Wallander 10 - Wallanders erster Fall
völlig irrte, dann war der Brand gelegt worden, um die Schwestern zu töten.
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In dieser Lucianacht 1989 wachte Wallander bei anderem Flammenschein als dem der Luciakerzen. Er blieb bis zur Dämmerung an der Brandstelle. Bis dahin hatte er nacheinander Svedberg und Hansson nach Hause geschickt. Als Rydberg auftauchte, hatte Wallander auch ihm gesagt, daß er nicht zu bleiben brauchte. Die nächtliche Kälte und die Hitze des Feuers waren nichts für sein Rheuma. Rydberg hatte ein paar Informationen bekommen, auch |305| darüber, daß die beiden Schwestern, denen das Geschäft gehörte, mit großer Wahrscheinlichkeit verbrannt waren, und war dann nach Hause gegangen. Peter Edler hatte Wallander Kaffee angeboten. Wallander hatte im Führerhaus eines der Löschzüge gesessen und darüber nachgegrübelt, warum er nicht auch einfach nach Hause gegangen war und sich schlafen gelegt hatte, statt hierzubleiben und darauf zu warten, daß das Feuer gelöscht würde. Er fand keine Antwort. Mit einem Gefühl von Unbehagen dachte er an den Vorabend zurück. Die Erotik zwischen ihm und Emma Lundin war völlig leidenschaftslos. Kaum mehr als eine Verlängerung des nichtssagenden Gesprächs, das sie vorher geführt hatten.
Ich kann so nicht mehr weitermachen, dachte er plötzlich. Es muß etwas geschehen in meinem Leben. Bald, sehr bald. Die zwei Monate, die vergangen waren, seit Mona ihn endgültig verlassen hatte, kamen ihm vor wie zwei Jahre.
In der Morgendämmerung war der Brand gelöscht. Das Haus war bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Nyberg war gekommen. Sie warteten darauf, daß Peter Edler das Startzeichen gab, damit Nyberg mit den Technikern von der Feuerwehr in die rauchenden Trümmer gehen konnte.
Plötzlich war Björk aufgetaucht, wie immer untadelig gekleidet, umgeben von einem Duft von Rasierwasser, der sogar durch den Brandgeruch drang. »Traurig, so ein Brand«, sagte er. »Ich höre, die Besitzerinnen sind tot.«
»Das wissen wir noch nicht«, antwortete Wallander. »Aber leider spricht alles dafür.«
Björk sah auf die Uhr.
»Ich kann nicht bleiben«, sagte er. »Ich habe eine Frühstücksverabredung mit den Rotariern.«
Björk verschwand.
»Er bringt sich noch um mit seinen Vorträgen«, sagte Wallander. Nyberg sah ihn fragend an.
»Möchte wissen, was er über die Polizei und unsere Arbeit sagt«, meinte Nyberg. »Hast du schon mal einen Vortrag von ihm gehört?«
»Noch nie. Aber ich habe den Verdacht, daß er nicht von seiner Arbeit hinter dem Schreibtisch erzählt.«
|306| Sie standen stumm und warteten. Wallander war verfroren und müde. Noch immer war das ganze Viertel abgesperrt, aber einem Journalisten von
Arbetet
war es gelungen, durch die Absperrung zu kommen. Wallander kannte ihn von früher. Er war einer von den Journalisten, die tatsächlich meistens schrieben, was Wallander sagte, deshalb erzählte er ihm das wenige, was er wußte. Daß sie nach wie vor nicht bestätigen konnten, daß jemand verbrannt war. Der Journalist gab sich damit zufrieden und verschwand.
Es verging eine weitere Stunde, bis Peter Edler das Startzeichen geben konnte. Als Wallander in der Nacht von zu Hause aufgebrochen war, war er umsichtig genug gewesen, Gummistiefel anzuziehen, und jetzt stiegen sie vorsichtig durch das Gewirr verbrannter Balken und eingestürzter Wände, die in einer schwarzbraunen Brühe lagen. Nyberg und einige der Feuerwehrleute suchten vorsichtig zwischen den Brandresten. Nach weniger als fünf Minuten hielten sie inne. Nyberg machte Wallander ein Zeichen, zu ihm zu kommen.
Die Körper von zwei Menschen lagen in einigen Metern Abstand voneinander. Sie waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Wallander dachte, daß er jetzt im Laufe von achtundvierzig Stunden zweimal den gleichen Anblick erlebte.
Er schüttelte den Kopf. »Die Schwestern Eberhardsson«, sagte er. »Wie hießen sie noch mit Vornamen?«
»Anna und Emilia«, antwortete Nyberg. »Aber wir wissen nicht, ob sie es wirklich sind.«
»Wer sollte es denn sonst sein?« sagte Wallander. »Sie waren die einzigen, die in dem Haus wohnten.«
»Wir werden es erfahren«, antwortete Nyberg. »Aber das dauert natürlich ein paar Tage.«
Wallander drehte sich um und ging auf die Straße zurück. Peter Edler stand da und rauchte.
»Rauchst du?« fragte Wallander. »Das wußte ich nicht.«
»Nicht besonders oft«, antwortete Edler. »Nur wenn ich sehr müde bin.«
»Dieser Brand muß gründlich untersucht werden«, sagte
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