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Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Titel: Walled Orchard 01: Der Ziegenchor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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gehörten ihm noch verschiedene Ländereien auf Ägina. Jedenfalls mußte sich Aristophanes von Zeit zu Zeit vom Stadtleben losreißen, um sich ein wenig halbherzig der Landwirtschaft zu widmen, und zur Vertreibung der dabei entstehenden Langweile spielte er seinen Nachbarn immer wieder Streiche.
    Eines schönen Tages befand ich mich mit meinen Ziegen auf dem Hymettos und hatte vor den sengenden Sonnenstrahlen Schutz unter einem verkümmerten Feigenbaum gesucht, dem einzigen Überbleibsel eines hartnäckigen Bebauungsversuchs dieses kargen Landstrichs. Zu dieser verzweifelten menschlichen Anstrengung gibt es sogar eine Geschichte, und weil es darin um Peisistratos geht, halte ich es für legitim, sie hier unter der allgemeinen Überschrift ›Athenische Geschichte‹
    einzufügen. Wie Sie wissen, war Peisistratos vor weit über hundert Jahren Tyrann von Athen. Er war der erste, der Silbermünzen prägen ließ, und er benutzte Staatseinnahmen, um vielen Armen ohne Land zu kleinen Gehöften zu verhelfen. Seinerzeit wurde jedes kultivierbare Stück Land erschlossen und urbar gemacht, und Peisistratos setzte sein Subventionsprogramm selbst dann noch fort, als längst nur noch nackter Fels übrig war. Er hatte damals zwar einen schlechten Ruf, weil er ohne das Volk regierte und die Bürger mit Steuern belegte, aber ich habe mir über viele Jahre hinweg die Mühe gemacht, mehr über ihn herauszubekommen, und bin davon überzeugt, 111
    daß Athen ohne ihn heute nichts als ein kleines, von einem Holzzaun umgebenes Dorf wäre.
    Wie dem auch immer sei, eines Tages kam Peisistratos an diesem kleinen Gehöft auf dem Hang des Hymettos vorbei und erblickte jenen unverbesserlichen Narren, der den kargen Boden in fruchtbares Ackerland zu verwandeln versuchte. Der bedauernswerte Mann mühte sich mit dem Pflug ab, brachte dabei aber nicht mehr zustande, als einige der kleineren Felsbrocken umzudrehen. Peisistratos war beeindruckt, denn das war ein Mann ganz nach seinem Geschmack. Er ging zu ihm hinüber und fing mit ihm ein Gespräch an.
    »Das sieht mir nach sehr harter Arbeit aus«, sagte der Tyrann in liebenswürdigem Ton.
    »Das kann man wohl sagen«, seufzte der Mann angestrengt.
    »Du nimmst doch bestimmt dieses neue Programm in Anspruch, oder?« erkundigte sich Peisistratos und fügte ermutigend hinzu: »Was soll denn hier oben Schönes wachsen?«
    »Hauptsächlich Blasen, zusammen mit ein bißchen Schmerz und Leid, wovon dann dieser Mistkerl Peisistratos fünf Prozent einsackt«, erwiderte der Mann wütend. »Na ja, ich kann nur sagen: von mir aus herzlich gern.«
    Kaum war Peisistratos wieder in Athen, senkte er die Steuer für die landwirtschaftlichen Pioniere und besiegelte damit seinen Untergang. Denn um das so entstandene Defizit auszugleichen, hob er die Steuer für die übrigen Bürger auf zehn Prozent an, wodurch alle Betroffenen so 112
    fuchsteufelswild wurden, so daß Peisistratos bis zu seinem Tod nur noch auf politischen Widerstand und allgemeine Verstimmung stieß.
    In genau diesen historischen Moment fiel meine erste Begegnung mit Aristophanes, dem Sohn des Philippos. Ich lag mit geschlossenen Augen auf dem Rücken und sinnierte gerade darüber nach, wie schön das Leben doch wäre, wenn ich nur diese Ziegen nicht hüten müßte, als ich plötzlich von einem harten Stoß gegen das Schlüsselbein geweckt wurde. Ich schreckte hoch, griff nach meinem Stab und erblickte den großen Mann, der über mir stand.
    »Steh gefälligst auf, wenn ich mit dir rede!« raunzte er mich an. Der Kerl hatte diese typische Stimme eines Städters, laut und durchdringend, und er war mir auf der Stelle unsympathisch. »Wer ist dein Vater, und wie heißt sein Demos?«
    »Euchoros von Pallene«, antwortete ich wahrheitsgemäß, wobei ich mir das Schlüsselbein rieb.
    »Und wer will das von mir wissen?«
    »Halt die Klappe!« befahl mir der Fremde. »Ich beschuldige Euchoros des Ziegendiebstahls.«
    Jetzt wurde ich dem Fremden gegenüber noch mißtrauischer, da ich ganz genau wußte, daß mein Vater so etwas niemals getan hätte. Er erkannte jedes seiner Tiere sofort und hatte für alle einen Namen. Wenn sich einmal ein fremdes Tier in seine Herde verirrte, setzte er stets alles in Bewegung, um herauszufinden, wem es gehören könnte.
    Gelang ihm das nicht, opferte er es gewöhnlich den Göttern und veranstaltete für die Nachbarn ein Fest.
    113
    »Bist du dir da auch ganz sicher?« fragte ich. »Dann nenn mir gefälligst Zeugen!«
    Ich

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