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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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Andrees Hütte auf Svensksund durchgeführt und den Bunsenbrenner
kurz vor der Abfahrt zusammen mit dem Kreuz und dem Stern in einem
verschlossenen Sack aus Segeltuch an Bord geschmuggelt. Der Sinn bestand darin,
Knut Fraenkel sowie allen anderen Schweden das Geheimnis vorzuenthalten, doch
irgendwie musste er dennoch Kenntnis von der Existenz der Instrumente erhalten
haben. Strindberg schien Andree im Verdacht zu haben; ein paar Zeilen weiter
steht etwas darüber ...«
    Eberlein
strich mit seinem baumwollbekleideten Finger über einige verwischte Worte ein
Stück weiter unten auf der Seite.
    »Eigentlich
ist es erstaunlich«, fuhr er fort, »dass Nils Strindberg überhaupt die Ruhe hatte,
sich dieser Frage zu widmen. Denn die Ballonfahrt war zu diesem Zeitpunkt
bereits in eine Katastrophe ausgeartet. Als man über den Hafen hinaus aufs
offene Meer kam, hatte ein Fallwind die Segel ergriffen und den Ballon auf die
Wellen hinuntergedrückt. Man war so stark gesunken, dass die Gondel mit einem
Ruck gegen die Wasseroberfläche prallte, und als es Andree und Strindberg
endlich gelang, neun der Sandsäcke zu leeren, hatte man zwar wieder an Höhe
gewonnen, doch dabei hatte sich der Ballon zur Hälfte um seine eigene Achse
gedreht, so dass er nun rückwärts fuhr. Die Drehbewegung hatte außerdem dazu
geführt, dass mehrere der wichtigen Schleppseile aus ihren Verankerungen
gezogen wurden, und man den Ballon nicht länger steuern konnte. Doch anstatt die
Expedition abzubrechen, schienen Andree und Strindberg bei dem Gedanken daran,
das Kreuz und den Stern im Meer zu verlieren, von Panik erfasst worden zu sein,
so dass sie weitere Sandsäcke leerten. Der Adler stieg
unkontrolliert auf eine Höhe von fast sechshundert Metern. Als sie die Winde
wieder spürten, kehrte ihr Mut zurück, denn sie wehten immer stärker in
Richtung Nordost.«
    Eberlein
zeigte auf einige Ziffern:
     
    akt. Pos.
lt. A. (ungef.) 79°51'N- 11°15'0
    geschätzte
Distanz z. Pos. d. Strahls - 560 km
    40 Knoten,
ungef. Zeit - 8 Std.
     
    »Hinter
ihnen lagen jetzt die Gletscher und Felsspitzen von Svalbard, während sich
unter ihnen das schwarze Meer ausbreitete, und Nils Strindberg notierte, dass
er ein Dampfschiff erblickt hatte, das versuchte, ihnen zu folgen. Sie halfen
sich gegenseitig, die noch verbliebenen Schleppseile zu spleißen und mit
anderen Tauen zu verlängern, doch inzwischen segelte der Adler viel zu
hoch, um noch manövrierfähig zu sein. Er glitt in immer dichter werdende
Nebelbänke hinein; es begann ziemlich kalt zu werden, und der dünne Seidenstoff
des Ballons wurde heruntergekühlt. Der geringe Luftdruck bewirkte, dass man
weitaus schneller als erwartet Wasserstoff verlor, und dennoch ging Strindberg
weiterhin davon aus, dass man die Position des Strahls noch vor dem Abend würde
erreichen können.«
     
    Eberlein
las einige letzte Gegenstände vom Boden des Metallschreins auf: eine Handvoll
schwarz-weiße Filmnegative hinter Glas, die er mit seinen Baumwollfingern auf
dem Tisch aufreihte. Dann schob er eine der gläsernen Platten zu Don hinüber,
so dass die Fotografie neben der gewölbten Seite des Tagebuchs zu liegen kam.
    »Das erste
Bild, das Strindberg von der Gondel aus aufnahm«, erklärte Eberlein.
    Auf dem
gläsernen Negativ war außer einer dünnen schwarzen Linie kaum etwas zu
erkennen.
    »Sie
müssen daran denken, dass die Farben komplementär abgebildet werden«,
erinnerte ihn Eberlein. »Sie nähern sich der weißen Kante des Packeises.«
    Dann schob
er ein weiteres Negativ hinüber - mit zwei hellen Sphären und einem schwarzen
Strahl. Unterhalb der unteren Sphäre konnte man den zusammengeschmolzenen Stern
und das Kreuz über der dunklen Flamme des Brenners erkennen.
    »Strindberg
machte diese Aufnahme eine Stunde später, unten im Inneren der Gondel bei den
Liegeplätzen. Der Ballon fuhr nun auf einer Höhe von siebenhundert Metern. Die
Wolkenschicht bewirkte, dass alles vor Feuchtigkeit troff, und er wagte sich
wohl letztlich aus diesem Grund daran, den Bunsenbrenner dort anzuzünden und
die Position des Strahls zu kontrollieren. Der kleinste fehlgerichtete Funken
hätte zu einer Katastrophe führen und den Adler in einen
Feuerball verwandeln können.«
    »Und was
ist das dort?«, fragte Don und deutete auf einige weiße Markierungen am
untersten Rand des Negativs.
    »Himmelsrichtung
und Uhrzeit«, antwortete Eberlein. »Strindbergs Kamera war mit einem
Mechanismus ausgerüstet, der jedes Bild markierte. Dieses

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