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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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Inhalt
sowieso jederzeit aus seinem Gedächtnis abrufen konnte:
     
    Geliebter
Camille!
    Das
Versprechen, das ich dir gegeben habe, ist erfüllt.
    Das Tor
zur Unterwelt ist verschlossen.
    Ich
wünschte, ich wäre zu mehr imstande gewesen.
    Von hier
aus reise ich in mein eigenes Niflheim,
    wo der
andere Gegenstand für immer verborgen sein wird.
     
    Dein Olaf
     
    Die
norwegischen Worte über verschlossene Tore hatten in seinem Rausch dazu
geführt, dass Don in Selbstmitleid versank. Wenn er nun einfach aufgäbe und
Eberlein den Stern übermittelte, würde sich bestimmt alles, was mit der
schwedischen Gerichtsbarkeit zu tun hatte, wie von selbst klären.
    Ein paar
Wochen in Haft, und dann würden sie einsehen, dass ein vollkommen unschuldiger
Mann unter Drogeneinfluss unten am See bei Erik Hall herumgetorkelt war.
Jemand, der absolut nichts mit dem plötzlichen Tod des Tauchers zu schaffen
hatte. Denn durch einen unglücklichen Zufall angeklagt und verurteilt zu werden,
so etwas konnte in Schweden ganz einfach nicht geschehen.
    Als Don
mit seinen Überlegungen so weit gekommen war, hatte er aus seiner Erinnerung
heraus ein Schniefen gehört, das von dem Schnauzbart im Polizeigebäude in Falun
kam. Das Geräusch hatte ihn dazu bewogen, noch ein paar mehr Kapseln mit
Pentobarbital aus dem Kärtchen herauszudrücken sowie keine voreiligen Entscheidungen
zu fällen, zumindest nicht an diesem Abend. Außerdem hatte er noch nie gehört,
dass etwas Gutes dabei herausgekommen wäre, wenn man den Deutschen vertraute.
    Nachdem
der Barmann ihn schließlich durch die Tür hinausgeschoben hatte, wankte Don
auf wackeligen Beinen vom Minneplein zurück in Richtung Hotel Langemark. In
seinem schwarzbraunen Samtanzug passte er sich farblich ans Dunkel der Nacht
an, während er an den Spitzbogenfenstern der Tuchhallen entlangwanderte.
    Als Don
über den Grote Markt hinweg an der schmalen Ziegelfassade des Hotels
hinaufschaute, war sein erster Gedanke, dass man irgendwelche
Renovierungsarbeiten vorgenommen hatte. Denn zwischen zwei Fenstern in der
dritten Etage hing ein Plakat in Form eines weißen Kreuzes.
    Als sich
das Kreuz langsam nach links zu bewegen begann, blinzelte Don, um klarer sehen
zu können. Er versuchte, sich an seine früheren Erfahrungen mit angstlösenden
Barbituraten zu erinnern, doch diese Art von Halluzinationen war ihm völlig
neu.
    Ein Stück
näher am Hotel konnte Don erkennen, dass das Trugbild jetzt sowohl Beine als
auch Arme bekommen hatte. In einer Höhe von fünfzehn, ja vielleicht sogar
zwanzig Metern kletterte eine Person in Bluse und flatternden weiten Hosen an
der Ziegelfassade entlang. Obwohl Don sie sofort erkannte, wollte er nicht
glauben, dass es die Rechtsanwältin war, die dort gerade ins Wanken geriet und
kurz davor war, den Halt zu verlieren.
    Instinktiv
begannen sich seine Beine vorwärts zu bewegen, und er lief in der hoffnungslos
kurzsichtigen Absicht auf das Hotel zu, um der Rechtsanwältin zuzurufen, sie
möge herunterkommen.
    Doch als
er nahe genug herangekommen war, so dass Eva ihn vielleicht würde hören können,
sah er, wie im offenen Fenster hinter ihrem Rücken ein Schatten auftauchte.
Eine schmale Gestalt in einem schwarzglänzenden Anzug, die sich an der
Ziegelfassade festhielt und ihr nachkletterte. Sie bewegte sich geschmeidig und
erstaunlich schnell auf die Rechtsanwältin zu, wie eine Spinne auf dem Weg zu
ihrer Beute.
    Eva hatte
gerade das nächste Fenster erreicht, als Don sich die Hände an den Mund hielt,
um eine Warnung zu brüllen. Doch genau in dem Moment geriet die Rechtsanwältin
aus dem Gleichgewicht, und er konnte in seinem eigenen Körper spüren, wie sie
die Balance verlor und fiel.
    Dem
spindeldürren Schatten gelang es mit einem gekonnten Sprung an der
Ziegelfassade entlang, irgendwie zu ihr aufzuschließen. Er ergriff einen der
wild um sich fuchtelnden Arme und bekam die Rechtsanwältin wie einen Fisch am
Haken zu fassen. Das verdoppelte Körpergewicht schien für ihn kein Problem
darzustellen, denn die Hand und die Füße des Schattens hafteten wie mit
Saugnäpfen an den Steinen der Fassade.
    Mit einer
Art Pendelbewegung wurde Eva wieder hinauf zum Fenster befördert, woraufhin Don
erleichtert ausatmete, bis er sie laut schreien hörte. Sie hatte sich befreit;
zugleich hatte sie ihn erblickt und bedeutete ihm jetzt mit dem Arm, dass er
weglaufen solle. Dann wurde die Rechtsanwältin nach hinten gezogen, verschwand
im Inneren des Hotels, und der Grote Markt lag

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