Wallander 10 - Wallanders erster Fall
bestimmen, indem man nach Menschen suchte, die Frühaufsteher waren und im besten |298| Falle zweimal Motorenlärm gehört hatten. Ein paar Milchbauern mußte es doch noch geben, die so früh am Tag auf den Beinen waren. Aber es blieb die Frage: Was hatten die beiden Männer in dem Flugzeug gemacht? Und warum hatte das Flugzeug keine Registrierung?
Wallander blätterte rasch die Zeitung durch. Die Labradorwelpen waren immer noch zu verkaufen. Aber es gab kein Haus, das seine Aufmerksamkeit erregt hätte.
Um kurz vor acht trat Wallander durch die Tür des Polizeipräsidiums. An diesem Tag trug er den Pullover, den er bis fünf Grad minus nahm. Er bat Ebba, eine Reiseversicherung für seinen Vater abzuschließen.
»Das war schon immer mein Traum«, sagte sie. »Nach Ägypten zu fahren und die Pyramiden zu sehen.«
Alle scheinen neidisch auf meinen Vater zu sein, dachte Wallander, als er Kaffee holte und in sein Zimmer ging. Und niemand wirkt sonderlich überrascht. Ich bin der einzige, der sich Sorgen macht, daß etwas passieren könnte, daß er sich in der Wüste verirrt, zum Beispiel.
Martinsson hatte ihm einen Bericht über den Absturz vom Vortag auf den Tisch gelegt. Wallander überflog ihn und dachte, daß Martinsson noch immer zu viele Worte machte. Die Hälfte hätte gereicht. Rydberg hatte ihm einmal gesagt, daß das, was sich nicht im Telegrammstil ausdrücken ließ, entweder schlecht gedacht oder völlig falsch war. Wallander hatte immer versucht, seine Untersuchungsberichte so klar und kurz wie möglich zu halten. Er rief Martinsson an und berichtete von seinem Gespräch mit Björk am Tag zuvor. Martinsson schien zufrieden. Dann schlug Wallander ihm vor, daß sie sich alle treffen sollten. Blomells Hinweis war bedenkenswert. Um halb neun war es Martinsson gelungen, Hansson und Svedberg zu erreichen. Aber Rydberg war noch immer nicht gekommen. Sie versammelten sich in einem der Besprechungszimmer.
»Hat jemand Nyberg gesehen?« fragte Wallander.
Im selben Moment kam er herein. Wie immer wirkte er übernächtigt. Seine Haare standen zu Berge. Er setzte sich auf seinen angestammten Platz, ein Stück von den anderen getrennt.
|299| »Rydberg wirkt krank«, sagte Svedberg, während er sich mit einem Bleistift die Glatze kratzte.
»Er
ist
krank«, antwortete Hansson. »Er hat Ischias.«
»Rheuma«, berichtigte ihn Wallander. »Das ist ein verdammter Unterschied.«
Dann wandte er sich Nyberg zu.
»Wir haben die Tragflächen untersucht«, sagte dieser. »Und den Schaum von der Feuerwehr abgewaschen und versucht, die Rumpfteile zusammenzusetzen. Ziffern und Buchstaben waren nicht nur übermalt. Man hatte sie zur Sicherheit vorher auch noch abgekratzt. Aber das ist nur teilweise gelungen, und deshalb haben sie wohl zur Malerfarbe gegriffen. Die Leute in dieser Maschine wollten wirklich nicht, daß man sie identifizieren konnte.«
»Ich nehme an, daß es auf dem Motor eine Nummer gibt«, sagte Wallander. »Und es werden kaum so viele Flugzeuge wie Autos gebaut.«
»Wir sind dabei, Kontakt zur Piper-Fabrik in den USA aufzunehmen«, sagte Martinsson.
»Es sind noch immer ein paar Fragen offen«, fuhr Wallander fort. »Wie weit kann eine solche Maschine mit einer Tankfüllung fliegen? Haben sie Reservetanks? Gibt es eine Grenze dafür, wieviel Treibstoff eine Maschine des Typs tanken kann?«
Martinsson schrieb.
»Ich werde mich erkundigen«, sagte er.
Die Tür ging auf, und Rydberg kam herein.
»Ich war im Krankenhaus«, sagte er kurz. »Und das dauert immer endlos lange.«
Wallander sah, daß er Schmerzen hatte, sagte aber nichts.
Statt dessen brachte er seine Idee vor, Leute ausfindig zu machen, die das Motorengeräusch gehört hatten. Er schämte sich ein wenig dafür, daß er nicht Blomell die Ehre für die gute Idee zukommen ließ.
»Das wird wie während des Krieges«, kommentierte Rydberg. »Als alle in Schonen herumliefen und nach Flugzeugen horchten.«
»Es ist möglich, daß nichts dabei rauskommt«, sagte Wallander. »Aber wir können ja bei den Kollegen in den anderen Bezirken |300| nachfragen. Ich persönlich kann mir kaum vorstellen, daß es sich um etwas anderes als einen Drogentransport gehandelt hat. Einen Abwurf irgendwo.«
»Wir sollten mit Malmö reden«, sagte Rydberg. »Wenn sie merken, daß der Umsatz dramatisch ansteigt, könnte es einen Zusammenhang geben. Ich kann sie anrufen.«
Niemand hatte etwas einzuwenden. Wallander beendete die Sitzung kurz nach neun.
Den Rest des
Weitere Kostenlose Bücher