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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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haben. Wie gesagt, ich
habe die Version der Polizei bereits gehört und ...«
    Die Frau
schielte zu ihm hinauf, ergriff dann sanft seine Hand und half ihm, den Riegel
nach oben zu bewegen. Erik zog zögernd das Tor auf.
    »Ich bin
bereits dort gewesen und habe mir den Schacht angesehen, in dem alles
geschehen ist«, fuhr die Frau fort, während sie einige geschmeidige Schritte
den Kiesweg entlang machte. »Ich weiß, dass ich recht kurzfristig gekommen bin,
aber eine Begegnung mit Ihnen, Signor Hall, und die Geschichte von Ihrem Tauchgang
... das wäre von großem Interesse für unsere Leser. Sie müssten nur mal den
Stapel an Leserbriefen sehen!«
    Erik griff
sich erneut an den schmerzenden Punkt im Nacken und versuchte seine Gedanken im
Hinblick auf das junge Mädchen zu sortieren. Schließlich musste er angesichts
seiner Bedenken grinsen und nickte ihr zu, sie solle ihm zum Haus hinauf
folgen.
     
    Während
Elena Duomi ihre Stiefel auszog, ging Erik vor ihr in die Küche. Dort nahm er
das Kreuz vom Tisch, um sich nicht noch einmal lächerlich zu machen.
    Er
wirbelte es zwischen seinen Fingern herum und schaute sich um. Dann entschied
er sich für den Stapel mit Zeitungen neben dem Kamin. Ein paar Schritte, dann
runter in die Hocke, und hinein damit; er schob den Schaft noch etwas weiter,
so dass das Kreuz mitten im Stapel verschwand. Er war gerade wieder
aufgestanden, als er ihre Schritte hörte.
    Sie
setzten sich an den Küchentisch. Elena öffnete ihre Tasche und holte ein
kleines Diktaphon hervor, das sie zwischen sie stellte. Dann drückte sie auf
Ree.
    »Exklusiv
für >La Rivista< ... Italiens Wochenzeitschrift für Mystik und Okkultes:
ein Interview mit dem schwedischen Taucher Erik Hall.«
     
    Als die
italienische Journalistin anfing, all die Fragen zu stellen, die er inzwischen
schon oft gehört hatte, kamen Eriks Antworten so automatisch, dass er sich Zeit
nehmen konnte, ihr Gesicht näher zu betrachten.
    Vielleicht
war sie doch nicht mehr ganz so jung. Sie hatte etwas Schwermütiges, und
manchmal wirkte ihr Blick unsicher und flatterte an den Küchenwänden entlang,
als suche sie nach etwas.
    Doch bald
hatte Erik keine Zeit mehr, sich Gedanken über Elenas Gesicht zu machen, denn
italienische Journalisten waren offenbar sehr sorgfältig. Trotz ihres
gebrochenen Englisch brachte sie ihn dazu, in seinem Inneren immer wieder die
Grubengänge abzuschreiten und Beobachtungen zu äußern, um die sich nicht mal
die Polizei geschert hatte.
    Das meiste
Interesse widmete die Italienerin dem Gewölbe, in dem er die männliche
Vitriolleiche gefunden hatte. Sie stellte Fragen über die Kreidestriche,
schien aber bereits zu wissen, dass die Verse über Niflheim und Näströndu aus
der Edda des Isländers Snorri Sturluson stammten. Und nicht nur das. Anhand
ihrer Fragen wurde schnell klar, dass die Italienerin bedeutend mehr über die
altnordische Höllenlehre wusste als er selbst, und dabei hatte Erik schon
einiges herausgefunden, bevor die Asenmordtheorie im Sande verlaufen war.
    Als sie
schließlich eine Pause einlegte, und Erik aus dem Küchenfenster schaute,
stellte er fest, dass es bereits Abend geworden war. Er begann zu überlegen,
wie lange es ihm wohl gelingen würde, sie bei sich festzuhalten.
    »Jetzt
müssen Sie aber etwas zu trinken bekommen.«
    Elena war
gerade dabei, ihm eine Frage zu stellen, als er sie unterbrach. Sie winkte mit
einer Handbewegung ab, doch Erik war bereits aufgestanden.
    Er begann
in diversen Schränken herumzuwühlen und erblickte zufällig einige Kerzen in
Leuchtern, die mit Grünspan bedeckt waren. Stellte sie auf den Tisch, nahm
Streichhölzer zur Hand und zündete sie an. Wieder beim Schrank entdeckte er
endlich die drei Flaschen Pata Negra, die seine Mutter vor langer Zeit
hinterlassen hatte. Er selber bevorzugte hochprozentigen Alkohol, wenn er sich
volllaufen lassen wollte, aber er konnte ja mal eine Ausnahme machen.
    Er
entkorkte die Flasche, füllte zwei Gläser bis zum Rand und reichte das eine
zwischen den brennenden Kerzen hinüber. Einen Augenblick lang dachte er, sie
würde ablehnen, doch dann nahm sie es entgegen.
    »Grazie.«
    Die
Italienerin nahm einen großen Schluck und schloss ihre schwarz geschminkten
Augen.
    Als sie
wieder aufschaute, änderte sich der Charakter ihres Gesprächs.
    Sie
begannen sich darüber zu unterhalten, was der Vitriolmann da unten in der Grube
eigentlich gewollt haben könnte. Wie lautete Signor Halls eigene Ansicht dazu?
Wie war seine

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