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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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hätte sie keine Lust, sich zu unterhalten. Wallander beschloss, sie in Ruhe zu lassen. In Höör würde sie aussteigen, und sie würden sichnie wiedersehen. Er spielte in Gedanken mit verschiedenen Namen und entschied sich dafür, sie in der Erinnerung Carola zu nennen, eine, die aus dem Nirgendwo gekommen war und die er ein letztes Mal im Rückspiegel sehen würde.
    Er fragte, wo er sie absetzen solle.
    »Ich habe Hunger«, sagte sie. »Irgendwo in der Nähe eines Cafés.«
    Er schwenkte vor einer Raststätte ein. Sie lächelte ein wenig scheu, bedankte sich und verschwand. Wallander legte den Gang ein, setzte zurück und wusste auf einmal nicht mehr, wohin er unterwegs war. In seinem Kopf war völlige Leere. Er war in Höör, er hatte eine Anhalterin abgesetzt. Aber warum war er hier? Panik stieg in ihm auf. Er versuchte, sich zu beruhigen, schloss die Augen und wartete darauf, dass alles wieder normal wurde.
    Es dauerte über eine Minute, bis ihm wieder einfiel, wohin er wollte. Woher kam diese Leere, die ihn plötzlich überfiel? Was war es, das in seinem Kopf den Strom abschaltete? Warum konnten die Ärzte ihm nicht sagen, was mit ihm los war?
    Er setzte die Fahrt fort. Obwohl es fünf oder sechs Jahre her war, seit er den Mann, der das Ziel seiner Reise war, zuletzt besucht hatte, kannte er den Weg noch. Eine kleine Straße schlängelte sich durch ein Waldgelände, vorbei an ein paar Koppeln, auf denen Islandpferde weideten, und verschwand dann in einer Senke. Dort lag das rote Backsteinhaus, genauso verfallen, wie er es von seinem letzten Besuch her in Erinnerung hatte. Das Einzige, was auf eine Veränderung hinwies, war ein nagelneuer Briefkasten vor dem offenen Tor, wo es auch einen Wendeplatz für Post- und Müllautos gab. Mit großen roten Druckbuchstaben war der Name »Eber« auf den Briefkasten geschrieben. Wallander schaltete den Motor ab und blieb hinterm Lenkrad sitzen. Er erinnerte sich an das erste Mal, als er Herman Eber begegnet war. Es war über zwanzig Jahre her, 1985 oder 1986, einePolizeiangelegenheit. Eber war illegal von Ostdeutschland nach Schweden eingereist. Er hatte politisches Asyl beantragt, das ihm auch nach einiger Zeit gewährt wurde. Als Eber eines Tages im Polizeipräsidium in Ystad erschienen war und sich als Asylsuchender bezeichnet hatte, war es Wallander gewesen, der eine erste Vernehmung mit ihm durchgeführt hatte. Er erinnerte sich an ihr Gespräch in holprigem Englisch und an sein Misstrauen, als Herman Eber erzählte, er gehöre der Stasi an und fürchte um sein Leben, falls seinem Asylantrag nicht stattgegeben würde. Die Sache war von Wallanders Tisch verschwunden. Erst später, nachdem Eber eine Aufenthaltsgenehmigung in Schweden erhalten hatte, nahm er selbst Kontakt zu Wallander auf. Er hatte in verblüffend kurzer Zeit fließend Schwedisch gelernt und besuchte Wallander nun in seinem Büro, um sich zu bedanken. Wofür bedanken, hatte Wallander gefragt. Eber hatte ihm daraufhin erzählt, wie erstaunt er gewesen sei, dass ein Polizeibeamter sich gegenüber einem Mann aus Feindesland so freundlich verhielt wie Wallander. Ihm war inzwischen klargeworden, dass die böswillige Propaganda, die Ostdeutschland über andere Länder verbreitete, in diesem Land hier kaum eine Entsprechung hatte. Jemandem musste er danken, hatte er gesagt. Und seine Wahl war symbolisch auf Wallander gefallen. Dann hatten sie sich einander vorsichtig angenähert, weil Herman Ebers große Passion die italienische Oper war. Als die Berliner Mauer fiel, hatte Eber mit Tränen in den Augen bei Wallander in der Mariagata gesessen und das historische Geschehen am Fernseher mitverfolgt. In langen Gesprächen hatte er Wallander erzählt, dass er zunächst ein leidenschaftlicher Anhänger des politischen Systems gewesen, aber nach und nach von immer größerem und tieferem Misstrauen erfasst worden war. Ja, er hatte sich schließlich selbst verabscheut. Er war einer der vielen gewesen, die andere Bürger belauscht, verfolgt und gequält hatten. Er selbstwar privilegiert gewesen und hatte bei einem Bankett sogar Erich Honecker die Hand schütteln dürfen. Damals war er stolz gewesen. Dem großen Führer die Hand geschüttelt. Später hätte er es am liebsten ungeschehen gemacht. Am Ende waren seine Zweifel daran, was er da eigentlich tat, und das wachsende Gefühl, die DDR sei ein todgeweihtes politisches Projekt, so stark geworden, dass er sich zur Flucht entschlossen hatte. Er war nach Schweden

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