Wallander 10 - Wallanders erster Fall
Launen Angst hatte.
|72| Dann sah Wallander die Nachrichten. Die Autoindustrie boomte. In Schweden herrschte Hochkonjunktur. Danach folgten Bilder von einer Hundeausstellung. Er drehte den Ton leiser. Es regnete immer noch. In einiger Entfernung glaubte er Donner zu hören. Aber vielleicht war es auch nur ein Flugzeug, das zur Landung in Bulltofta ansetzte.
Es war zehn Minuten nach neun, als Andersson ihn wieder anrief.
»Es war so, wie ich dachte«, sagte er. »In der Taxizentrale in Malmö herrscht Ordnung.«
Wallander hatte seinen Block und einen Bleistift herangezogen.
»Die Fahrt ging nach Arlöv. Es ist kein Name aufgezeichnet. Aber der Fahrer hieß Norberg. Du könntest versuchen, ihn zu fassen zu kriegen und zu fragen, ob er sich an das Aussehen des Fahrgastes erinnert. Doch eigentlich ist es nicht notwendig.«
»Besteht kein Risiko, daß es sich um eine andere Fahrt gehandelt haben könnte?«
»Kein anderer hat am Mittwoch einen Wagen zu der Adresse bestellt.«
»Die Fahrt ging also nach Arlöv.«
»Ja, genau gesagt in die Smedsgata 9. Direkt neben der Zuckerfabrik. Ein altes Reihenhausviertel.«
»Also keine Mehrfamilienhäuser mit verschiedenen Mietparteien«, sagte Wallander. »Es wohnt dort nur eine Familie oder eine Person in jedem Haus.«
»Das sollte man jedenfalls annehmen.«
Wallander notierte. »Vielen Dank«, sagte er dann. »Das hast du gut gemacht.«
»Ich habe vielleicht noch mehr zu bieten«, meinte Andersson. »Auch wenn du nicht danach gefragt hast. Aber es gab auch eine Fahrt von der Smedsgata zurück in die Stadt. Genauer gesagt, am Donnerstag morgen um vier Uhr. Der Fahrer hieß Orre. Aber der macht im Moment Urlaub auf Mallorca.«
Können Taxifahrer sich das leisten, dachte Wallander. Ohne sogenanntes schwarzes Geld einzufahren?
Andersson gegenüber erwähnte er jedoch nichts von seinem Argwohn. »Das kann wichtig sein«, sagte er nur.
»Hast du immer noch kein Auto?«
|73| »Noch nicht.«
»Hast du vor, hinauszufahren?«
»Ja.«
»Du kannst natürlich einen Polizeiwagen nehmen.«
»Natürlich.«
»Sonst könnte ich dich fahren. Ich habe nichts Besonderes vor. Wir haben uns so lange nicht gesehen.«
Wallander entschloß sich sofort, das Angebot anzunehmen, und Lars Andersson versprach, ihn in einer halben Stunde abzuholen. Inzwischen rief Wallander die Auskunft an und fragte, ob es in der Smedsgata 9 in Arlöv einen Telefonteilnehmer gebe. Er erfuhr, daß es in der Tat einen Teilnehmer gab, daß die Nummer aber geheim war.
Der Regen war stärker geworden. Wallander zog Gummistiefel und eine Regenjacke an. Er stellte sich ans Küchenfenster und sah Andersson vor dem Haus bremsen. Der Wagen hatte kein Schild auf dem Dach. Es war sein Privatwagen. Ein Wahnsinnsvorhaben in einem Wahnsinnswetter, dachte Wallander, als er die Wohnungstür abschloß. Aber lieber das, als hier auf und ab zu laufen und darauf zu warten, daß Mona anruft. Und sollte sie es tun, dann geschieht es ihr ganz recht, daß ich nicht da bin.
Lars Andersson begann sofort damit, alte Schulerinnerungen auszukramen. An das meiste konnte Wallander sich überhaupt nicht mehr erinnern. Oft fand er Andersson ermüdend, weil er ständig in die Schulzeit zurückkehrte, als sei sie die bisher beste Zeit seines Lebens gewesen. Für Wallander war die Schule ein grauer Alltag gewesen, der nur durch Geographie und Geschichte etwas aufgehellt wurde. Aber er mochte den Mann am Steuer dennoch. Seine Eltern hatten draußen in Limhamn eine Bäckerei gehabt. Zeitweise waren die beiden Jungen sehr viel zusammengewesen, und auf Lars Andersson hatte Wallander sich immer verlassen können. Ein Mensch, der die Freundschaft ernst nahm.
Sie ließen Malmö hinter sich und waren bald in Arlöv.
»Fährst du oft hierher?« fragte Wallander.
»Es kommt schon vor. Meistens an den Wochenenden. Leute, die in Malmö oder Kopenhagen gesoffen haben und nach Hause wollen.«
|74| »Hast du irgendwann einmal Probleme gehabt?«
Lars Andersson warf ihm einen Blick zu. »Wie meinst du das?«
»Bist du mal überfallen oder bedroht worden, was weiß ich?«
»Nie. Einen habe ich mal gehabt, der abhauen wollte, ohne zu bezahlen. Aber den habe ich eingeholt.«
Sie befanden sich jetzt innerhalb der Ortschaft. Lars Andersson fuhr direkt zu der Adresse.
»Hier ist es«, sagte er und zeigte durch das nasse Wagenfenster. »Smedsgata 9.«
Wallander kurbelte die Scheibe herunter und blinzelte in den Regen hinaus. Nummer neun war das letzte
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