Wallander 07 - Mittsommermord
setzte sich auf ihren Stuhl und wählte Ann-Britts Nummer. Eine verschlafene Männerstimme meldete sich.
»Ich muß mit Ann-Britt sprechen. Wallander hier.«
»Wer?«
»Kurt. Von der Polizei.«
Der Mann war immer noch nicht ganz wach. Aber jetzt klang er wütend. »Was zum Teufel ist los?«
»Ist dies nicht Ann-Britt Höglunds Nummer?«
|74| »Die einzige Alte hier im Haus heißt Alma Lundin!« schnauzte der Mann und legte auf. Wallander meinte, hören zu können, wie es knallte. Er hatte sich also verwählt. Er versuchte es noch einmal, Ziffer für Ziffer, und diesmal meldete sich Ann-Britt beim zweiten Klingeln. Genauso schnell wie Lisa Holgersson.
»Hier ist Kurt.«
Sie klang überhaupt nicht verschlafen. Vielleicht hatten ihre Probleme sie wach gehalten? Dann bekam sie jetzt noch eins dazu, fuhr es Wallander durch den Kopf.
»Was ist passiert?«
»Svedberg ist tot. Vermutlich ermordet.«
»Das ist nicht wahr.«
»Leider doch. Zu Hause in seiner Wohnung. Lilla Norregatan.«
»Ich weiß, wo es ist.«
»Kommst du?«
»Sofort.«
Wallander legte auf und blieb am Tisch sitzen. Einer der Polizeitechniker tauchte in der Küchentür auf. Wallander winkte ab. Er mußte nachdenken. Nicht lange. Aber er brauchte eine Minute für sich. Etwas an dem Ganzen war sonderbar. Etwas, was absolut nicht stimmte. Aber er konnte nicht sagen, was.
Der Techniker kam zurück. »Nyberg will mit dir sprechen.«
Wallander ging ins Wohnzimmer. Eine gequälte und von Entsetzen beherrschte Stimmung lag im Raum. Svedberg war ihr Kollege. Keine auffallende Erscheinung, aber beliebt. Und jetzt war er getötet worden.
Der Arzt kniete neben dem Körper. Blitzlicht zuckte auf. Nyberg machte Notizen. Er trat zu Wallander, der in der Tür stand.
»Hatte Svedberg irgendwelche Waffen?«
»Du meinst das Schrotgewehr?«
»Ja.«
»Ich weiß es nicht. Aber ich glaube nicht, daß er gejagt hat.«
»Es ist doch eigenartig, daß der Täter seine Waffe zurückgelassen haben sollte.«
Wallander nickte. Das war auch sein erster Gedanke gewesen. »Hast du etwas anderes bemerkt, was dir komisch vorkommt an der Sache?«
|75| Nyberg blinzelte. »Es kommt einem wohl alles komisch vor, wenn einem Kollegen der Kopf weggeschossen wird.«
»Du weißt, was ich meine.«
Wallander wartete nicht auf eine Antwort. Er drehte sich um und ging. Im Flur stieß er mit Martinsson zusammen, der gerade eintrat.
»Wie kommst du voran? Haben wir einen Zeitpunkt?«
»Keiner hat etwas gehört. Aber wenn es stimmt, was ich glaube, dann ist seit Montag ständig jemand im Haus gewesen. Rund um die Uhr. Entweder in diesem Stockwerk oder in dem darunter.«
»Und keiner hat etwas gehört? Das ist doch nicht möglich.«
»Hier drunter wohnt ein pensionierter Studienrat, der ein bißchen taub wirkt. Aber das Gehör der anderen läßt nichts zu wünschen übrig.«
Wallander verstand das nicht. Jemand mußte den Schuß gehört haben. Oder die Schüsse.
»Mach weiter mit ihnen«, sagte er. »Ich muß zum Krankenhaus. Erinnerst du dich an Svedbergs Cousine? Die Hebamme?«
Martinsson nickte.
»Sie ist vermutlich seine nächste lebende Verwandte.«
»Hatte er nicht eine Tante irgendwo in Västergötland?«
»Danach werde ich Ylva Brink fragen.«
Wallander lief die Treppe hinunter. Er brauchte Luft.
Vor der Haustür wartete ein Journalist. Wallander kannte ihn. Er arbeitete für
Ystads Allehanda
.
»Was ist denn los? Große Besetzung mitten in der Nacht? In einem Haus, in dem ein Kriminalbeamter namens Karl Evert Svedberg wohnt?«
»Ich kann nichts sagen«, gab Wallander zurück. »Um elf Uhr informieren wir die Presse im Präsidium.«
»Du kannst nicht, oder du willst nicht?«
»Ich kann tatsächlich nicht.«
Der Journalist, der Wickberg hieß, nickte. »Das heißt, jemand ist tot. Oder? Du kannst nichts sagen, weil du die Angehörigen unterrichten mußt. Hab’ ich recht?«
»Wenn es so wäre, hätte ich das Telefon nehmen können.«
|76| Wickberg lächelte. Nicht unfreundlich. Aber bestimmt. »Das tut man nicht. Man nimmt Kontakt mit einem Polizeigeistlichen auf. Wenn es einen gibt. Svedberg ist also tot?«
Wallander war zu müde, um ärgerlich zu werden. »Was du vermutest oder glaubst, spielt keine Rolle«, sagte er. »Um elf gibt es eine Presseerklärung. Vorher werde weder ich noch sonst jemand ein Wort sagen.«
»Und wohin willst du jetzt?«
»Ich muß an die frische Luft, um einen klaren Kopf zu bekommen.«
Dann ging er. Zunächst die Lilla
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