Wallenstein (German Edition)
Der Fürst wankte in die Schlafkammer.
In derselben Nacht besprach Maximilian mit dem Pater im tiefsten Vertrauen das Notwendige. Staunend, ergriffen hörte der Pater die Pläne des Bayern. »Rede Ehrwürden sanft mit dem Böhmen. Er ist jähzornig. Warte Er einen guten gleichmäßigen Tag ab. Melde Er der Herzoglichen Durchlaucht meine Zuneigung und Wohlmeinung. Wenn sich Irrungen und Zwietracht gelegentlich zwischen unseren Heeren gehalten haben, so werde das in Zukunft sich beheben lassen. Wage Er sich offen damit heraus, daß der Franzos sich an mich herangemacht hat. Die friedländische Partei ist in Kürze verloren. Wir haben beide Macht, ich und der Böhme. Es wird sein Schade nicht sein, wenn wir uns gut im Reich miteinander verhalten.« Erst frühmorgens, als es im Hof der Burg von den Wagen des abreisenden Jesuiten rasselte, legte Maximilian sich auf dem Bett zurück. Fast augenblicklich verfiel er in einen betäubten Schlaf. Nicht einmal die Zeit fand er, den Rosenkranz aus der Hand zu legen; der klapperte neben dem Bett auf die Diele.
Die Freudigkeit, Glückseligkeit, Munterkeit des Fürsten, die langen folgenden Tage; eine Bräutigamsunruhe und zwangsartige Rastlosigkeit. Seine Drechseleien ließ er liegen, er gedachte seiner verflossenen Italienfahrt, ihn trieb es aus München fort. Die feierliche Donnerstagsprozession machte er noch mit, selbst barhäuptig im Zuge mit einer brennenden Kerze vor dem ganzen Hofstaat; dann wurde Alexander Abondius, der Florentiner Bildhauer, in die Residenz befohlen; der Kurfürst reiste mit ihm ins Land, Verdunk, der Kunstkämmerer und Guardaroba, folgte, eine Handvoll Hatschiere. In Nürnberg stand das neue Pellerhaus, reiche Front, prächtig die vier Stockwerke, Fenster bei Fenster, hoch die Giebelfassade; Galerien des Hofes, Säulengänge. Sie ritten in der heißen Augustsonne, von Ratsmännern geleitet, durch die langen Gassen, über Märkte und Plätze. Teppiche von den farbig bemalten Balkons, Stockwerk vor Stockwerk sich herausschiebend, überschattend die tieferen Fenster, Dächer von Zinnen umgeben, vorgekragte Ecktürmchen. Das Nassauerhaus. Der junge Abondius lobte den Herkulesbrunnen zu Augsburg, die Nymphen, Wasserspeier. Der Wittelsbacher fragte nach Kurieren, drängte, von Süßigkeit und Schrecken erfüllt, zurück.
Wie sie vor München am Isartor erschienen, meldete der starke Torwächter, es seien gestern nacht fünf kaiserliche Obersten angekommen, die der wohledle gestrenge und hochgelehrte Herr Bartholomäus Richel empfangen und in ihr Quartier zum Goldenen Kreuz geleitet habe. Mit Staunen sah sich Maximilian am nächsten Morgen in seiner Audienzkammer sitzen, Ehrengeschenke des Herzogs von Friedland in den Händen drehen, die metallenen Schalen und Krüglein befühlend, hinstellend, ihnen an die Kehle fassend. Er hielt, während die Offiziere Abschied nahmen, einen Arm über die Metallwölbung, zwei Finger in die Höhlung hinein; es schien ihm, zwischen Entsetzen und Gelächter schwebend, als ob er mit Wallenstein spräche. Und sonderbar war ihm dabei, als ob er in einer Unwirklichkeit lebe, hier säße; ihn mußte etwas verzaubert haben, eine leise Angst schwelte über ihm: wenn das Spiel erst zu Ende wäre. Und während die Türen geöffnet wurden, Kammerdiener, Oberstkämmerer erschienen, ihn zur Messe einzukleiden und abzuholen, passierte ihm, daß er gedankenlos dastand, nicht wußte, was er dachte, nicht einmal, was mit ihm geschah. Saß gebannt in seiner Residenz; wie in Scham vermochte er nicht hinüber zu seinem Vater; ließ viele Stunden am Tag unbesetzt, man wußte nicht zu welchem Zweck. Die Depeschen kamen. Contzen meldete übergroße Freundlichkeit des Generals, dabei die gänzlich fehlende Geneigtheit, das Geringste von Maximilians Plan zu verstehen; er, Contzen, müsse natürlich aufs äußerste vorsichtig sein und sich vor direkter Deutlichkeit bewahren; der Herzog sei ergötzt von dem Zugeständnis in Sachen Mecklenburgs, aber bisher hätte sich nicht einmal eine Andeutung des bayrischen Plans ermöglichen lassen; nun wolle er noch nicht verzagen vor diesem absonderlich treuen Diener des Kaisers. Gleich hinterher ritten aus dem friedländischen Hauptquartiere zwei Offiziere ein: sie sollten vertraulich verhandeln über das Verhalten der Armeen zueinander; wie weit die Liga abzurüsten gedenke; die beiden Herren waren sehr aufgeräumt, schienen die Auffassung aus Gitschin mitzubringen, die Kurfürsten täten den ersten Schritt
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