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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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wieder verlassen und still da.
    Zurück
blieb der Schatten in der schwarzglänzenden Kluft, der nun sein Gesicht in Dons
Richtung drehte und sich mit schnellen Bewegungen die Ziegelfassade
hinunterbewegte. Als er sich auf Höhe der ersten Etage befand, setzte er zu
einem weiteren Sprung an.
    Don drehte
sich auf unsicheren Beinen um und begann so schnell zu laufen, wie er nur
konnte, während ihm fast die Luft wegblieb. Er bog in die Rijselsestraat ein,
dann nach rechts in die Burchtstraat und folgte den leuchtenden Pfeilen auf dem
Touristenstadtplan seiner Erinnerung. Auf Höhe der Post lief er nach links und
dann den Kiesweg in den Park hinein, bis er sich außerhalb der Stadtmauer
befand, wo er die Augen schloss und zwischen hupenden Autos hindurch über die
vierspurige Oudstrijderslaan stürmte.
    Er hielt
nicht eher an, bis er die Touristenbusse erreicht hatte, die auf dem Parkplatz
auf der anderen Straßenseite standen. Ging im Schutz der buntlackierten
Fahrzeuge in die Hocke und sah sich zum ersten Mal um. Doch nachdem er mehrere
Scheinwerferpaare abgewartet hatte, begriff er, dass ihm keiner mehr folgte.
    Im
Laufschritt begann Don sich weiter in Richtung der südlichen Stadtteile zu
bewegen. Die unter den Arm geklemmte Schultertasche presste er wie ein
schützendes Amulett gegen seinen Körper.
     
    Die
Morgendämmerung dauerte noch an, als er nach ungefähr einer Stunde endlich das
Ieper Vrachtterminal erreichte. Er beugte sich vor und glitt unter den
gelbschwarzen Schranken am Wärterhäuschen hindurch, das nach wie vor nicht
besetzt war. Lief in geduckter Haltung weiter über Eisenbahnschienen und
Schotter hinweg, während er überlegte, wie lange es wohl dauerte, bis die
Rechtsanwältin vom Güterbahnhof und dem Waggon auf Gleis Nummer sieben
berichten würde.
    Der
leuchtendgrüne Green Cargo-Waggon stand verlassen im gleißenden Licht, und als
Don die schwarzen Lettern des Logos an den Seitenwänden erblickte, spürte er,
dass ihn in der Tat Heimweh befiel. Er öffnete mit dem Schraubenschlüssel das
Schloss, schob die Schiebetür einen Spaltbreit zur Seite und kletterte hinein.
    Er
verharrte eine Weile still in der Lücke zwischen der Masonitfassade und der
schmutzigen Innenwand des Waggons. Fuhr zusammen, als eine flämische
Lautsprecherstimme ertönte und sich ein Zug pfeifend aus der Ferne näherte. Als
die schweren Waggons in den Güterbahnhof hineindonnerten, öffnete Don die
Scharniere in der Masonitschicht und zwängte sich in die Passage, die zum
wohnlichen Schlafwagenabteil führte.
    Hier roch
es noch immer muffig und abgestanden, und er tastete sich im Dunkeln voran, bis
es ihm gelang, die Porzellanlampe über dem unteren Bett anzuschalten. In dem
gedämpften Licht konnte er sehen, dass alles noch genauso war, wie sie es vor
ein paar Tagen verlassen hatten: Der Bettüberwurf war zusammengeknüllt, und auf
dem kleinen Nachttisch stand der aufgeklappte Laptop. Auf dem Teppichboden
konnte man die Spuren seiner Stiefel erkennen, die er nun aufschnürte und
auszog, bevor er mit dem Kopf in die Hände gestützt aufs Bett sank.
    Der an der
Fassade entlangkletternde Schatten und Eva Strands wankende Gestalt dort oben.
Ihre verzweifelte Geste, er möge weglaufen, und wie sie schließlich
verschwand, hineingezogen in die Dunkelheit.
    Don
bewegte seine Finger zögernd über die Tastatur des Laptops, woraufhin er mit
einem leisen Rauschen ansprang.
    Er spürte
die Spitzen des Seba-Sterns in seiner Innentasche unter dem zusammengefalteten
Zettel. Der verlockende Vorrat an chemischen Tranquilizern in seiner
Schultertasche ... Doch jetzt war nicht der Augenblick für die Einnahme von
Beruhigungsmitteln, und ebenso wenig konnte er sich einfach aufs Bett werfen
und für immer die Augen schließen. Stattdessen richtete er seinen Blick auf den
Bildschirm, der endlich zum Leben erwacht war.
     
    Don gab
die Codes ein, die er Eva Strand vor einiger Zeit anvertraut hatte, und die
ihm Zugang zum Server im betonierten Raum unter der verlassenen U-Bahnstation
in Kymlinge verschafften. Der Zweck bestand darin, dass sie beide mit Hex
würden kommunizieren können, falls etwas Unerwartetes eintreffen sollte. Mit
diesem Verlauf der Ereignisse hatte Don allerdings nicht gerechnet.
    Als er
Kontakt zum Server der Schwester bekam, leuchtete der Smiley auf, und die
Mundwinkel zeigten, dass Hex dieses Mal zu Hause war. Don spürte, wie ihm ein
angenehmer Schauer über den Rücken lief, als wäre eine Welle der Wärme von

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