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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Ostberlin. Dann war auf einmal Schluss. Hans glaubt, dass es eine bestimmte Erklärung dafür gibt.«
    »Und welche?«
    »Håkan machte ihr ganz einfach klar, dass die Reisen nach Ostdeutschland aufhören mussten. Es war seiner militärischen Karriere nicht förderlich, dass seine Frau Reisen in ein Land unternahm, das als Feindesland galt. Ostdeutschland zählte wohl beim schwedischen Militär und bei den Politikern zu den abscheulichsten Vasallen Russlands.«
    »Aber was du da sagst, weißt du nicht mit Sicherheit?«
    »Louise hat sich ihrem Mann immer untergeordnet. Ich glaube ganz einfach, dass die Situation damals, Anfang der sechziger Jahre, unhaltbar wurde. Håkan hatte eine hohe Position bei der Marine in Aussicht.«
    »Weißt du, wie Louise reagierte?«
    »Nein. Das weiß ich nicht.«
    Klara piekte sich an etwas, was auf der Erde lag, und fing an zu schreien. Wallander, der mit gellendem Kindergeschrei schwer zurechtkam, ging zu Jussi und streichelte ihn. Er blieb am Zwinger stehen, bis Klara aufhörte.
    »Was hast du gemacht, wenn ich geschrien habe?«, fragte Linda.
    »Ich hatte damals nicht so empfindliche Ohren.«
    Klara untersuchte jetzt ein Gänseblümchen, das zwischen ein paar Steinen wuchs.
    »Ich habe natürlich in dieser ganzen Zeit nachgedacht«, sagte Linda. »Seit sie verschwunden sind. Ich habe versucht, mich zu erinnern, an Gesprächsdetails und an die Art, wie sie miteinander und mit anderen umgegangen sind. Ich habe versucht, alles aus Hans herauszuholen, was er weiß, alles, was für ihn selbstverständlich war und was auch ich hätte wissen sollen. Erst vor ein paar Tagen hatte ich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte, dass er mir nicht die ganze Wahrheit gesagt hat.«
    »Worüber?«
    »Über das Geld.«
    »Welches Geld?«
    »Die Tatsache, dass sie vermutlich wesentlich mehr hinterlassenhaben, als ich wusste. Håkan und Louise haben gut gelebt. Es gab nie auffälligen Luxus, keine Extravaganzen. Aber sie hätten auf wesentlich größerem Fuß leben können, wenn sie gewollt hätten.«
    »Um welche Summen geht es?«
    »Lass mich ausreden«, sagte sie brüsk. »Ich komme schon dazu, aber ich erzähle in meinem eigenen Takt. Es ist natürlich ein Problem, dass Hans mir nicht alles gesagt hat. Das ärgert mich, und ich weiß, dass ich früher oder später mit ihm darüber reden muss.«
    »Willst du damit sagen, dass das Geld inzwischen eine entscheidende Rolle spielt?«
    »Nein, aber ich mag es nicht, wenn Hans undeutlich ist. Darüber müssen wir im Moment nicht reden.«
    Wallander hob die Hände zu einer abbittenden Geste und fragte nicht weiter. Linda sah plötzlich, dass Klara dabei war, das Gänseblümchen zu essen, und wischte ihr den Mund sauber, was den nächsten Schreianfall zur Folge hatte. Wallander beherrschte sich und blieb sitzen. Jussi trottete hinter seinem Gitter auf und ab und betrachtete die Szene. Meine Familie, dachte Wallander. Alle sind da, außer meiner Schwester Kristina und meiner früheren Frau, die sich zu Tode säuft.
    Der Aufstand war bald vorüber, Klara krabbelte weiter auf der Suche nach neuen Entdeckungen, Linda schaukelte mit ihrem Stuhl.
    »Ich kann nicht garantieren, dass er hält«, sagte Wallander.
    »Großvaters alte Möbel«, sagte sie. »Geht der Stuhl kaputt, werde ich’s überleben. Ich falle nur in dein schlecht gepflegtes Beet.«
    Wallander erwiderte nichts. Es ärgerte ihn, dass sie ständig alles, was er tat, beäugte und ihm sofort jeden Makel, den sie entdecken konnte, vorhielt.
    »Als ich heute Morgen wach wurde, ging mir eine Fragenicht aus dem Kopf«, sagte sie. »Die kann nicht warten, so wichtig dies alles mit Håkan und Louise auch sein mag. Ich begreife nicht, wieso ich es all die Jahre vermieden habe, sie dir oder Mama zu stellen. Vielleicht habe ich die Antwort gefürchtet. Niemand möchte ja aus Zufall gezeugt worden sein.«
    Wallander war sofort auf der Hut. Sie benutzte äußerst selten das Wort Mama, wenn sie von Mona sprach. Er konnte sich auch nicht erinnern, wann sie zuletzt Papa zu ihm gesagt hatte, außer wenn sie wütend oder ironisch war.
    »Du brauchst nicht zu erschrecken«, fuhr sie fort. »Ich merke dir an, dass du schon unruhig bist. Ich will nur wissen, wie ihr euch getroffen habt. Die erste Begegnung meiner Eltern. Darüber weiß ich praktisch nichts.«
    »Mein Gedächtnis ist schlecht«, antwortete Wallander. »Aber auch nicht so schlecht. Wir sind uns 1968 auf einer Fähre zwischen Kopenhagen und Malmö begegnet.

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