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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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und vielleicht eine Struktur zu erkennen, hatte Rydberg ein Kartenspiel geholt und mit den Karten die Bewegungen des Räubers markiert. Der unbekannte Täter war der Pik Bube gewesen. Wallander hatte damals eine Methode gelernt, wie man sich einen Überblick über die Vorgehensweise eines Täters verschaffen konnte, und vielleicht sogar darüber, wie er dachte. Als er selbst später die Rydberg’sche Methode ausprobierte, hatte er Legosteine statt Spielkarten benutzt. Aber das hatte er Rydberg nie verraten.
    Er markierte Håkan und Louise, verschiedene Daten, Schauplätze, Ereignisse. Ein Feuerwehrmann mit rotem Helm musste Håkan darstellen, ein kleines Mädchen, das Linda Aschenputtel genannt hatte, wurde Louise. Eine Gruppe marschierender Lego-Soldaten legte er beiseite. Es waren die unbeantworteten Fragen, die er im Moment als die wichtigsten betrachtete. Wer war der Mann, der sich als Signes Onkel ausgegeben hatte? Warum war Signes Vater aus dem Schatten zurückgekehrt? Wo war er gewesen, und warum hatte er sich verborgen gehalten?
    Ihm fiel wieder ein, dass er im Niklasgård anrufen musste. Am Telefon erfuhr er, dass niemand Signe besucht hatte. Weder ihr Vater noch ein unbekannter Onkel.
    Er blieb mit einem Legostein in der Hand sitzen. Jemand sagt nicht die Wahrheit, dachte er. Unter all denen, mit denen ich über Håkan und Louise von Enke gesprochen habe, gibt es jemanden, der nicht sagt, was wirklich los ist. Der lügt oder die Wahrheit verdreht, indem er nicht alles sagt oder etwas Falsches behauptet. Wer? Und noch einmal, warum?
     
    Das Telefon klingelte. Er stand auf und nahm es mit in den Garten.
    Es war Linda. Sie kam direkt zur Sache. »Ich habe mit Hans gesprochen. Ich glaube, ich habe ihn zu sehr bedrängt. Er wurde wütend und verließ das Haus. Wenn er zurückkommt, werde ich ihn um Entschuldigung bitten.«
    »Das hat Mona nie getan.«
    »Was? Das Haus verlassen oder um Entschuldigung gebeten?«
    »Sie ging oft einfach weg. Das war das letzte ihrer Argumente für alles und jedes. Eine knallende Tür. Wenn sie zurückkam, hat sie sich nie entschuldigt.«
    Linda lachte auf. Nervös, dachte Wallander. Sie haben sich bestimmt heftiger gestritten, als sie zugeben will.
    »Mona zufolge war es umgekehrt«, sagte Linda. »Du hast mit den Türen geknallt und dich nie entschuldigt.«
    »Ich dachte, wir wären uns darüber einig, dass Mona oft die Unwahrheit sagt.«
    »Das tust du auch. Meine Eltern sind beide keine ganz und gar ehrlichen Menschen.«
    Wallander wurde ärgerlich. »Bist du das? Ganz und gar ehrlich?«
    »Nein. Das habe ich auch nie behauptet.«
    »Dann komm jetzt zur Sache.«
    »Störe ich dich irgendwie?«
    Wallander beschloss sofort, nicht ohne eine gewisse Freude, die Unwahrheit zu sagen. »Ich mache Essen.«
    Sie durchschaute ihn sofort. »Draußen? Ich höre doch Vögel.«
    »Ich grille.«
    »Ich denke, du hasst Grillen?«
    »Du weißt nicht viel darüber, was ich hasse und was nicht. Was wolltest du sagen?«
    »Ich habe mit Hans gesprochen. Er hatte keinen Kontakt mit seinem Vater. Es hat auch keine Kontobewegungen aufden Konten der Familie gegeben, abgesehen von den Abhebungen, die Louise getätigt hat, bevor auch sie verschwand. Hans erledigt jetzt alle Post. Es ist auch sonst kein Geld abgehoben worden.«
    Wallander spürte plötzlich, dass die Frage wichtiger war, als er zunächst gedacht hatte. »Wovon hat Håkan in der ganzen Zeit, in der er weg war, gelebt? Er taucht in Kopenhagen auf. Offensichtlich geht es nicht um Geld, weil er keinen Kontakt zu seinem Sohn aufnimmt und auch kein Geld an einem Automaten abhebt. Das kann heißen, dass jemand ihm hilft. Oder können sie Konten gehabt haben, von denen Hans nichts weiß?«
    »Das ist natürlich möglich. Aber Hans hat viele Bankkontakte und hat das geprüft. Er hat nichts gefunden. Auch wenn es natürlich viele Methoden gibt, Geld zu verstecken.«
    Wallander schwieg. Er hatte keine Fragen mehr. Aber er dachte jetzt ernsthaft darüber nach, ob der fehlende Geldbedarf ein Anhaltspunkt sein konnte. Klara begann zu schreien.
    »Ich muss jetzt Schluss machen«, sagte Linda.
    »Ich höre es. Wir können also alle Gedanken an heimliche Kontakte zwischen Hans und seinem Vater abschreiben?«
    »Ja.«
    Das Gespräch war beendet. Wallander legte das Telefon zur Seite und zog in die Hollywoodschaukel um. Er schaukelte leicht, einen Fuß auf dem Boden. Vor seinem inneren Auge sah er, wie Håkan von Enke sich über Strøget bewegte. Er ging

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