Wallander 10 - Wallanders erster Fall
ging in sein Zimmer, schloß die Tür und zog den Kollegblock an sich, auf dem er zuvor den Namen Göran Alexandersson aufgeschrieben hatte. Wen hast du am Strand getroffen? dachte er. Wen? Das muß ich wissen.
Um ein Uhr war Wallander hungrig. Er hatte schon die Jacke an und wollte gerade gehen, als Hansson an seine Tür klopfte.
Es war ihm sofort anzusehen, daß er etwas Wichtiges zu sagen hatte.
»Ich habe da etwas, was sich möglicherweise als bedeutsam herausstellen könnte.«
»Was denn?«
|164| »Wie du dich erinnerst, hatte Göran Alexandersson einen Sohn, der vor sieben Jahren starb. Er wurde erschlagen. Und soweit ich sehen kann, wurde nie ein Täter gefaßt und verurteilt.«
Wallander sah Hansson lange an.
»Gut«, sagte er schließlich. »Jetzt haben wir einen Anhaltspunkt. Obwohl ich nicht richtig sagen kann, worin er eigentlich besteht.«
Der Hunger, den er eben noch verspürt hatte, war verschwunden.
Kurz nach zwei Uhr am Nachmittag des 28. April klopfte Rydberg an Wallanders halbgeöffnete Tür.
»Ich habe Alexanderssons Frau erreicht«, sagte er und kam herein. Als er sich auf Wallanders Besucherstuhl setzte, verzog er das Gesicht.
»Was ist mit deinem Rücken?« fragte Wallander.
»Ich weiß nicht«, erwiderte Rydberg. »Aber irgend etwas stimmt nicht.«
»Du hast vielleicht zu früh wieder angefangen zu arbeiten?«
»Es wird nichts besser davon, daß ich zu Hause liege und an die Decke starre.«
Damit war das Gespräch über Rydbergs Rücken beendet. Wallander wußte, daß es keinen Sinn hatte, ihn dazu überreden zu wollen, wieder nach Hause zu gehen und sich auszuruhen.
»Was hat sie gesagt?« fragte er statt dessen.
»Sie war natürlich geschockt. Ich glaube, es dauerte eine Minute, bis sie etwas sagte.«
»Das wird teuer für die Staatskasse«, sagte Wallander. »Aber dann? Nachdem die Minute vorbei war?«
»Sie wollte natürlich wissen, was passiert ist. Ich sagte es ihr, wie es war. Sie hatte Schwierigkeiten zu verstehen, wovon ich redete.«
»Kein Wunder.«
»Ich habe auf jeden Fall erfahren, daß sie keinen Kontakt hatten. Der Ehefrau zufolge haben sie sich scheiden lassen, weil sie es zusammen so langweilig hatten.«
Wallander zog die Stirn in Falten.
»Was meinte sie denn damit?«
|165| »Ich glaube, das ist eine häufigere Ursache für Scheidungen, als man ahnt«, sagte Rydberg. »Ich glaube, es muß gräßlich sein, mit einem langweiligen Menschen zusammenzuleben.«
Wallander nickte gedankenverloren. Er fragte sich, ob Mona wohl ebenso dachte. Und was dachte er selbst?
»Ich habe sie gefragt, ob sie sich jemanden vorstellen könnte, der ihn würde umbringen wollen. Aber das konnte sie nicht. Dann fragte ich sie, ob sie erklären könnte, was er hier unten in Schonen getan hätte. Das konnte sie auch nicht. Das war alles.«
»Du hast nicht nach ihrem verstorbenen Sohn gefragt? Von dem Hansson sagt, er sei ermordet worden?«
»Doch, natürlich. Aber sie wollte nicht darüber sprechen.«
»Ist das nicht ein bißchen sonderbar?«
Rydberg nickte.
»Genau, was ich dachte.«
»Ich glaube, du mußt sie noch einmal anrufen«, sagte Wallander. Rydberg nickte und verließ das Zimmer. Wallander dachte, daß er bei Gelegenheit Mona fragen müßte, ob Langeweile das größte Problem in ihrer Ehe sei. Das Klingeln des Telefons riß ihn aus seinen Gedanken. Ebba von der Vermittlung teilte ihm mit, die Polizei in Stockholm wolle mit ihm sprechen. Wallander zog seinen Block heran und hörte zu. Es war ein Polizist namens Rendal, mit dem Wallander noch nie zu tun gehabt hatte.
»Wir haben uns diese Wohnung in der Äsögata angesehen«, sagte Rendal.
»Und, habt ihr etwas gefunden?«
»Wie sollten wir etwas finden können, wenn wir nicht wissen, wonach wir suchen sollen?«
Wallander konnte hören, daß Rendal gestreßt war.
»Wie sah sie denn aus?« fragte Wallander, so freundlich er konnte.
»Sauber und ordentlich«, sagte Rendal. »Geputzt. Ein bißchen pedantisch. Ich fand, es war eine typische Junggesellenwohnung.«
»Ist es ja auch«, sagte Wallander.
»Wir haben uns seine Post angesehen«, fuhr Rendal fort. »Er scheint höchstens eine Woche weg gewesen zu sein.«
»Das stimmt«, sagte Wallander.
|166| »Er hatte einen Anrufbeantworter. Aber der war leer. Keiner hatte ihn angerufen.«
»Was hatte er selbst für eine Ansage?« fragte Wallander.
»Nur die übliche.«
»Dann wissen wir das«, sagte Wallander. »Danke für die Hilfe. Wir melden uns
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