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Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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fassen«, sagte sie und packte ihn hart am Arm.
    »Einen Polizisten zu töten ist die schwerwiegendste Tat, die man begehen kann. Das ist eine Art Garantie dafür, daß wir den Täter fassen.«
    Sie gaben sich die Hand.
    »Ich rufe Sture an«, sagte sie. »Spätestens um sechs.«
    In der Tür fiel Wallander noch eine Frage ein. Eine der selbstverständlichsten, die es gab. »Wissen Sie, ob er größere Geldsummen zu Hause aufbewahrte?«
    Sie verstand nicht. »Woher sollte er die haben? Er klagte darüber, daß er so wenig verdiente.«
    »Das tun wir alle.«
    |82| »Wissen Sie, was eine Hebamme verdient?«
    »Nein.«
    »Es ist vielleicht besser, ich sage es nicht. Die Frage ist nicht, wer am besten, sondern wer am schlechtesten verdient.«
    Als Wallander aus dem Krankenhaus trat, holte er tief Luft. Die Vögel zwitscherten, es war noch nicht vier Uhr. Ein schwacher Wind wehte. Es war noch immer warm. Langsam ging er die Stora Norregata entlang.
    Eine Frage zeichnete sich als besonders wichtig ab.
    Warum hatte Svedberg sich überarbeitet gefühlt? Obwohl er gerade seinen Urlaub hinter sich hatte?
    Konnte das irgend etwas mit dem Mord zu tun haben? Wallander hielt auf dem schmalen Bürgersteig inne. In Gedanken kehrte er zu dem Augenblick zurück, als er in der Türöffnung des Wohnzimmers stand und die Verwüstung sah. Martinsson war hinter ihm gewesen. Wallander hatte einen toten Mann und ein Gewehr gesehen. Aber fast augenblicklich hatte er das Gefühl gehabt, daß er etwas übersah.
    Konnte er es jetzt sehen? Ich muß Geduld haben, dachte er. Außerdem bin ich müde. Die Nacht war lang. Und sie ist noch nicht zu Ende.
    Er ging weiter. Fragte sich, wann er zum Schlafen käme. Und zu seiner Diätliste. Wieder blieb er stehen. In seinem Kopf war plötzlich eine Frage aufgetaucht. Was geschieht, wenn ich ebenso plötzlich sterbe wie Svedberg? Wer wird mich vermissen? Was wird man sagen? Daß ich ein tüchtiger Polizist war? Der einen leeren Stuhl am Sitzungstisch hinterläßt? Aber wer wird mich eigentlich als Mensch vermissen? Vielleicht Ann-Britt Höglund. Vielleicht sogar Martinsson?
    Eine Taube flog dicht über seinen Kopf hinweg.
    Wir wissen nichts voneinander, dachte er. Die Frage ist, was ich selbst eigentlich von Svedberg gehalten habe. Wenn ich mich ehrlich frage. Fehlt er mir überhaupt? Kann man um einen Menschen trauern, den man kaum kannte?
    Auch diese Fragen würden ihn verfolgen.
     
    |83| Als Wallander in Svedbergs Wohnung zurückkehrte, war es, als trete er wieder in den hell ausgeleuchteten Alptraum ein. Fort war der Spätsommer, das Vogelgezwitscher. Hier drinnen herrschte nur der Tod. Lisa Holgersson war zum Präsidium gefahren. Wallander nahm Ann-Britt Höglund und Martinsson mit in die Küche. Er wollte gerade fragen, ob einer von ihnen Svedberg gesehen habe, konnte sich aber im letzten Moment bremsen. Sie setzten sich an den Küchentisch. Ihre Gesichter waren grau. Wallander fragte sich, wie er selbst aussah. »Kommt ihr voran?« fragte er.
    »Es wird wohl ein Einbruch sein«, sagte Ann-Britt.
    »Es kann eine ganze Menge anderes sein«, erwiderte Wallander. »Rache, ein Wahnsinniger, zwei Wahnsinnige, drei Wahnsinnige. Wir wissen es nicht. Und solange wir es nicht wissen, müssen wir von dem ausgehen, was wir sehen können.«
    »Und von noch etwas«, sagte Martinsson langsam.
    Wallander nickte. Er ahnte, was Martinsson sagen wollte.
    »Der Tatsache, daß Svedberg Polizist war.«
    »Habt ihr irgendwelche Spuren gefunden?« fragte Wallander. »Kommt Nyberg voran? Und was sagt der Arzt?«
    Sie hatten Notizen gemacht. Ann-Britt hatte ihre als erste aufgeblättert.
    »Aus beiden Läufen des Schrotgewehrs ist geschossen worden«, begann sie. »Sowohl Nyberg als auch der Arzt sind ziemlich sicher, daß die Schüsse kurz nacheinander abgegeben wurden, wie auch immer man das nun feststellen kann. Direkt auf Svedbergs Kopf.«
    Ihre Stimme bebte. Sie holte tief Luft und fuhr fort: »Ob Svedberg auf dem Stuhl saß, als er erschossen wurde, ist nicht zu entscheiden. Auch nicht die Entfernung, aus der die Schüsse abgefeuert wurden. Wenn man die Größe des Zimmers und die Stellung der Möbel berücksichtigt, können es höchstens vier Meter gewesen sein. Aber darunter kann es alles gewesen sein, bis in unmittelbare Nähe.«
    Martinsson sprang hastig auf und murmelte etwas Unverständliches. Dann verschwand er auf der Toilette. Sie warteten. Nach einigen Minuten kam er zurück. »Ich hätte vor zwei Jahren |84|

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