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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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herunter; über das Tischchen gebeugt, ohne sich zu setzen, diktierte Ferdinand: »Wenn es der göttlichen Majestät gefällig sein wird, uns aus diesem irdischen Jammertal durch den zeitlichen Tod abzufordern, so befehlen wir unsere edle Seele im alten katholischen Glauben, in starker Hoffnung auf unsern einigen Seligmacher Jesum in sein heilig unschuldiges Leiden und Sterben. Und wir rufen in ganz inbrünstigen Bitten ihn an, er wolle durch das unaussprechliche Werk seiner gnadenreichen Erlösung uns unsre Sünden, unsre Übertretungen gnädiglich verzeihen; auch durch Fürbitte seiner allerheiligsten, glorwürdigsten Mutter, der allerreinsten Jungfrau Maria, des heiligen Evangelisten Johannes, der heiligen Augustin, Antonius von Padua, der heiligen Maria Magdalena, Cäcilie, Katharina und des seligen Ignaz, des Stifters der Jesugesellschaft. Er wolle unsre arme Seele mit seinen göttlichen Gnaden in die himmlische Freude aufnehmen.« Er traf die Bestimmung, daß seine Eingeweide am Sterbeort bestattet würden, sein Leichnam in der von ihm erbauten Kapelle der heiligen Jungfrau und Martyrin Katharina zu Grätz, das Herz zu den Klarissinnen.
    Nicht lange darauf, noch vor Beginn des Winters, erlebte die Hauptstadt die größten Festlichkeiten seit Menschengedenken in ihren Mauern: die Vermählung des kaiserlichen Witwers mit der jungen wunderschönen Prinzessin Eleonore von Mantua. Entschlossen hatten Räte und Lamormain darauf gedrungen; der Kaiser, erst außer sich, dann in der Furcht, ganz verdrängt zu werden, widerstrebte nicht. Mit vieler Sanftheit und Ehrerbietung, schmerzvoll und demütig bat der alte Eggenberg, seines Fürsten Freiwerber zu sein. Auf einer Pilgerfahrt nach Loreto, angesichts der wunderbergenden morschen Hütte, die Engel von Bethlehem nach Oberitalien getragen hatten, aus dem Türkenlande in die beglückte Christenlandschaft, begegnete Eggenberg zuerst der eleganten und zarten Eleonore, brachte ihrem Vater und ihr die Wünsche des Imperators des Heiligen Römischen Reiches vor. Der Herzog von Mantua sprach seiner Tochter kaum zu; da sie wußte, daß er es wollte, verneigte sie sich tief, legte ergeben ihre Hand in die offenen Hände des feinen alten Höflings, der so liebevoll von seinem mächtigen, in der nordischen Barbarei hausenden Herrn redete; ihm verlobte sie sich in Vertretung an; der Bischof von Mantua, der sie getauft hatte, sprach den Segen beim Ringwechsel. An diesem Tage hatte in Wien der Kaiser die Erhebung seines Freiwerbers zum Herzog von Krumau verfügt. In der Hofkirche zu Innsbruck begegneten sie sich, von Priestern einander zugeführt; sie sahen sich vor dem Altar zum erstenmal. Die Prinzessin blickte weg, erschüttert von dem gramzerrissenen, halb hilfeflehenden, halb stumpfen Gesicht, das über den ungeheuren Prunkmänteln, über den millionenwerten Halsketten Agraffen Spitzen Bordüren und Ringen sich bewegte; das verquollene ältliche graubärtige Wesen, versteckt in der Schale, mißtrauisch und leidend. Sie wußte nicht, wie sie erschrak und zu der goldenen klingelnden Monstranz blickte – den Baum des Lebens darstellend, der sich hoch mit Blattwerk wand, in dessen Laub wunderbar verborgen Maria saß und singenden Engeln zuhörte –, daß auch der andere sie fürchtete und sich in leisem Haß zusammenzog. Reich war sie gekleidet, ein hochrotes Kostüm trug sie, die Perlenkrone auf dem braunen spröden Haar hatte nicht mehr Farbe als ihr kleines sicher geschnittenes Gesicht mit den dunklen dicken Augenbrauen und dem unentwickelten Mund, der plötzlich trocken wurde. Ihr Oberkleid und Unterkleid trug goldene Ornamente; in den linken Unterärmel war das Wappen von Österreich eingewebt, die Schleife an ihrer Hüfte zeigte den Namenszug Ferdinands. Auf aller Pracht saß ihr eigener, alter, weißer Spitzenkragen und sprach schmachtend dem kalten Hals und dem übermütigen Kinn zu. Ein langer Zug alter Männer, Bürger, Edle und Geistliche, trat am Nachmittag vor die Angetrauten in den vom Erzherzog Leopold verschwenderisch geschmückten Rittersaal des Schlosses; sie brachten achtzigtausend Gulden als Geschenk der Landschaft. Salzburg und das heimatliche Grätz wurde berührt. Als man sich Wien näherte, war das Gefolge so groß, daß die Bürgerschaft der Stadt einen Teil ihrer Quartiere räumen und Baracken beziehen mußte. Vier Kompagnien schwerer Reiter zogen dem Kaiserpaar entgegen. Noch war das Stubentor zu bewältigen, wo Herr Daniel Moser, der Bürgermeister der

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