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Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Titel: Walled Orchard 01: Der Ziegenchor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Kleopatra sehe, aber davon wollte ich nichts wissen und sagte deshalb nur er habe wahrscheinlich recht
    – glatzköpfig, mit einem idiotischen Grinsen und einem ekligen Ausschlag zwischen den Beinen. Danach erwähnte er sie nie wieder.
    Schon kurz nach Kleons Tod entdeckte ich, daß er seinen Einfluß benutzt hatte, um meinen Namen von der Heeresliste fernzuhalten. Ich war vollkommen verblüfft, da ich mir keinen Grund denken konnte, weshalb er mir hätte helfen wollen. Natürlich hatte ich mich gefragt, warum ich nur einmal einberufen worden war, diesen Umstand aber als reine Glückssache betrachtet. Doch Kleonymos, der mich darüber unterrichtete, als ich ihn eines Tages zufällig 350
    in Pallene traf, sagte mir, Kleon habe ganz im Gegenteil große Stücke auf mich gehalten, und nebenbei sei ich der einzige Dichter in Athen gewesen, bei dem Kleon eine Chance sah, ihn auf seine Seite zu ziehen.
    »Das galt natürlich für die Zeit, als du noch als Dichter tätig warst und bevor du diese bösen Erfahrungen machen mußtest«, fuhr er fort, wobei er sich die riesigen Hände an meinem Feuer wärmte.
    Ich lachte, was mir inzwischen ziemlich leicht fiel, und entgegnete vergnügt: »Dann hat er sich in mir ja wohl geirrt, wie? Aber man kann eben im Leben nicht immer recht behalten.«
    »Ach, was soll denn dieses allgemeine Geschwätz?«
    winkte Kleonymos ab. »Ich persönlich finde jedenfalls, ihr Komödiendichter gehört ausnahmslos zum Abschaum der Menschheit, und je eher man euch in die Silbergruben schickt, desto besser. Kleon dachte da ganz anders als ich.
    Er mochte die Komödie und betonte immer wieder, es sei ihm Tausende von Stimmen wert, wenn man auf seine Kosten Scherze mache, weil es die Menschen davon abbringe, ihn als Bedrohung zu betrachten. Da fragt sich nur, wer damals wen zum Narren gehalten hat.«
    »Aber Kleon hat Aristophanes sogar gerichtlich verfolgt«, hielt ich ihm entgegen.
    »Ich habe immer gedacht, du hättest das gebilligt.«
    »Mord, ja«, erwiderte ich und schenkte ihm etwas Wein nach, »aber niemals Strafverfolgung. Das war eine furchtbare Tat. Gottlos.«
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    »Na ja, jeder macht mal Fehler«, gluckste Kleonymos lachend in den Weinkrug hinein. »Jedenfalls waren es nicht die Witze über seine Person, die Kleon gestört haben.
    Dieser Sohn des Philippos verkehrt nämlich mit einigen äußerst zwielichtigen Gestalten. Weißt du, lange Haare und mit Schaffell gefütterte Reitstiefel und Unterricht in Redekunst und kleine Abstecher nach Sparta, wenn gerade niemand aufpaßt.«
    »Kommt jetzt wieder mal deine große
    Verschwörungstheorie, oder was? Ich dachte immer, du sparst dir so etwas ausschließlich für die Volksversammlung auf.«
    »Schon gut, schon gut«, antwortete Kleonymos mißmutig. »Aber wir kommen vom Thema ab. Kleon hielt dich für einen guten Dichter, Eupolis, und gewiß gehörte es zu seinem Handwerk, so etwas zu wissen. Vielleicht hast du ja die Schnauze vom Theater und dem ganzen Drumherum wirklich voll, und möglicherweise bin ich nur alt und alles in allem nichts mehr als ein lästiger Plagegeist. Aber wie Kleon liegt auch mir die Demokratie am Herzen, junger Mann. Und wenn es keine Stinkstiefel wie ihn und mich gegeben hätte, erhieltest du heute deine Befehle von einem König und dürftest die Hand in der Volksversammlung nicht heben.« Er setzte den Becher ab und beugte sich vor, bis ich das Gefühl hatte, er könnte jeden Moment wie ein Mutterschwein auf mich rollen und mich zerquetschen.
    »Du schuldest uns genausoviel, als ob du überall auf deinen neuen Feldern Hypothekensteine von uns beiden 352
    stehen hättest«, fuhr er fort. »Ich möchte nicht, daß du das jemals vergißt!«
    »Ach, komm… und jetzt verschwinde endlich aus meinem Haus«, forderte ich ihn etwas zaghaft auf.
    Kleonymos lächelte und entgegnete gutgelaunt: »Glaub mir, ich bin schon aus besseren Häusern als diesem hier rausgeworfen worden.« Er lehnte sich lässig im Stuhl zurück und fuhr fort: »Ich will dir auch nicht drohen. Wenn ich das vorhätte, würdest du’s sowieso sofort merken.
    Tatsächlich will ich dich ermutigen. Fang wieder an zu schreiben, mehr will ich gar nicht von dir. Und vielleicht können deine Freunde dafür sorgen, daß du wieder einen Chor zugeteilt bekommst.«
    »Danke, aber mit dem Thema bin ich ein für allemal fertig.«
    »So? Wie schade. Nun, das ist deine Sache.« Kleonymos stand auf. »Scheu dich aber nicht, Bescheid zu sagen, wenn du deine Meinung geändert

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