Wallander 07 - Mittsommermord
dem Kofferraum und fesselte ihm die Arme. Danach zurrte er ihn auf dem Beifahrersitz fest.
Wallander setzte sich hinters Steuer und blickte Larstam an. Plötzlich war es ihm, als säße Louise dort.
Um Viertel vor vier erreichte Wallander das Polizeipräsidium.
Als er aus dem Wagen stieg, hatte es angefangen zu regnen. Er hob sein Gesicht den Tropfen entgegen. Dann ging er hinein und sprach mit dem Wachhabenden. Zu seiner Verwunderung war es Edmundsson. Er saß dort mit einer Tasse Kaffee und einem belegten |582| Brot. Edmundsson zuckte zusammen, als er Wallander erblickte, der sein Gesicht noch nicht im Spiegel gesehen hatte. Außerdem war seine Kleidung lehmbeschmiert und voller Halme.
»Was ist passiert?«
»Keine Fragen«, sagte Wallander energisch. »Draußen in meinem Wagen sitzt ein gefesselter Mann. Nimm jemanden mit, legt ihm Handschellen an und schafft ihn herein.«
»Wer ist der Mann?«
»Åke Larstam.«
Edmundsson war mit dem Butterbrot in der Hand aufgestanden. Wallander sah, daß es Leberpastete war. Ohne zu überlegen, nahm er dem Kollegen das Brot aus der Hand und begann zu essen. Es tat weh in der Backe, doch sein Hunger war größer als der Schmerz.
»Willst du etwa sagen, daß du den Täter im Auto hast?«
»Du hast doch gehört, was ich gesagt habe. Und er soll Handschellen kriegen. Setzt ihn in ein Zimmer und schließt die Tür ab. Wie ist Thurnbergs Telefonnummer?«
Edmundsson holte sie auf den Monitor. Dann ging er. Wallander aß das Brot auf. Er kaute vorsichtig. Nichts war mehr eilig. Er wählte Thurnbergs Nummer. Es dauerte lange, bis jemand abnahm. Eine Frauenstimme meldete sich. Wallander sagte, wer er war. Thurnberg kam ans Telefon.
»Wallander hier. Ich glaube, es ist am besten, du kommst her.«
»Warum? Wieviel Uhr ist es denn?«
»Wieviel Uhr es ist, ist mir egal. Aber du sollst herkommen und eine formelle Verhaftung von Åke Larstam vornehmen.«
»Noch einmal.«
»Ich habe Larstam hier.«
»Wie zum Teufel hast du ihn gekriegt?«
Es war das erste Mal, daß Wallander Thurnberg fluchen hörte.
»Ich habe ihn im Wald gefunden.«
Thurnberg hatte inzwischen begriffen, daß Wallander es ernst meinte.
»Ich komme«, sagte er.
Edmundsson und ein zweiter Polizist führten gerade Larstam herein. Wallander begegnete seinem Blick. Keiner sagte etwas.
|583| Wallander ging ins Sitzungszimmer. Larstams Waffe legte er vor sich auf den Tisch.
Thurnberg kam kurz danach. Er fuhr zusammen, als er Wallander erblickte, der noch immer nicht auf der Toilette gewesen war und sich im Spiegel gesehen hatte. Aber er hatte in einer seiner Schreibtischschubladen Schmerztabletten gefunden. Sein Handy lag auf dem Schreibtisch. Mit einer müden Geste der Wut fegte er es in den Papierkorb. Irgend jemand, der saubermachte, würde es schon wieder herausholen.
Wallander berichtete Thurnberg kurz, was geschehen war. Zeigte auf die Waffe.
Wie vor einer feierlichen Begebenheit zog Thurnberg einen Schlips aus der Tasche und begann, ihn sich umzubinden.
»Du hast ihn also gefaßt. Nicht schlecht.«
»Doch, genau das war es«, erwiderte Wallander. »Aber darüber reden wir ein andermal.«
»Vielleicht sollten wir die anderen anrufen und ihnen Bescheid sagen«, schlug Thurnberg vor.
»Warum? Jetzt, wo sie endlich schlafen? Warum sollen wir sie wecken?«
Thurnberg zog seinen Vorschlag zurück. Dann verließ er den Raum, um sich Larstams anzunehmen.
Wallander erhob sich mit Mühe und ging zur Toilette. Die Wunde im Gesicht war tief. Wahrscheinlich würde sie mit ein paar Stichen genäht werden müssen. Aber der Gedanke daran, sich jetzt ins Krankenhaus zu begeben, erschien ihm unmöglich. Das konnte warten.
Es war halb fünf geworden.
Er ging in sein Büro und schloß die Tür hinter sich.
Martinsson erschien als erster am nächsten Morgen. Er hatte schlecht geschlafen und wurde von seiner Unruhe ins Präsidium getrieben. Thurnberg war noch da und konnte ihm die Neuigkeit berichten. Martinsson rief daraufhin in rascher Folge Ann-Britt Höglund, Nyberg und Hansson an. Kurz danach kam auch Lisa Holgersson.
Erst als sie vollständig versammelt waren, fragte jemand, wo |584| Wallander eigentlich steckte. Thurnberg zufolge war er ohne Kommentar verschwunden. Vermutlich ins Krankenhaus, um die Wunde im Gesicht versorgen zu lassen.
Um halb neun rief Martinsson bei ihm zu Hause an. Aber niemand nahm ab. Da kam Ann-Britt Höglund auf die Idee, daß er vielleicht ganz einfach in seinem Zimmer
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