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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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seine Hände ineinander und straffte den weißen Stoff zwischen den
Fingern.
    »In der
Notiz, die Strindberg seinem Paket beifügte, erwähnte er weder Sven Hedin noch
die Taklamakan-Wüste. Er schrieb lediglich einige kurze Zeilen, in denen er
ihn zu einer sorgfältigen Analyse des Kreuzes und des Sterns und einer raschen
Antwort aufforderte. Und das Erste, was der fotografisch interessierte Nils
tat, als er die Gegenstände untersuchte ...«
    Eberlein
entnahm dem Metallschrein einen flachen rechteckigen Karton, der aus Pappe zu
sein schien. Er stellte ihn auf den Tisch und entfernte die Schnüre, um den
Deckel anzuheben. Ganz oben lag eine Schicht aus gräulich verfärbter Watte, die
Eberlein entnahm und vor ihnen ausbreitete. Dann steckte er seine Hand erneut
in den Karton und holte eine Reihe fragiler Glasplatten hervor, die er
vorsichtig auf der weichen Unterlage ablegte.
    Don beugte
sich vor, um besser sehen zu können.
    Anfänglich
sah er aufgrund des Lichts, das sich im dunklen Glas spiegelte, nicht viel,
doch als Eberlein ihm mit seiner Hand Schatten spendete, bestand kein Zweifel
mehr. Auf dem oxidierten Silber der Glasplatten leuchtete ein perlweißes Kreuz
mit einer Ose, und neben dem Kreuz lag ein stark glänzender Stern mit fünf
Strahlen.
    Neben die
Gegenstände hatte jemand einen Zollstock gelegt. Don konnte ablesen, dass das
Kreuz inklusive Öse 42,6 Zentimeter lang war und einen Querschaft von 21,3
Zentimeter Länge besaß. Auf einem der anderen Bilder befand sich eine
handschriftliche Notiz, die besagte, dass der Seba-Stern einen Durchmesser von
11 Zentimetern hatte.
    »Es ist
etwas ganz anderes, wenn man es zu sehen bekommt, nicht wahr?«, meinte
Eberlein.
    Jetzt
hatte sich auch Eva über den Tisch gebeugt. Sie ergriff vorsichtig die graue
Watteschicht, zog die Glasplatten näher zu sich heran und betrachtete sie.
Eberlein nahm ein weiteres Paar dünner Baumwollhandschuhe aus dem Stapel und
reichte es ihr. Sie streifte sie über, hob die spröden Gläser an und
betrachtete sie.
    »Kollodiumnegative«,
erklärte Eberlein, als sie sie eine Weile angeschaut hatte. »Die Emulsion
besteht aus Zellulosenitrat, das in Alkohol aufgelöst wurde, und benötigt zehn
Sekunden Belichtungszeit. Ansehnliche Schärfe, nicht wahr?«
    Don konnte
sehen, wie sich Evas Augen im dunklen Glas spiegelten.
    Als
Eberlein die nächste Watteschicht entfernt hatte, konnte man auf dem Boden des
Kartons ein Bündel vergilbter Notizblätter erkennen. Sie sahen aus, als wären
sie mit Stahldraht zusammengehalten, auf dem obersten Blatt befand sich ein
schwacher Stempelabdruck:
     
    Hochschule Stockholm - Berzeliuslaboratorium
     
    Unter dem
Stempel folgten immer enger werdende Zeilen mit Zahlen und Abkürzungen, die nachlässig
in dunkelblauer Tinte hingekritzelt waren.
    Der
Deutsche legte das Papierbündel auf den Tisch neben die Glasplatten. Dann
zwirbelte er den Stahldraht auf, nahm die erste Seite zur Hand und reichte sie
Don zusammen mit einem Paar weißer Handschuhe.
    »Von den
Versuchen Mitte Juni 1895«, klärte Eberlein ihn auf.
    Don gelang
es, vereinzelte chemische Bezeichnungen wiederzuerkennen, doch den restlichen
Text, der in einer verschlungenen Handschrift abgefasst war, konnte er
unmöglich entziffern.
    »Arends'
Stenographisches System«, erläuterte Eberlein. »Nils Strindberg schrieb immer
in Kurzschrift, wenn er allein im Laboratorium arbeitete. Das Blatt, das Sie
gerade betrachten, dokumentiert seine frühen Versuche mit Säure. Später
versuchte er auch, die Oberfläche des Metalls mit Hilfe anderer Chemikalien zu
beeinflussen, doch ohne Erfolg.«
    Eberlein
legte einige Blätter zur Seite.
    »Das hier
stammt von einem Zeitpunkt später in der Nacht, als er begann, die Inschrift
des Kreuzes zu untersuchen. Nils Strindberg benutzte sowohl Lupe als auch
Mikroskop, doch seine Anmerkungen hier sind ziemlich wirr, weil er keine
Erklärung dafür fand, wie es jemandem überhaupt gelingen konnte, in die Oberfläche
des Kreuzes etwas hineinzuritzen. Denn ihm selber gelang es erst gar nicht,
dessen Oberfläche in irgendeiner Form zu beeinträchtigen, nicht einmal mit der
Nadel des Berzeliuslaboratoriums, die eine Spitze aus Diamant besaß. Eine
andere Tatsache, die ihn verblüffte, war das äußerst geringe Gewicht des
Gegenstandes.«
    Eberlein
zeigte auf eine Spalte mit durchgestrichenen Zahlen.
    »Auf der
Waage des Laboratoriums erreichten das Kreuz und der Stern kaum einen
Ausschlag.«
    Er
blätterte

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