Wallentin, Jan
seine Fingernägel begutachtete.
»Und worum
geht es hier?«, fragte er schließlich.
»Worum es
hier geht«, erklärte Eberlein, »ist, dass Sie einen weiteren Sprung in der
Entwicklung der Menschheit möglich gemacht haben, indem Sie Strindbergs Stern
gefunden und hierhergebracht haben. Und wenn sich der Stern und das Kreuz heute
Nacht wieder vereinigt haben, wird man die unterbrochene Arbeit der Stiftung
fortsetzen können.«
»Die
unterbrochene Arbeit der Stiftung ... ?«, fragte Don.
Auf der
Suche nach etwas Aufmunterndem steckte er eine Hand in seine Umhängetasche.
Nach etwas, das ihn von dem zunehmenden Gefühl zu träumen befreien würde.
»Die Sache
ist folgende«, begann Eberlein. »Ich habe die Geschichte über Nils Strindberg
vielleicht ein wenig beschönigt, als wir uns in Stockholm getroffen haben.«
»Es
existierten also gar keine Sphären?«, murmelte Don, während er in die Tasche
schaute und nach dem passenden Tablettenkärtchen Ausschau hielt.
»Strindbergs
Sphären?«, schnaubte Eberlein. »Sie haben sie doch auf den Negativen von der
Fahrt mit dem Heißluftballon selbst gesehen, haben Skizzen in Strindbergs
stenographischen Laboraufzeichnungen betrachtet und die Koordinaten im
Hinblick auf die Verschiebung des Strahls in seinem Expeditionstagebuch eingesehen.
Was benötigen Sie mehr?«
Don zuckte
resigniert mit den Schultern und drückte dann vier Tabletten aus der Folie, die
er sich auf die Zunge legte. Eva seufzte von ihrer Sofaecke aus, doch es
kümmerte ihn nicht. Stattdessen schluckte er sie hinunter und nickte Eberlein
zu, dass er bereit sei für die Fortsetzung.
»Nein,
alles, was ich Ihnen in der Bibliothek der Villa Lindarne erzählt habe, war
historisch korrekt, bis hin zum Auffinden der Öffnung hinunter in die
Unterwelt«, erklärte Eberlein. »Was ich meine, betrifft die Geschehnisse danach. Die
Wahrheit ist nämlich, dass wir wissen, wer Nils Strindberg, Ingenieur Andree
und Knut Fraenkel dort draußen im Eis der Arktis umgebracht hat. Es ist der
Stiftung bereits seit dem Frühjahr 1901 bekannt.«
Eberlein
rutschte auf dem Sofa wieder nach hinten und setzte sich zurecht. Erneut schien
es, als ob er sich angesichts seiner eigenen Worte stetig verjüngte, während
sich die Falten in seinem Gesicht nach und nach zu glätten begannen und
schließlich ganz verschwanden.
»Ich weiß
nicht, ob Sie sich daran erinnern, dass ich Ihnen Nils Strindbergs etwas wirre
letzte Aufzeichnungen gezeigt habe. Das, was er auf der Rückseite von Knut
Fraenkels meteorologischen Blättern notierte, als er sich unten in der
Gletscherspalte vor seinen Verfolgern versteckte. Strindberg schrieb, dass das
Kreuz und der Stern von Fremden gestohlen worden waren, die die Expedition
mitten in der kahlen Weite des Eises überfallen hatten. Laut Strindberg
verblutete Fraenkel zu diesem Zeitpunkt bereits an seinen Schussverletzungen.
Ingenieur Andree war ebenfalls erschossen worden, und auf Strindberg selbst
wartete ein langer Prozess des Dahinsiechens. Das Tor hinunter zur Unterwelt
stand offen, und Strindberg nannte einen Namen. Er schrieb >der Ältere wurde
Jansen genannt<.«
Don rief sich
die verlaufenen, mit Tinte hingekritzelten Zeilen in Erinnerung und nickte
widerwillig.
»Deswegen«,
fuhr Eberlein fort, »war es für die Geschäftsleute der Stiftung ein
aufsehenerregendes Ereignis, als man im März 1901 einen Brief erhielt, der mit
genau diesem Namen unterzeichnet war, beziehungsweise mit >Reeder J.
Jansen<. Die Absenderadresse war eine Anwaltskanzlei in Hamburg. Und als die
Stiftung zu den Juristen dort Kontakt aufnahm, wurde eine ziemlich
unrealistische Bedingung gestellt. Es zeigte sich, dass diese >Fremden<,
wie Nils Strindberg sie nannte, in Wirklichkeit einer Gruppe armer norwegischer
Walfänger angehörten. Sie waren dem schwedischen Ballon von Svalbard aus übers
Meer gefolgt und hatten die Jagd über das Packeis der Arktis auf Skiern
fortgesetzt. Wie es ihnen gelungen war, die richtige Route übers Eis und die
Schweden an der Mündung des Tunnels ausfindig zu machen, hat bis heute noch
niemand herausgefunden. Eine Theorie besagt, dass Knut Fraenkel die Geschichte
über den Bunsenbrenner und die Koordinaten der Sphären bereits im Lager auf
Danskön an die Norweger verraten hat. Wir wissen, dass ihr Dampfschiff mehrere
Wochen lang neben Andrees Expeditionsfahrzeug Svensksund unten im Hafen von
Virgo vor Anker lag. Wie auch immer, es war den Norwegern jedenfalls gelungen,
die Öffnung nur
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