Wallander 10 - Wallanders erster Fall
sein. Das heißt unerhört neugierig.«
»Wann ist die Batista zuletzt gesehen worden?«
»Darüber gingen die Meinungen auseinander. Aber aus dem, was ich herausbekommen habe, kann man schließen, daß es schon ein paar Tage her ist. Ob es zwei oder drei Tage sind, ließ sich nicht klären.«
»Wissen wir, wovon sie lebte?«
Jetzt war Hörner an der Reihe. »Sie scheint eine kleine Rente bekommen zu haben«, sagte er, »teilweise unklaren Ursprungs. Es gibt da eine Bank in Portugal, die Filialen in Brasilien hat. Es dauert immer so verdammt lange mit Banken. Jedenfalls hat sie nicht gearbeitet. Wenn man gesehen hat, was sie in ihren Kleiderschränken und in der Speisekammer hatte, dann war ihr Leben nicht besonders aufwendig.«
»Aber das Haus?«
»Keine Kredite. Bar bezahlt von ihrem früheren Mann.«
»Und wo ist der?«
»In einem Grab«, antwortete Stefansson. »Er starb vor ein paar Jahren. Beerdigt in Karlskoga. Ich habe mit seiner Witwe gesprochen. Er hatte wieder geheiratet. Es war ein bißchen peinlich. Ich habe leider zu spät gemerkt, daß sie nichts von einer Alexandra Batista in seinem Leben gewußt hat. Kinder scheint die Batista übrigens nicht gehabt zu haben.«
»So kann es gehen«, meinte Hemberg und wandte sich Sjunnesson zu.
|91| »Wir sind noch dabei«, sagte der. »Wir untersuchen die Fingerabdrücke auf den verschiedenen Gläsern. Sie scheinen Rotwein getrunken zu haben. Spanischen, glaube ich. Wir vergleichen die Abdrücke mit denen auf einer leeren Flasche, die ebenfalls in der Küche stand. Gleichzeitig sind wir dabei zu überprüfen, ob wir die Abdrücke in unseren Registern haben. Und dann werden wir sie natürlich mit Håléns vergleichen.«
»Genaugenommen könnten sich seine Fingerabdrücke sogar in Interpolregistern befinden«, unterbrach ihn Hemberg. »Aber es dauert seine Zeit, bis wir von denen Bescheid bekommen.«
»Wir können davon ausgehen, daß der Mörder von Alexandra Batista hereingelassen wurde«, fuhr Sjunnesson fort. »Es gibt keine Einbruchsspuren an Fenstern oder Türen. Er könnte natürlich einen eigenen Schlüssel gehabt haben. Wir haben uns daraufhin Håléns Schlüsselbund angeschaut, aber es war keiner dabei, der paßte. Die Tür zum Wintergarten war angelehnt, wie uns Wallander berichtet hat. Weil die Batista weder eine Katze noch einen Hund gehabt hat, können wir davon ausgehen, daß sie offengestanden hat, um die Nachtluft hereinzulassen. Was wiederum darauf hinweisen dürfte, daß sie keine Angst hatte oder erwartete, daß irgend etwas passieren würde. Vielleicht hat aber auch der Täter auf diesem Wege das Haus verlassen. Auf der Rückseite konnte er nicht so leicht gesehen werden.«
»Andere Spuren?« drängte Hemberg.
»Nichts Aufsehenerregendes.«
Hemberg schob die Papiere fort, die vor ihm auf dem Tisch lagen. »Dann heißt es also weitermachen«, sagte er. »Die Gerichtsmediziner sollen sich ein bißchen beeilen. Das Beste, was uns hier passieren könnte, wäre, wenn wir Hålén mit dem Mord an der Batista in Verbindung bringen könnten. Ich persönlich glaube daran. Aber wir müssen weiter mit den Nachbarn reden und verschiedene Hintergründe abklopfen.«
Dann wandte Hemberg sich an Wallander. »Hast du noch etwas hinzuzufügen? Immerhin warst du es, der sie gefunden hat.«
Wallander schüttelte den Kopf und merkte, daß er einen ganz trockenen Mund hatte. »Nichts. Ich habe nichts Besonderes bemerkt, was ihr nicht schon kommentiert habt.«
|92| Hemberg schlug einen Trommelwirbel mit den Fingern auf den Tisch. »Dann brauchen wir hier nicht länger zu sitzen«, sagte er. »Weiß jemand von euch, was es heute zu Mittag gibt?«
»Hering«, sagte Hörner. »Der ist meistens gut.«
Hemberg bat Wallander, mitzukommen und mit ihm zu essen, aber Wallander lehnte ab. Ihm war der Appetit vergangen. Er hatte das Bedürfnis, allein zu sein und nachzudenken. Er ging in sein Zimmer, um seine Jacke zu holen. Durch das Fenster sah er, daß der Nieselregen aufgehört hatte. Gerade als er das Zimmer verlassen wollte, kam einer seiner Kollegen von der Ordnungspolizei herein. Er warf seine Uniformmütze auf den Tisch.
»Pfui Teufel«, sagte er und ließ sich schwer auf einen Stuhl fallen. Er hieß Jörgen Berglund und stammte von einem Bauernhof in der Nähe von Landskrona. Wallander hatte manchmal Probleme, seinen Dialekt zu verstehen. »Jetzt haben wir zwei von diesen Rauschgiftnestern ausgehoben«, fuhr Berglund fort. »In einem davon haben wir
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