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Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Titel: Wallander 10 - Wallanders erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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gearbeitet hat, die unter schwedischer Flagge fuhren?«
    »Sicher bin ich überhaupt nicht«, erwiderte Wallander.
    |86| »Du kannst die Listen hier abholen«, sagte sie, »wenn du Zeit hast. Aber heute nachmittag habe ich eine Besprechung.«
    Wallander versprach, noch am Vormittag zu kommen. Dann legte er auf und dachte, daß er jetzt eigentlich Mona anrufen müßte und ihr eine Erklärung geben sollte. Aber er ließ es auf sich beruhen. Er wagte es ganz einfach nicht.
    Es war inzwischen zehn vor acht geworden. Er zog sich die Jacke an.
    Der Gedanke daran, einen ganzen Tag auf Streife zu verbringen, verbesserte seine Laune nicht gerade.
    Er wollte eben aus der Wohnung gehen, als das Telefon klingelte. Mona, dachte er. Jetzt ruft sie an und sagt mir, daß ich zur Hölle fahren soll. Er holte tief Luft und nahm den Hörer ab.
    Es war Hemberg. »Was macht deine Magenverstimmung?«
    »Ich war gerade auf dem Weg ins Präsidium.«
    »Gut, aber komm zu mir hoch. Ich habe mit Lohman gesprochen. Du bist schließlich ein Zeuge, mit dem wir noch zu reden haben. Heute also keine Streife. Außerdem bleiben dir die Razzien in den Drogenhöhlen erspart.«
    »Ich komme«, sagte Wallander.
    »Es reicht, wenn du um zehn Uhr hier bist. Ich dachte, du könntest dabeisitzen, wenn wir den Mord in Arlöv noch einmal gründlich durchgehen.«
    Das Gespräch war vorbei. Wallander schaute auf die Uhr. Er würde noch Zeit genug haben, die Papiere abzuholen, die bei Helena auf ihn warteten. An der Küchenwand hing ein Busfahrplan. Wenn er sich beeilte, brauchte er nicht einmal zu warten.
    Als er aus der Haustür trat, stand Mona da. Damit hatte er nicht gerechnet. Ebensowenig mit dem, was dann geschah. Sie kam umstandslos auf ihn zu und gab ihm eine Ohrfeige. Dann drehte sie sich um und ging davon.
    Wallander war so verblüfft, daß er überhaupt nicht reagieren konnte. Seine Wange brannte, und ein Mann, der in der Nähe die Tür seines Wagens aufschloß, betrachtete ihn neugierig.
    Mona war schon verschwunden. Langsam begann er, zur Bushaltestelle zu gehen. Jetzt hatte er einen Kloß im Hals. Er hatte nie geglaubt, daß Mona derart heftig reagieren würde.
    |87| Der Bus kam. Wallander fuhr ins Stadtzentrum. Der Nebel war jetzt verschwunden, aber es war bewölkt. Der Nieselregen hielt sich hartnäckig. Er saß im Bus, und sein Kopf war vollkommen leer. Die Ereignisse der Nacht existierten nicht mehr. Die Frau, die tot auf einem Stuhl in der Küche gesessen hatte, war Teil eines Traums. Das einzig Wirkliche war Mona, die ihn geohrfeigt hatte und dann ihrer Wege gegangen war. Ohne ein Wort. Ohne zu zögern.
    Ich muß mit ihr reden, dachte er. Nicht jetzt, wo sie immer noch so wütend ist, aber heute abend.
    Er stieg aus. Seine Wange brannte immer noch. Der Schlag war richtig hart gewesen. Er spiegelte sich in einem Schaufenster. Seine eine Backe war deutlich gerötet. Er blieb stehen. Überlegte, daß er eigentlich so bald wie möglich mit Lars Andersson sprechen müßte. Ihm für seine Hilfe danken und ihm erklären, was geschehen war.
    Dann dachte er an ein Haus in Löderup, das er noch nie gesehen hatte. Und an das Haus, in dem er seine Kindheit verbracht hatte und das nicht mehr in der Familie war. Er ging weiter. Nichts wurde besser davon, daß er reglos auf einem Bürgersteig im Zentrum von Malmö stand.
    Wallander nahm den dicken Umschlag entgegen, den Helena an der Rezeption für ihn hinterlegt hatte. »Ich muß mit ihr reden«, sagte er zu der Dame hinter der Scheibe.
    »Sie ist beschäftigt. Sie hat mich gebeten, Ihnen dies hier zu geben.«
    Wallander sagte sich, daß Helena über ihr Gespräch am Morgen verärgert war und ihn nicht treffen wollte. Es fiel ihm nicht sonderlich schwer, ihr das nachzufühlen.
    Als er ins Polizeipräsidium kam, war es fünf Minuten nach neun. Er ging in sein Zimmer und sah zu seiner Erleichterung, daß dort niemand auf ihn wartete. Noch einmal überdachte er, was am Morgen passiert war. Wenn er im Frisiersalon anriefe, würde Mona sagen, sie hätte keine Zeit. Er mußte also bis zum Abend warten.
    Er öffnete den Umschlag und war verblüfft darüber, daß Helena so viele Namenlisten verschiedener Reedereien zusammenbekommen |88| hatte. Er suchte nach dem Namen Artur Hålén. Aber er fand ihn nicht. Am ähnlichsten waren der Name eines Matrosen, Håle, der meistens für die Grängesreederei gefahren war, und der eines Maschinenoffiziers Halén auf der Johnssonline. Wallander schob den Papierstapel beiseite.

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