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Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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folgte, denn er erhöhte die Geschwindigkeit. Als sie zu einem Teilstück kamen, wo die Straße zahlreiche Kurven machte, verlor Wallander Larstams Wagen aus den Augen. Er war darauf gefaßt, daß am Ausgang jeder Kurve Larstam am Straßenrand stehen und auf ihn warten konnte. Er war allein. Niemand wußte, wo er sich befand, von nirgendwo konnte er mit Hilfe rechnen.
    Larstams Wagen tauchte wieder vor ihm auf. Wallander sah, daß er bei der Abzweigung nach Fyledalen abbog. Gleichzeitig machte er die Lichter aus.
    Wallander bremste scharf. Langsam näherte er sich der Abzweigung. Der Vollmond schien dann und wann durch Löcher in der Wolkendecke. Aber die Augustnacht war dunkel. Wallander hielt am Straßenrand an. Schaltete die Scheinwerfer aus. Hastig verließ er den Wagen und ging ein paar Schritte zur Seite. Alles war still. Auch Larstam hatte angehalten. Man hörte kein Motorgeräusch. |576| Wallander glitt tiefer ins Dunkel neben der Straße. Er zog den Reißverschluß der dunkelbraunen Jacke hoch und stopfte den weißen Hemdkragen hinein. Dabei streifte er seine Wange, die wieder zu bluten begann. Er kletterte über einen Graben und gelangte auf eine Weide. Er trat auf etwas, was ein Scheppern von sich gab. Er fluchte leise und bewegte sich längs des Grabens, um von der Stelle fortzukommen. Nicht nur ich horche, dachte er. Er ging in die Hocke und versuchte, mit dem Blick die Dunkelheit zu durchdringen. Dann schaute er zu den Wolken auf. Der Mond war jetzt ganz verdeckt. Aber ein Riß in der Wolkendecke näherte sich. Bald würde das Mondlicht hindurchdringen.
    Er bewegte sich vorsichtig an dem Graben entlang, bis er neben sich ein paar Büsche bemerkte. Er kroch dahinter. Wenn er sich nicht verschätzt hatte, befand er sich jetzt unmittelbar gegenüber der Einfahrt nach Fyledalen. Als er einen Fuß bewegte, stieß er an einen Gegenstand. Er tastete mit der Hand danach. Es war ein Stück von einer Planke. Er hob es auf. Langsam verwandle ich mich in einen Steinzeitmenschen, dachte er. Die schwedische Polizei verteidigt sich mit Planken. Vielleicht ist dies das wahre Bild des Schwedens, das im Entstehen begriffen ist? Eine Rückkehr zu den urtümlichen Landschaftsgesetzen, die einst die Blutrache rechtfertigten.
    Der Mond trat in der Lücke zwischen den Wolken hervor. Wallander duckte sich hinter die Büsche; es duftete nach Erde und Lehm. Jetzt konnte er Larstams Wagen sehen. Er stand ein Stück weit auf der Nebenstraße nach Fyledalen. Darum herum war alles still. Wallander strengte sich an, mit dem Blick in die Schatten einzudringen, die dahinter lagen. Das Loch in der Wolkendecke zog sich wieder zusammen. Er versuchte zu denken. Larstam befand sich mit Sicherheit nicht mehr in seinem Wagen. Aber was hatte er vor? Er wußte, daß Wallander ihm gefolgt war. Und er mußte damit rechnen, daß Wallander bewaffnet war. Den Grund für die ausbleibende Unterstützung, die Polizeiwagen, die nicht kamen, hatte er bestimmt bereits durchschaut. Wallander hatte die notwendige Verbindung nicht herstellen können. Also waren sie allein hier draußen in Fyledalen.
    Zwei bewaffnete Männer. Der einzige Vorsprung, den Wallander |577| hatte, war der, daß Larstam nicht wissen konnte, daß Wallander außer dem Stück Planke, das er in der Hand hielt, keine Waffe hatte.
    Er versuchte zu denken. Was konnte er tun? Warten bis zur Morgendämmerung? Weitere Autos anhalten? Um dann das ganze Fyledal abzusperren, das die nordöstliche Grenze der Kommune Ystad bildete? Das würde nichts bringen. Wenn die Absperrungen endlich errichtet und Hundepatrouillen auf dem Weg waren, wäre Larstam längst über alle Berge. Wallander kannte die Fähigkeit des Mannes, Notausgänge zu graben, seine Fähigkeit zu entkommen.
    Wallander suchte nach Alternativen, die es nicht gab. Es war nichts zu hören außer dem Rauschen des Windes. Mehrmals durchfuhr ihn eiskalt die Angst, Larstam befände sich unmittelbar neben ihm. Mit erhobener Pistole. Der Pistole, aus der er in der Wohnung einen lautlosen Schuß auf Wallanders Stirn abgegeben hatte. Wallander hatte keinen Knall gehört. Nur den Schmerz gefühlt, als etwas seine Wange aufriß. Die Waffe hatte einen Schalldämpfer.
    Wallander ahnte, daß Larstam verwirrt war und reagiert hatte wie er selbst. Im Wagen konnte er nicht sitzen bleiben. Es fragte sich nur, ob er noch in der Nähe war oder schon weit weg auf dem Weg ins Fyledal.
    Er sieht im Dunkeln genauso schlecht wie ich, dachte Wallander. Er

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