Wallander 07 - Mittsommermord
Schluß machen sollen«, sagte er. »Damals, als ich mich entschlossen hatte.«
»Jetzt werden wir hier mehr gebraucht denn je«, sagte Wallander mit einer gewissen Schärfe. Aber er verstand sehr wohl, was Martinsson meinte.
»Svedberg ist angezogen«, fuhr Ann-Britt fort. »Das heißt, er ist nicht aus dem Schlaf hochgeschreckt. Aber wir haben noch keinen Zeitpunkt.«
Wallander sah Martinsson an.
»Ich bin es immer wieder mit ihnen durchgegangen«, sagte dieser. »Aber keiner der Nachbarn hat etwas gehört.«
»Was ist mit dem Straßenverkehr?« fragte Wallander.
»Ich kann mir nur schwer vorstellen, daß der das Geräusch von zwei Schrotschüssen übertönt.«
»Also wissen wir nicht, wann es passiert ist. Wir wissen nur, daß Svedberg angekleidet war. Demnach können wir die allerspätesten Nachtstunden ausschließen. Ich persönlich hatte immer den Eindruck, daß Svedberg früh ins Bett ging.«
Martinsson stimmte zu. Ann-Britt hatte keine Meinung dazu.
»Wie ist der Täter hereingekommen? Wissen wir das?«
»Die Tür weist keine sichtbaren Spuren auf.«
»Andererseits war es nicht schwer, sie aufzubrechen«, meinte Wallander.
»Warum läßt er die Waffe zurück? Ist er in Panik geraten? Oder was?«
Sie wußten keine Antwort auf Martinssons Frage. Wallander betrachtete seine erschöpften und deprimierten Kollegen.
»Ich sage euch meine persönliche Ansicht«, sagte er. »Was sie wert ist, müssen wir abwarten. Aber im gleichen Moment, als ich hier in die Wohnung kam und bemerkte, was geschehen war, hatte ich das Gefühl, etwas übersehen zu haben. Was, weiß ich nicht. Es ist Mord, es deutet auf Einbruch. Aber wenn es kein Einbruch ist, was ist es dann? Rache? Oder kann man sich vorstellen, daß jemand nicht zum Stehlen hergekommen ist, sondern weil er etwas suchte?«
Er stand auf, nahm ein Glas vom Abwaschgestell und trank Wasser. »Ich habe mit Ylva Brink im Krankenhaus gesprochen«, |85| fuhr er fort. »Svedberg hatte nur wenig Familie. Genauer gesagt einen Cousin und eine Cousine, also Ylva. Sie scheinen regelmäßig Kontakt gehabt zu haben. Und sie sagte etwas, was mich hellhörig machte. Sie hat letzten Sonntag mit Svedberg telefoniert. Und da klagte er darüber, daß er überarbeitet sei. Wie kann das sein? Wo er doch gerade Urlaub hatte?«
Ann-Britt und Martinsson warteten auf eine Fortsetzung.
»Ich weiß nicht, ob es etwas bringt«, sagte Wallander. »Aber wir müssen herausfinden, was dahintersteckt.«
»Wer weiß denn, mit was für einer Ermittlung Svedberg befaßt war?« fragte Ann-Britt.
»Mit den verschwundenen Jugendlichen«, gab Martinsson zurück.
»Er muß noch an etwas anderem gearbeitet haben«, meinte Wallander. »Das kann er höchstens nebenher bearbeitet haben, weil es bisher gar keine formelle Ermittlung ist. Nur eine Sache, auf die wir ein Auge haben. Außerdem ging er, ein paar Tage nachdem die besorgten Eltern bei uns waren, schon in Urlaub.«
Keiner konnte Wallander Auskunft geben.
»Einer von euch muß nachsehen, woran er gearbeitet hat«, sagte Wallander.
»Glaubst du, er hatte ein Geheimnis?« fragte Martinsson vorsichtig.
»Hat das nicht jeder?«
»Also sollen wir danach suchen? Nach Svedbergs Geheimnis?«
»Wir wollen den finden, der ihn getötet hat. Sonst nichts.«
Sie verabredeten sich für acht Uhr im Präsidium. Martinsson kehrte in die gegenüberliegende Wohnung zurück, um die Gespräche mit den Nachbarn abzuschließen. Ann-Britt blieb sitzen. Wallander sah ihr müdes und verhärmtes Gesicht.
»Warst du wach, als ich angerufen habe?«
Er bereute seine Frage sofort. Ob sie geschlafen hatte oder nicht – es ging ihn nichts an. Aber sie nahm ihm die Frage nicht übel.
»Ja«, antwortete sie. »Ich war hellwach.«
»Weil du so schnell hergekommen bist, vermute ich, daß dein Mann zu Hause ist? Und auf die Kinder aufpaßt?«
|86| »Als das Telefon klingelte, haben wir uns gerade gestritten. Ein kleiner, dummer Streit. Wie man ihn führt, wenn man für die großen und wichtigen Auseinandersetzungen keine Kraft hat.«
Sie saßen schweigend da. Dann und wann hörten sie Nybergs Stimme.
»Ich verstehe das nicht«, sagte sie. »Wer konnte Svedberg etwas Böses wollen?«
»Wer kannte ihn am besten?« fragte Wallander.
Sie sah ihn erstaunt an. »Warst das nicht du?«
»Nein. Ich kannte ihn nicht besonders gut.«
»Aber er sah zu dir auf.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Du hast es nur nicht gemerkt. Aber ich. Die anderen
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