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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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hatte plötzlich das wunderliche Gefühl, Håkan von Enke habe neben Atkins gestanden, als er mit Wallander sprach. Er verwarf jedoch den Gedanken, als wäre er unanständig.
    Wallander war des Falls plötzlich überdrüssig. Gut, er mochte sich Sorgen machen wie die anderen. Aber es war nicht seine Aufgabe, den Verschwundenen zu suchen oder über alle möglichen Begleitumstände Spekulationen anzustellen. Er tat nichts anderes, als seine Untätigkeit mit Spuk und Gespenstern zu kompensieren, dachte er. Vielleicht war es eine erste Übung für das Elend, das ihn erwartete, wenn die unumgängliche Pensionierung auch ihn einholte.
    Er machte Essen, putzte lustlos und versuchte, ein Buch zu lesen, das Linda ihm geschenkt hatte, ein Buch über die Geschichte des schwedischen Polizeiwesens. Er war mit dem Buch auf der Brust eingeschlafen, als das Telefon klingelte.
    Es war Ytterberg. »Ich hoffe, ich störe dich nicht«, begann er.
    »Überhaupt nicht. Ich habe gelesen.«
    »Wir haben einen Fund gemacht«, fuhr Ytterberg fort. »Ich möchte, dass du davon erfährst.«
    »Einen Toten?«
    »Eine Brandleiche. Wir haben sie vor einigen Stunden in einer abgebrannten Baubude in Lidingö gefunden. Nicht allzu weit vom Lilljansskog. Vom Alter her kann es stimmen. Eigentlich spricht sonst nichts dafür, dass er es ist. Wir sagen seiner Frau zunächst nichts, und auch sonst niemandem.«
    »Und die Zeitungen?«
    »Die erfahren nichts davon.«
    In dieser Nacht schlief Wallander wieder schlecht. Viele Male stand er auf, griff zu dem Buch über die Geschichte derPolizei, ließ es aber gleich wieder sinken. Jussi lag vor dem offenen Kamin und folgte ihm mit dem Blick. Manchmal ließ Wallander ihn im Zimmer schlafen.
    Kurz nach sechs Uhr am Morgen rief Ytterberg an. Es war nicht Håkan von Enkes verbrannter Körper, den sie gefunden hatten. Ein Ring an einem der verkohlten Finger hatte zur Identifizierung geführt. Wallander war erleichtert. Er schlief noch einmal ein und erwachte erst um neun Uhr.
    Während er frühstückte, rief Lennart Mattson an. »Es ist so weit«, sagte er. »Die Disziplinarkammer hat beschlossen, dir wegen der vergessenen Waffe fünf Tage Lohnabzug zu geben.«
    »Ist das alles?«
    »Reicht das nicht?«
    »Mehr als genug. Dann komme ich wieder zum Dienst. Jetzt am Montag.«
    Früh am Montagmorgen saß Wallander wieder auf seinem Platz hinter dem Schreibtisch.
    Aber von Håkan von Enke fehlte weiterhin jede Spur.

 
9
     
    Der verschwundene Mann blieb verschwunden. Wallander war wieder im Dienst, und die frohen Mienen der Kollegen verrieten Erleichterung darüber, dass seine Disziplinarstrafe so milde ausgefallen war. Jemand schlug sogar vor, sie sollten Geld zusammenlegen, um ihm den Lohnabzug zu ersetzen, aber dazu kam es natürlich nicht. Wallander hatte den Verdacht, dass es auch Kollegen gab, die Schadenfreude empfanden, aber er nahm sich vor, nicht zu versuchen, potentielle Heuchler auszumachen. Er würde nur schlecht schlafen, wenn er sich über Kollegen aufregte, die hinter seinem Rücken höhnisch grinsten.
    Sein erster Fall nach der Aufklärung des Waffenraubs, für die er im Übrigen eines Tages von der Tochter mit dem Pferdehof einen Blumenstrauß bekam, war eine schwere Körperverletzung. Die Tat hatte sich auf einer Fähre zwischen Ystad und Polen ereignet; eine ungewöhnlich brutale und traurige Geschichte mit dem klassischen Ausgangspunkt, dass es keine glaubwürdigen Zeugen gab und jeder jeden beschuldigte. Der Vorfall hatte sich in einer engen Kabine abgespielt, das Opfer war eine junge Frau aus Skurup. Sie hatte diese unglückselige Reise mit ihrem Freund gemacht, wohl wissend, dass er eifersüchtig war und keinen Alkohol vertrug. Während der Überfahrt waren sie in eine Gruppe junger Männer aus Malmö geraten, die mit der Reise nur das eine Ziel verfolgten, sich sinnlos zu betrinken. Wallander fiel es schwer, sich Menschen vorzustellen, die meinten, ein gut genutzter freier Abend bestehe darin, möglichst viel zu saufen, um sich dann an nichts mehr zu erinnern.
    Zunächst arbeitete er allein an dem Fall, hin und wieder assistierte ihm Martinsson. Es war nicht nötig, mehr Personal hinzuzuziehen, da die Täter mit Sicherheit unter den jungen Männern zu finden waren, die die junge Frau auf der Fähre getroffen hatte. Wenn er nur kräftig genug am Baum rüttelte, würden die Früchte zu Boden fallen. Er würde sie in zwei Eimer sortieren, einen für die unschuldigen, den anderen für den- oder

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