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Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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ausgerechnet ein gewisser Promachos, der bekanntermaßen geizigste und humorloseste Mensch in ganz Athen, zu meinem Geldgeber berufen worden war. Schon der bloße Gedanke, zur Finanzierung einer Komödie herangezogen worden zu sein, war ihm zuwider, weil er die Komödie grundsätzlich und meine Stücke im besonderen mißbilligte. Hätte es sich um ein ganz durchschnittliches Stück gehandelt, wäre alles schon schwierig genug gewesen; aber da Philonides für seinen Chor nur das Beste vom Besten sowie neue und kostspielige Bühnenmechanismen für Spezialeffekte verlangte, erklärte Promachos bald, daß er bei mir zwölfhundert Drachmen hinterlegen werde und dieser Betrag alles sei, was man von ihm erwarten könne. Folglich bezahlte ich am Ende den Großteil der aufwendigen Dinge aus eigener Tasche, und diese außergewöhnliche Erfahrung behagte mir überhaupt nicht. Als es soweit war, nahm Promachos natürlich das ganze Verdienst für sich in Anspruch, wozu ein Geldgeber unter normalen Umständen durchaus berechtigt ist, und ließ eine prachtvolle Ehrenstatue errichten, auf der die Produktionskosten festgehalten wurden (zweitausend Drachmen). Welcher Anteil an diesem Betrag von mir geleistet worden war, verschwieg er selbstverständlich; ich glaube sogar, er ließ nicht einmal meinen Namen erwähnen.
    Jedenfalls blieb mir wegen Promachos’ Geiz und Philonides’ regelmäßigen Wutausbrüchen nicht mehr viel Zeit, mir über andere Dinge den Kopf zu zerbrechen; zum Beispiel wußte ich nicht einmal mehr, ob das Stück wirklich so gut war, wie ich es mir einbildete. Dennoch gelang es mir, ein paar Stunden zu erübrigen, um mir über die Aktivitäten meines alten Waffengefährten Aristophanes, Sohn des Philippos, den Kopf zu zerbrechen. Schon seit dem Prozeß hatte ich ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen, doch kaum war ich aus meinem Schlummer erwacht und hatte mich wieder an die Arbeit gemacht, hörte ich Gerüchte, daß er bitterböse auf mich sei, weil ich, nachdem er gegen mich ausgesagt hatte, freigesprochen worden war, was zwangsläufig seinem Ruf schadete. So habe er geschworen, sich an mir zu rächen, komme, was da wolle. Aus recht zuverlässiger Quelle erfuhr ich, daß er mit aller Macht den Archon zur Ablehnung meines Stücks zu überreden und obendrein Philonides davon abzubringen versucht hatte, die Einstudierung zu übernehmen. Ich gestehe, daß ich dieses Verhalten selbst von einem Mann, der in meiner Achtung tiefer als je zuvor gesunken war, höchst übertrieben fand. Trotzdem traute ich mich nicht, in irgendeiner Weise Vergeltung zu üben, da dadurch alles nur noch schlimmer hätte werden können. Ich weiß, ein Mann soll seinen Freunden helfen und seinen Feinden schaden, doch damals hatte ich einfach keine Lust dazu.
    Darüber hinaus war mir zu Ohren gekommen, daß sich Aristophanes verstärkt mit den Oligarchen eingelassen hatte, und obwohl man zu jener Zeit derartige Gerüchte über jeden hören konnte, wenn man wollte, war ich doch geneigt, es in diesem Fall zu glauben. Das Wesentliche an dem Gerücht bestand darin, daß Aristophanes eng mit dem bekannten Heerführer Phrynichos befreundet sein sollte, was nach meinem Dafürhalten tatsächlich durch verschiedene Äußerungen in seinen Komödien bestätigt wurde. Außerdem bemühte sich Aristophanes angeblich nach besten Kräften, sich bei Peisandros einzuschmeicheln, dem zweiten Haupträdelsführer; doch offenbar konnte Peisandros ihn beim besten Willen nicht gebrauchen und wollte anscheinend auch sonst nichts mit ihm zu tun haben. Das wiederum vermochte ich nur zu gut nachzuvollziehen, denn welche Charakterfehler Peisandros auch aufwies, ein gewisses Maß an gesundem Menschenverstand war ihm nicht abzusprechen, und der Sohn des Philippos wäre für jedes Vorhaben, dem er sich angeschlossen hätte, eindeutig ein Hindernis gewesen. Doch falls an dem Gerücht irgend etwas stimmte, dann schien es Aristophanes mit der oligarchischen Sache vollkommen ernst zu meinen und sich daran nicht nur aus Spaß und Übermut zu beteiligen. Er betrachtete sich selbst als Teil der maßgeblichen Gruppe, sah sich dort gemeinsam mit den Besten an der Spitze und wähnte sich wahrscheinlich schon bald in der Position, um einige alte Rechnungen begleichen zu können, wie zum Beispiel mit mir. Nun kann ich in aller Aufrichtigkeit behaupten, daß mir diese Aussicht keineswegs schlaflose Nächte bereitete; als einziges bereitete mir die Vorstellung Kopfzerbrechen, er beabsichtige

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