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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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Himmel vollständig geöffnet, und vor
dem Fenster stürzten schwarze Wassermassen herab.
    Ein
verdammter Idiot ...
    Er
brauchte nur die Augen zu schließen, um wieder unten in der Grotte zu stehen
und das knackende Geräusch zu hören, das durch das Gewölbe hallte, als er das
Kreuz von den Fingern losschnitt, daraufhin nach hinten überkippte und ins
kalte Wasser des Beckens stürzte.
    Es
zischte, als Erik zwischen aufeinandergebissenen Zähnen Luft einsog, um aus der
Tiefe des Berges wieder hinauszufinden.
    Beim
nächsten Atemzug gelang es ihm, seine Beine über die Bettkante zu bewegen. Er
setzte seine nackten Füße auf den Flickenteppich und versuchte das Gleichgewicht
zu halten, bevor er es wagte aufzustehen.
     
    Der Donner
übertönte das Knarren der Schlafzimmertür, als er sie aufschob.
    Er blieb
mitten im Raum stehen, ohne genau zu wissen, warum. Er versuchte es zu
vermeiden, in die Ecke zu schauen, in der die Tauchertasche mit dem Kreuz im
weinroten Handtuch eingewickelt stand.
    Schließlich
konnte er es doch nicht bleibenlassen.
    Als er das
Bündel aus der Tasche hob, fühlte es sich ganz leicht an, er ließ seine
Fingerspitzen durch die Frotteeschichten gleiten, bis sie den Schaft des
Kreuzes berührten. Dann blieb er eine Weile reglos stehen und heftete seinen
Blick auf die dunkle Fensterreihe.
    Weit
unterhalb des mit Kiefern bewachsenen Abhangs hinter den Regenschleiern lag der
kleine Waldsee. Wenn er einfach in den Sturm hinausginge, den dunklen Pfad
hinunter, und das Kreuz in der Tiefe versenken würde     wären die blöde Fotze,
Dykedivers und all die verdammten Zeitungsleser dann zufrieden? Ja, und wenn er
schon mal dabei war, könnte er sich auch gleich selber in die Tiefe stürzen.
Denn eins stand fest: Keiner würde nach ihm suchen.
    Doch dann
glitt das Handtuch ein wenig zur Seite und entblößte das perfekte weiße Metall,
das kein Mensch freiwillig in einem Waldsee versenken würde. Während der Regen
gegen die Scheiben hämmerte, ließ Erik seine Finger entlang der Öse gleiten.
Das Kreuz strahlte eine Kälte aus, als hätte es in einem Kühlschrank gelegen.
Sie zog ihm durch die Fingerspitzen übers Handgelenk und in den Arm hinauf, so
dass er sich nach Licht sehnte.
    Er ging auf
die Türöffnung in Richtung des kleinen Flurs zu, zog seinen Kopf ein, um
hindurchzugelangen und verschwand durch das Dunkel in Richtung Küche.
     
    Obwohl es
gerade mal später Nachmittag war, hätte es genauso gut Mitternacht sein können.
Der Lichtschein der niedrig hängenden Porzellanlampe erleuchtete nur einen
kleinen Teil des Küchentisches. Er setzte sich auf das ausziehbare Sofa mit
dem Rücken zum Fenster und legte das Kreuz vorsichtig in die Mitte des blassen
Lichtkreises.
    Es war
ungefähr dreißig Zentimeter lang und, wenn er es richtig einschätzte, aus einem
Stück geschmiedet. Doch die Oberfläche des Metalls war nicht ganz glatt: Auf
ihr schlängelte sich eine Art Dekoration. Millimeterhohe Erhebungen, die allzu
fein waren, um sie auf dem weißen Untergrund mit bloßem Auge erkennen zu
können. Er hatte es bereits mit einer Lupe und einer starken Taschenlampe
versucht, allerdings ohne Erfolg. Hatte schließlich aufgegeben und das
gespenstische Kreuz in Erwartung Titelmans wieder eingewickelt, so dass er es
nicht mehr ansehen musste. Wenn der Blödmann überhaupt jemals kommen würde.
    Er schaute
hinüber zum Spiralblock neben dem Telefon, auf den er die Nummer des Forschers
mit Bleistift gekritzelt hatte. Sollte er ihn noch einmal anrufen ... sollte er
... apropos ... Bleistift?
    Erik
hangelte sich am Sofa entlang zum Telefon und griff nach dem Block und
Bleistift. Zurück am Tisch, riss er zuerst Titelmans Nummer heraus, um sie
aufzuheben, obwohl er sie längst auswendig wusste. Das nächste herausgerissene
Blatt Papier begann er zerstreut um den Schaft des Kreuzes zu wickeln.
    Als das
dünne Papier fest genug saß, nahm er den Bleistift zur Hand und strich mit
seiner stumpfen Spitze über den Verzierungen hin und her.
    Ein Blitz
direkt hinter seinem Nacken ließ die Hand mit dem Stift zusammenzucken, während
er sich unwillkürlich zur Fensterscheibe umdrehte.
    Durch den
strömenden Regen hindurch konnte man kaum noch den Holzzaun ausmachen. Er
begann zu zählen, hunderteins, hundertzwei ... und bei hundertdrei kam der
Knall, als würden zwei gewaltige Topfdeckel gegeneinanderschlagen. Wenn es so
weiterging, würde das Gewitter direkt über das Haus hinwegziehen.
    Als Erik
seinen Blick

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