Wallander 08 - Die Brandmauer
verbrannt wurde? Oder daß Tynnes Falk die Finger abgeschlagen werden?«
»Die Vergewaltigung war brutal«, sagte Ann-Britt. »Man muß sich auf jeden Fall einen Mann vorstellen, der vor wenig zurückschreckt. Dieses Mädchen Englund lag lange im Krankenhaus. Sie hatte schwere Verletzungen. Am ganzen Körper.«
»Wir werden ihn uns natürlich genauer ansehen«, sagte Wallander. »Aber ich kann trotzdem kaum glauben, daß er mit dieser Sache zu tun hat. Hinter dem, was hier passiert ist, verbirgt sich etwas anderes. Ohne daß wir sagen können, was es ist.«
Damit war der Übergang geschaffen, um über Robert Modin und Falks Computer zu sprechen. Weder Hansson noch Ann-Britt schienen darauf zu reagieren, daß sie die Hilfe einer Person in Anspruch genommen hatten, die wegen hochqualifizierten Datenvergehens vorbestraft war.
»Ich verstehe das nicht richtig«, sagte Hansson, nachdem Wallander verstummt war. »Was glaubst du eigentlich in dem Computer zu finden? Ein Geständnis? Einen Bericht über das, was geschehen ist? Und warum?«
»Ich weiß nicht, ob in dem Computer überhaupt etwas verborgen ist«, sagte Wallander einfach. »Aber wir müssen herausfinden, womit sich Falk eigentlich beschäftigt hat. Genauso, wie wir klären müssen, wer er war. Und vor allem müssen wir uns, glaube ich, in seine Vergangenheit vertiefen. Ich habe den Eindruck, daß er ein ausgesprochen sonderbarer Mann war.«
Hansson schien weiterhin daran zu zweifeln, daß die Beschäftigung mit Falks Rechner sich lohnte. Aber er sagte nichts. Wallander sah ein, daß er die Besprechung jetzt so schnell wie möglich beenden mußte. Alle waren müde. Sie brauchten Ruhe.
»Wir müssen so weitermachen wie bisher«, fuhr er fort. »Wir müssen noch mehr über Sonja Hökberg wissen. Wer war sie eigentlich? Sie hat im Ausland gearbeitet, sie hat mit allem möglichen zu tun gehabt. Wir wissen zuwenig.«
Hier unterbrach er sich und wandte sich an Ann-Britt. »Was war mit ihrer Handtasche?«
»Das habe ich vergessen zu erwähnen«, erwiderte sie in entschuldigendem |285| Ton. »Ihre Mutter glaubt, daß vielleicht ein Telefonverzeichnis fehlt.«
»Vielleicht?«
»Ich nehme ihr das wirklich ab. Sonja Hökberg hat offensichtlich niemanden an sich herangelassen außer Eva Persson. Wenn überhaupt. Die Mutter glaubt, Sonja habe ein kleines schwarzes Notizbuch gehabt, in dem sie Telefonnummern notierte. Aber, wie gesagt, sie war sich nicht sicher.«
»Wenn das stimmt, ist es eine wichtige Auskunft. Eva Persson müßte es wissen.«
Wallander überlegte, bevor er fortfuhr. »Ich denke, wir sollten ein bißchen umdisponieren. Ich möchte, daß von jetzt an Ann-Britt sich ausschließlich mit Sonja Hökberg und Eva Persson befaßt. Es muß in Sonjas Hintergrund einen Freund geben. Jemanden, der sie aus der Stadt gefahren hat. Ich möchte auch, daß du in ihrem Umfeld und in ihrer Vergangenheit suchst. Was für eine Person war sie eigentlich? Martinsson hält Robert Modin weiter bei Laune. Lundbergs Sohn kann ein anderer übernehmen. Beispielsweise ich selbst. Und ich werde versuchen, ein genaueres Bild von Falk zu zeichnen. Hansson muß sich bemühen, alles zusammenzuhalten. Viktorsson informieren zum Beispiel, die Nachhut bilden, Zeugen aufspüren und Erklärungen dafür finden, wie eine Leiche aus der Pathologie in Lund verschwinden kann. Außerdem muß jemand nach Växjö fahren und mit Eva Perssons Vater reden. Nur, damit es getan ist.«
Er blickte in die Runde, bevor er die Sitzung beendete.
»Dies wird seine Zeit dauern. Aber früher oder später müssen wir auf etwas stoßen, was auf das Vorhandensein eines gemeinsamen Nenners hindeutet.«
»Vergessen wir nicht etwas?« sagte Martinsson. »Daß jemand auf dich geschossen hat?«
»Nein, das haben wir nicht vergessen«, sagte Wallander. »Und der Schuß zeigt den Ernst in der ganzen Angelegenheit. Daß es einen Hintergrund gibt, der bedeutend komplizierter sein dürfte, als wir es uns vorstellen.«
Sie brachen auf. Wallander verspürte das Bedürfnis, das Polizeipräsidium so schnell wie möglich zu verlassen. Es war halb acht |286| geworden. Obwohl er während des Tages sehr wenig gegessen hatte, hatte er keinen Hunger. Er fuhr nach Hause in die Mariagata. Der Wind war eingeschlafen. Die Temperatur war unverändert. Er blickte um sich, bevor er die Haustür aufschloß und hineinging.
Die folgende Stunde verbrachte er damit, seine Wohnung notdürftig zu putzen und seine schmutzige Wäsche
Weitere Kostenlose Bücher