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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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Tisch ab. Eine
silberne Teekanne, drei goldumrandete Tassen auf goldenen Untertassen und
daneben: ein diskreter Stapel aus weißem Baumwollstoff, den Don nach einigen
Augenblicken als mehrere Paar dünner Handschuhe identifizieren konnte.
    Eberlein
stand auf, ging um den Tisch herum, und als er mit wenigen Bewegungen das
Porzellan arrangierte, klirrte es. Der aus den Tassen aufsteigende Dampf
verbreitete einen betäubenden Duft nach Mohn und Zimt, und Don ließ seine
Finger auf der Jagd nach zwei Kapseln aufmunternder Amphetaminderivate in die
Tasche gleiten. Der Deutsche führte nachdenklich die Porzellantasse an seine
roten Lippen:
    »Wie auch
immer«, berichtete Eberlein weiter, nachdem er einen Schluck getrunken hatte,
»Strindbergs Versuch mit dem Kreuz und dem Stern ging schief. Er war ja, wenn
man es genau betrachtet, eine Art Scharlatan, ein Poetchemiker, wie er sich
selbst gerne nannte. Doch wenn es darum ging, den Ursprung und die Eigenschaften
eines Materials zu bestimmen, war sein Wissen viel zu oberflächlich. Außerdem
war Strindberg in der betreffenden Zeit etwas launisch, und nach einem Monat
missglückter Versuche war er >Hedins Wüstensachen<, wie er sie nannte,
überdrüssig geworden. Und da er nicht zugeben wollte, dass die Versuche unbefriedigend
verlaufen waren, schickte er lediglich eine kurze Erklärung, in der er log,
dass das Kreuz und der Stern ihm ganz einfach abhandengekommen seien, und er
sie wahrscheinlich im Cafe du Cardinal im zweiten Arrondissement verloren
hatte. Sven Hedin war natürlich rasend vor Wut, doch von seinem Standort in der
zentralasiatischen Einöde aus konnte er kaum etwas dagegen unternehmen.«
    Eberlein
ging auf den Tisch zu und ließ seine Fingernägel über die Oberfläche des
Metallschreins bis hinunter zur Rückseite gleiten, wo eine Art Schließe ein
klickendes Geräusch von sich gab ...
    »Nein, August Strindberg
kam mit dem Kreuz und dem Stern nicht weit.«
    Dann
entfernte er zwei Splinte an den Seiten, und der Verschluss sprang auf.
    »Wer
Klarheit in die Historie bringen will, liebt den Sammler, nicht wahr,
Titelman?«
    Eberlein
stand mit der Hand auf seiner Stuhllehne da und betrachtete den Inhalt des
Schreins.
    »Ja, wir
lieben Menschen wie August Strindberg, die dermaßen von ihrer eigenen Größe
überzeugt sind, dass sie Wäscherechnungen, Einkaufslisten und selbst die
kleinste minderwertigste Skizze datieren, um sie für die Nachwelt zu erhalten.
Man sagt, dass mindestens zehntausend Briefe von ihm erhalten sind, an Nietzsche,
Georg Brandes, Zola ... und dann sind da noch die Briefe, die Strindberg gegen
Ende des neunzehnten Jahrhunderts an seinen Cousin Johan Oscar, oder Occa, wie
er in der Familie genannt wurde, geschickt hat. Die Freundschaft der beiden war
in der Tat so eng, dass August schließlich Pate von Occas Sohn Nils wurde.
Jetzt fügte es sich so, dass dieser Nils Strindberg zu diesem Zeitpunkt, im
Spätwinter 1895, zu einem der vielversprechendsten jungen Physiker und Chemiker
herangewachsen war. Wir wissen zum Beispiel, dass Occa in einem Brief vom 7. Februar
1895 seine Erfolge in Bezug auf elektrische Resonanz erwähnte, und dass
Strindberg nur eine Woche später eine Reihe von physikalischen Fragen direkt an
Nils' Adresse an der Hochschule in Stockholm schickte. Nils sandte daraufhin
eine ausführliche Antwort, die ebenfalls erhalten ist, zusammen mit einigen
Dutzend Briefen. Im Laufe des Frühjahrs wurde er so etwas wie der Vertraute
August Strindbergs, ja nahezu ein Verschworener, was die alchimistische
Forschung betraf. Allmählich wurde der Ton zwischen den beiden persönlicher,
und in den letzten Briefen vom Juni 1895 kann man lesen, dass Nils über die
Langeweile im sommerlich öden Stockholm klagte, wo man jegliche
wissenschaftliche Arbeit zur Seite gelegt hätte. Als Antwort erhielt er
daraufhin eine Sendung seines Patenonkels aus Paris, die zwei Gegenstände
enthielt: ein Kreuz, das mit einer Öse versehen war, und einen fünfstrahligen
Stern in ägyptischer Form.«
    Es
klirrte, als Eberlein seine Porzellantasse abstellte. Dann setzte er sich
wieder an den Tisch gegenüber von Eva und Don, zog den Metallschrein etwas
näher zu sich heran und zog sich bedächtig ein Paar Baumwollhandschuhe an.
    »Was ich
Ihnen jetzt zeigen möchte, dient hauptsächlich als Vergleichsmaterial für Erik
Halls Fund im Bergwerk. Doch ich nehme an, dass es auch aus anderen Gründen
lohnenswert sein könnte, es anzuschauen.«
    Eberlein
verschränkte

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