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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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mehr der Magen, der ihm zu schaffen machte, sondern es waren Louise und ihr Mann. Etwas war im Begriff, sich zu verändern, dachte er. Bisher war er davon ausgegangen, dass Håkan von Enke die Hauptperson war. Aber wenn es Louise war? Dort werde ich anfangen, dachte er. Ich werde alles noch einmal durchgehen, ich werde den Blickwinkel ändern, meine eigene Sehweise. Zuvor musste er jedoch ein paar Stunden schlafen, um klar denken zu können. Er zog sich aus und kroch ins Bett. Eine Spinne lief an einem Balken an der Decke. Wenig später schlief er.
     
    Als Linda gegen acht Uhr beim Briefkasten ihr Auto abstellte, hatte er schon ein leichtes Frühstück zu sich genommen. Sie hatte Klara bei sich und rief Wallander zu, ihr nur ja nicht nahe zu kommen, um sie nicht anzustecken. Er sollte mindestens zwei Meter Abstand halten. Es ärgerte Wallander, dass sie so früh kam. Wenn er schon einmal frei hatte, wollte er am Morgen seine Ruhe haben.
    Sie setzten sich nach draußen.
    »Geht es dir besser?«
    »Viel besser.«
    »Was habe ich gesagt?«
    »Ja. Was hast du gesagt? Dass ich zu wenig Gemüse esse! Woher weißt du eigentlich, was ich esse und was nicht?«
    Linda seufzte und sparte sich die Antwort.
    Wallander bemerkte, dass sie blaue Strähnen im Haar hatte. »Warum blaue Strähnen?«
    »Ich finde, es sieht gut aus.«
    »Was sagt denn Hans dazu?«
    »Er findet es auch schön.«
    »Wenn du gestattest, bezweifle ich das. Warum kann er sich nicht um das Kind kümmern, wenn du solche Angst hast, dass ich sie mit der Kotzerei anstecke?«
    »Er musste heute unbedingt arbeiten.«
    Sie sah plötzlich bedrückt aus, ein Schatten huschte über ihr Gesicht.
    »Warum macht er sich Sorgen?«
    »Es sind Bewegungen im globalen Finanzsektor im Gange, auf die er sich nicht versteht.«
    »Ich meinerseits verstehe nicht mal, was du sagst. ›Bewegungen im globalen Finanzsektor‹? Ich dachte, er handelt mit Aktien.«
    »Das tut er auch. Aber auch mit anderen Sachen. Derivaten, Optionen, Hedgefonds.«
    Wallander hob abwehrend die Hände. »Lass gut sein, ich begreife es sowieso nicht.«
    Wallander holte ein Glas Wasser. Klara krabbelte glücklich auf dem Hof herum. »Wie geht es mit Mona?«
    »Sie macht sich rar. Geht nicht ans Telefon, und wenn ich an der Tür klingle und weiß, sie ist zu Hause, macht sie nicht auf.«
    »Sie trinkt also weiter?«
    »Ich weiß nicht. Im Moment habe ich das Gefühl, dass ich mir nicht noch die Verantwortung für ein weiteres Kind aufhalsen kann. Dies hier reicht mir vollkommen.«
    Ein Flugzeug dröhnte in geringer Höhe auf dem Landeanflug nach Sturup über sie hinweg. Als der Lärm nachgelassen hatte, erzählte Wallander von seinem Besuch bei Herman Eber. Er gab ihr Gespräch und die Gedanken, die er sich dazu gemacht hatte, bis in alle Einzelheiten wieder. Währendes ihm immer sicherer erschien, dass Louise ermordet worden war, hatte er den Eindruck, dass der zweite Teil des Rätsels immer unergründlicher wurde. Warum sollte jemand die Absicht gehabt haben, sie umzubringen? Auf welche Art und Weise konnte diese friedliche Frau mit einem Land wie der DDR in Verbindung gestanden haben, einem Land, das tot und begraben war? Wenn denn überhaupt eine Verbindung bestanden hatte.
    Wallander verstummte. Klara krabbelte zu Lindas Füßen.
    Sie schüttelte langsam den Kopf. »Ich zweifle nicht an dem, was du erzählst. Aber was hat es zu bedeuten?«
    »Das weiß ich nicht. Gerade im Moment bewegt mich nur eine einzige Frage. Wer war Louise von Enke? Was weiß ich nicht über sie?«
    »Was weiß man überhaupt von einem Menschen? Hältst du mir das nicht ständig vor? Mich nicht zu wundern? Es besteht außerdem eine Verbindung zur ehemaligen DDR«, sagte Linda nachdenklich. »Habe ich davon nichts erwähnt?«
    »Nur, dass sie sich für klassische deutsche Kultur interessierte und Deutsch unterrichtete.«
    »Das, woran ich denke, liegt weit zurück«, fuhr Linda fort. »Fast fünfzig Jahre. Vor Hans, vor Signe. Eigentlich müsstest du mit Hans darüber reden.«
    »Fangen wir mit dem an, was du weißt.«
    »Das ist nicht viel. Aber Louise war Anfang der sechziger Jahre zusammen mit einigen vielversprechenden schwedischen Wasserspringerinnen in Ostdeutschland. Es war eine Art von sportlichem Austausch. Louise trainierte diese Mädchen. Sie war in ihrer Jugend wohl selbst eine gute Springerin. Aber darüber weiß ich nicht besonders viel. Ich glaube, sie war ein paar Mal innerhalb weniger Jahre in Leipzig und in

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