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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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zur Unterwerfung. Richel bearbeitete sie kühner, wagte gleichnisweise von einer Abschwenkung Friedlands von Habsburg zu reden, da Wallenstein selbständiger Reichsfürst sei, auf der Fürstenbank mit den andern säße und sich wie sie seiner Haut zu wehren hätte. Taube Ohren, Unwillen über das ärgerliche Beispiel. Richel verblüfft vor dem Kurfürsten: er stände vor einem Rätsel; man könne es Treue nennen, es sei auch Borniertheit. Oder Friedland sei auf noch Höheres aus, etwa gegen den Kaiser.
    Weich glitt es von Maximilian ab, trübe Augen, ein stumpfes mattes Gefühl behielt er zurück. Schläfrig dankte er Richel; er möge in dieser Sache nichts weiter unternehmen. Er saß ein, zwei Stunden dämmernd auf demselben Stuhl, allein in seiner Kammer; eine Hilflosigkeit hielt ihn befangen; er rekelte sich, seufzte. Ja, nun werde er wieder zu Hause sein, zurück von der Reise. Da lag auf dem Tisch die Rolle Torquato Tassos, die der Dichter ihm in Italien gewidmet hatte. Neue Briefe seiner Bundesverwandten, vom Kölner, vom Bischof von Bamberg. Sie wollten Hilfe; die alte Last, die alten Ketten. Ein glühendes Weh überflutete mitleidlos seine Brust, Gram, tiefer Widerwillen. Wie er an den Kaiser und Friedland dachte, ballte er die Fäuste vor Schmerz, spannte sich auf seinem Sitz hoch, rang sich zur Ruhe.
    Maximilian ließ den Wallensteinischen Offizieren erklären, er müsse über die angeregten Punkte mit seinen Bundesverwandten korrespondieren; eisig, wie sonst, gab er Richel den Auftrag, die Herren mit Geschenken zu verabschieden. Sie ritten schmähend ab, die Bayern hätten sie nur aushorchen wollen.
    Vervaux, Maximilians Beichtvater, war über Land; Eilboten mußten ihn zurückholen. Der alte Herzog Wilhelm, Maximilian, Vervaux saßen zusammen beim Essen; die stille, gespannte Runde; sie gingen mit dem Kurfürsten auf sein Kapellenzimmer. Der Kurfürst sprach mit einer lieblichen Stimme, die grauenhaft aus seinem leblos sitzenden Körper klang; er bitte sie beide, ihn zu fragen. Er antwortete dann anders als sonst; während er sonst die Worte in seinem Munde sich ansammeln ließ, bis sie vereist und gefroren waren, stürzte er sich auf jede Frage und gab blindlings, lechzend Bescheid, gesangreich. Er wußte zuerst nicht, was er vom Friedländer gewollt hatte, er schien von der Erinnerung gepeinigt zu sein, dann äußerte er, er hätte sich mit einem verächtlichen Menschen eingelassen, mit einem Knecht, einem toten Leibeigenen des Kaisers; ein satanischer Trieb habe ihn plötzlich bewegt, dem er nicht hätte widerstehen können. Er schien eine Bestätigung dafür von ihnen zu verlangen. Ein Ekel vor sich selbst erfüllte sichtlich den Kurfürsten, als hätte er etwas Tiefgemeines berührt. Er bat um Strafe. Vervaux sprach zu ihm. Während der Pater und der alte Herzog sich voreinander verneigten, der Herzog in Glückstränen über seinen Sohn, stand der schnaubend in seinem Schlafzimmer, ließ Läden und Vorhänge schließen. Eine einzige Wandkerze brannte neben der Tür. Der Oberstkämmerer nahm dem stummen Fürsten Seitengewehr Gurt Barett Überkleid Mantel ab; zwei Kämmerer nestelten an dem Wams, zogen es ab; Schuh Hosen Leinenhosen streiften sie herunter, als er auf der gepolsterten Truhe saß; sie schleiften hinaus mit den Sachen. Flüsternd mühte sich der Leibkammerdiener um ihn, zog ihm das Schlafhemd über die zwinkernden Augen. Seidene Pantoffeln; er schüttelte den Kopf, als der Leibbarbier eintrat, ihn mit Tüchern zu frottieren. Unbeweglich, allein stand der bärtige Mann eine Zeitlang im leeren Zimmer im Hemd, vom Bett auf den Boden blikkend, vom Boden auf das Bett. Ließ das Hemd auf die Hüften herab, band es mit den Ärmeln zusammen. Auf dem kleinen polierten Tisch neben seinem Bett stand ein schwarzes vierekkiges Kästchen. Mit ruhigen kalten Fingern, während er tönend, fast schluchzend zu atmen anfing, zog er das Schlüsselchen hervor, das in einem Seidenbeutel an seinem Hals hing. Einen ledernen Stachelgürtel griff er bei den Enden, schlang ihn um die Weichen, zog, zog, sich gegen die Türe schleppend, die brennenden Augen auf das Mariengesicht unter der Kerze gerichtet. Geriet in Atem, stöhnte, sein Mund blieb weit offen stehen. Er konnte sich nicht genug tun. Seine Blicke blind, erloschen; schnürte den Gürtel fest. Nach der kleinen Peitsche mit den Stahlkügelchen tastete er zitternd mit der Linken, die Zähne verbissen, schwarz hüllte sich alles um ihn ein. Klatschend schlug

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