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Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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immer nicht. Das klingt vielleicht seltsam. Aber so ist es.«
    »Hast du ihn nicht gefragt?«
    »Ich habe nie eine Antwort bekommen.«
    »Ist er tot?«
    »Er starb vor gar nicht so langer Zeit. Jetzt kann ich ihn also nicht mehr fragen, selbst wenn ich wollte.«
    Wallanders Worte schienen den Jungen zu bedrücken. Er suchte unsicher nach der nächsten Frage auf seiner Liste.
    »Hast du einmal bereut, Polizist geworden zu sein?«
    »Viele Male. Ich glaube, das tun alle irgendwann.«
    »Warum denn?«
    »Man muß so viel Elend mit ansehen. Man fühlt sich so machtlos. Und man fragt sich, ob man es wirklich aushält, bis man alt wird.«
    »Findest du, daß du manchmal etwas Gutes tust?«
    »Manchmal. Aber längst nicht immer.«
    »Findest du, daß ich Polizist werden sollte?«
    »Ich finde, du solltest mit der Entscheidung warten, bis du älter geworden bist. Erst wenn man siebzehn oder achtzehn ist, weiß man, glaube ich, was man wirklich will.«
    »Ich will entweder Polizist oder Straßenbauer werden.«
    »Straßenbauer?«
    »Es muß Spaß machen, Straßen zu bauen, damit die Menschen leichter verreisen können.«
    Wallander nickte. Der Junge war klug. Aber ohne altklug zu wirken.
    |590| »Ich habe nur noch eine Frage«, sagte David. »Hast du manchmal Angst?«
    »Eigentlich ziemlich oft.«
    »Und was machst du dann?«
    »Ich weiß es nicht. Ich schlafe schlecht. Ich versuche an etwas anderes zu denken. Wenn das geht.«
    Der Junge steckte seinen Zettel in die Tasche und blickte auf die Mütze. Wallander gab sie ihm. David setzte die Polizeimütze auf. Wallander führte ihn zu einem Spiegel, damit er sich sehen konnte. Die Mütze war so groß, daß sie ihm über die Ohren rutschte. Danach begleitete Wallander ihn zurück zur Anmeldung.
    »Komm ruhig wieder, wenn du noch mehr Fragen hast«, sagte Wallander.
    Er stand an der Tür und sah den Jungen in Regen und Wind verschwinden. Zurück in seinem Büro, fuhr er fort, Ordnung in den Papierstapeln zu schaffen. Seine Lust, wegzukommen, war stärker geworden. Er wollte das Präsidium so schnell wie möglich verlassen.
    Plötzlich stand Ann-Britt Höglund in der Tür.
    »Ich dachte, du wärst krankgeschrieben?«
    »Das bin ich auch.«
    »Und wie war die Besprechung?«
    Wallander betrachtete sie verständnislos.
    »Welche Besprechung?«
    »Martinsson hat geplaudert.«
    »David ist ein aufgeweckter kleiner Kerl. Ich habe versucht, ihm so ehrlich wie möglich auf seine Fragen zu antworten. Aber vielleicht hat sein Vater ihm bei der Formulierung geholfen.«
    Er stellte noch ein paar Mappen fort. Sie hatte sich auf seinen Besucherstuhl gesetzt.
    »Hast du Zeit?«
    »Ein bißchen schon. Ich will nachher für ein paar Tage verreisen.«
    Sie stand auf und schloß die Tür.
    »Eigentlich weiß ich nicht, warum ich dir das jetzt erzähle«, sagte sie, nachdem sie sich wieder gesetzt hatte. »Bis auf weiteres möchte ich dich auch darum bitten, daß es unter uns bleibt.«
    |591| Sie hört auf, dachte Wallander. Sie schafft es nicht mehr. Sie ist hergekommen, um mir das anzukündigen.
    »Versprichst du es?«
    »Ja, ich verspreche es.«
    »Manchmal hat man das Gefühl, daß man sein Elend wenigstens mit
einem
Menschen teilen muß.«
    »Mir geht es genauso.«
    »Ich lasse mich scheiden«, sagte sie. »Wir haben eine Art von Einigung erzielt. Wenn man sich denn überhaupt über so etwas einig werden kann, wenn man kleine Kinder hat.«
    Für Wallander kam ihre Ankündigung nicht überraschend. Sie hatte schon kurz nach dem Sommer angedeutet, daß nicht alles war, wie es sein sollte.
    »Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll«, antwortete er.
    »Du brauchst nichts zu sagen. Ich will nicht, daß du etwas sagst. Es reicht, wenn du es weißt.«
    »Ich habe mich selbst scheiden lassen«, sagte er. »Oder besser, ich bin geschieden worden. Ich kann mir also vorstellen, durch was für eine Hölle du gehst.«
    »Trotzdem bist du gut davongekommen.«
    »Bin ich? Ich würde eher das Gegenteil behaupten.«
    »Dann verbirgst du es jedenfalls gut.«
    »Damit könntest du recht haben.«
    Der Regen prasselte an die Scheiben. Die Windböen waren jetzt stärker.
    »Noch eins«, sagte sie. »Larstam schreibt gerade ein Buch.«
    »Was für ein Buch?«
    »Über seine Morde. Wie er sich dabei gefühlt hat.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich habe es in einer Zeitung gelesen.«
    Wallander war empört. »Und wer bezahlt ihn dafür?«
    »Ein Verlag. Die Höhe der Summe ist natürlich geheim. Aber man kann wohl

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