber Jörgen. Er hatte ein Segelboot. Im Sommer lag es in Gryt. Dann segelte er bei Bärnsö. Im Herbst und im Frühjahr hatte er es hier unten.«
    »Er hatte also einen Liegeplatz?«
    »Ja. Außerdem lag das Boot hier den Winter über an Land.«
    »Aber Isa ist nicht gesegelt?«
    »Sie war mit Jörgen zusammen. Sie vertrugen sich gut. Jedenfalls zeitweilig.«
    Zum erstenmal ahnte Wallander so etwas wie Trauer bei dem Mann, der ihm gegenüber saß und seine beiden Kinder verloren hatte. In dem massigen Körper verbarg sich ein Vulkan von Gefühlen, denen nie gestattet wurde, ans Licht zu kommen.
    »In welchen Jahren ist Jörgen gesegelt?«
    »Ich glaube, er bekam das Boot 1992.   Sie hatten einen kleinen, informellen Club. Sie segelten und feierten. Haben

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