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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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versenken, statt es an die Oberfläche zu zwingen.«
    Sten Nordlander hatte jetzt die Kuchenreste zu einem unappetitlichen Brei auf dem Teller zermanscht. Er legte die Gabel hin und warf eine Papierserviette darauf. »Am letzten Abend rief er mich dreimal an. Spät in der Nacht, oder eher im Morgengrauen, rief er ein letztes Mal an.«
    »Sie waren immer noch auf dem Zerstörer?«
    »Wir lagen eine knappe Seemeile südöstlich von Hårsfjärden. Es wehte ein frischer, aber nicht besonders starker Wind. An Bord herrschte volle Alarmbereitschaft. Die Offiziere waren natürlich informiert, worum es ging, aber die übrige Besatzung wusste nur, dass Bereitschaft war, nicht warum.«
    »War es wirklich vorgesehen, dass Sie bei der U-Boot-Jagd eingesetzt werden sollten?«
    »Wir konnten ja nicht wissen, was die Russen sich einfallen lassen würden, wenn wir eins ihrer U-Boote hochholten. Vielleicht würden sie versuchen, es zu befreien. Es lagen russische Kriegsschiffe nördlich von Gotland, und sie bewegten sich langsam in unsere Richtung. Einer unserer Funker sagte, er habe noch nie so viel russischen Funkverkehr erlebt, nicht einmal bei den allergrößten Manövern unten an der baltischen Küste. Die machten sich Sorgen, das war uns klar.«
    Er verstummte, als Marie hereinkam und fragte, ob sie Kaffee nachschenken solle. Beide sagten nein.
    »Nehmen wir das Wesentlichste«, sagte Wallander. »Wie reagierten Sie darauf, dass dem gestellten U-Boot erlaubt wurde, zu entkommen?«
    »Ich traute natürlich meinen Ohren nicht.«
    »Wie erfuhren Sie davon?«
    »Nyman erhielt plötzlich Order, dass wir uns nach Landsort zurückziehen und dort warten sollten. Es wurde keine Erklärung gegeben, und Nyman war keiner, der unnötige Fragen stellte. Ich befand mich im Maschinenraum, als der Bescheid kam, dass ein Telefongespräch auf mich wartete. Ich lief hinauf in meine Kajüte. Es war Håkan. Er fragte, ob ich allein sei.«
    »Tat er das öfter?«
    »Nur an diesem Tag, sonst nicht. Ich sagte, ich sei allein. Er bestand darauf, dass es wichtig sei. Ich weiß noch, dass ich fast wütend wurde. Plötzlich wurde mir klar, dass er die Operationsführung verlassen hatte und von einem Münztelefon aus anrief.«
    »Wie konnten Sie das wissen? Hat er es gesagt?«
    »Ich hörte, dass er Münzen einwarf. Es gab ein öffentliches Telefon in der Offiziersmesse. Weil er der Führungszentrale nicht lange fernbleiben konnte, kaum länger als ein Besuch auf der Toilette dauert, musste er gelaufen sein.«
    »Hat er das gesagt?«
    Sten Nordlander sah ihn forschend an. »Sind Sie der Polizist hier oder ich? Ich hörte, dass er außer Atem war!«
    Wallander ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. Er nickte Nordlander nur zu, weiterzusprechen.
    »Er war aufgebracht, einerseits wütend und anderseits hatte er Angst, so kann man es wohl sagen. Es war, als brenne die Lunte an beiden Seiten. Er schrie, dass es Verrat sei und dass er beabsichtige, den Befehl zu verweigern und dieses U-Boot heraufzubomben, egal, was sie sagten. Dann warendie Münzen alle. Es war wie ein Tonband, das abgeschnitten wurde.«
    Wallander starrte ihn an und wartete auf eine Fortsetzung, die jedoch nicht kam. »Verrat? Das ist ein starkes Wort.«
    »Aber genau das war es! Landesverrat. Man ließ ein U-Boot entkommen, das unsere Grenzen verletzt hatte.«
    »Wer war dafür verantwortlich?«
    »Einer oder mehrere in der obersten Führung, die sehr kalte Füße bekommen hatten. Sie wollten kein russisches U-Boot an die Oberfläche holen.«
    Ein Mann mit einer Kaffeetasse in der Hand betrat den Raum. Aber Sten Nordlander blickte ihn mit so entschlossenen Augen an, dass er sogleich den Rückzug antrat und sich einen Tisch in einem anderen Raum suchte.
    »Wer die Verantwortung hatte, das weiß ich nicht. Die Frage nach dem ›Warum‹ ist möglicherweise leichter zu beantworten. Aber das sind natürlich Spekulationen. Was man nicht weiß, das weiß man nicht.«
    »Manchmal ist es nötig, laut zu denken. Selbst für Polizisten.«
    »Nehmen wir an, es war etwas an Bord dieses U-Boots, das schwedische Behörden nicht in die Hand bekommen sollten.«
    »Was könnte das gewesen sein?«
    Sten Nordlander senkte die Stimme, gerade so viel, dass Wallander es merken sollte. »Man kann diese Annahme dahin gehend vertiefen, dass es nicht ›etwas‹ war, sondern ›jemand‹. Wie hätte es ausgesehen, wenn dort ein schwedischer Offizier an Bord gewesen wäre? Nur als Beispiel.«
    »Wie kommen Sie

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