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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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Als
Strindberg schließlich die Vorbereitungen für die Demonstration der Reaktion
mit seinem Bunsenbrenner traf, merkte Andree an, dass er an Antiquitäten und
Kunstgegenständen nicht weiter interessiert sei, und die Sphären schrieb er
zuerst als billigen Trick ab. Dann gab er vor, zu wenig Geldmittel zur
Verfügung zu haben. Vor der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften
hatte Andree behauptet, dass die gesamte Expedition nur 130 000 Kronen kosten
würde, doch diese Summe war viel zu knapp berechnet. Jetzt gab er zu, dass er
das Projekt ein wenig schöngeredet hatte, um Oskar II und Alfred Nobel dazu zu
bewegen, jeweils eine Donation beizusteuern. Und als man den Kaffee servierte,
zu dem Cognac und Zigarren gereicht wurden, war Nils Strindberg klar, dass
Andrees Nordpolpläne eine Charade gewesen waren, um größere Berühmtheit zu
erlangen. Außerdem war es für ihn ein Schock, dass der Ingenieur bis dahin
zusammengenommen gerade mal neun Ballonfahrten absolviert hatte, von denen die
meisten mit Havarie endeten. Andree behauptete sogar, dass er nach einer
unglücklichen Landung auf Gotland, wohin ihn im Frühling desselben Jahres der Wind
von Göteborg aus getrieben hatte, immer noch unter Rückenschmerzen litt.«
     
    Um
ausreichend Platz zum Ausbreiten der zusammengeklebten Karte zu haben, hatte
Eberlein den Metallschrein an die äußere Kante des Tisches geschoben. Jetzt
holte er ihn zurück und stellte ihn vor sich auf Höhe der Küstenlinien der
Normandie und Bretagne ab. Don warf einen Blick zu Eva hinüber, als der
Deutsche erneut den Verschluss öffnete. Sie drehte ihm ihren Arm mit dem
Zifferblatt ihrer Uhr zu, und er sah, wie sie leicht den Kopf schüttelte.
    »Dass die
Expedition überhaupt stattfand, lag ausschließlich an Nils Strindberg. In einem
Brief vom 17. August fragte er seinen Vater Occa, wie man denn an eine größere
Geldsumme gelänge, um Andrees Projekt verwirklichen zu können. Occa, der als
Großhändler auf den Handel mit Hamburg und Berlin spezialisiert war, riet ihm
anfänglich stark ab, vermittelte jedoch schließlich den Kontakt zu einer Gruppe
deutscher Geschäftsleute. Am 3. September 1895 stiegen Nils Strindberg und
Andree auf dem neu erbauten Bahnhof Berlin Zoologischer Garten aus, und nach
einer Demonstration der Sphären mittels des Bunsenbrenners gelang es ihnen, die
Deutschen von der Finanzierung zu überzeugen, die sich auf eine Summe von zwei
Millionen Kronen belief. Man befand sich in einer Zeit, in der das Interesse
für Ägypten einen Kulminationspunkt erreicht hatte, und die Deutschen sicher
von den makellosen Funden inspiriert waren, die die Engländer kürzlich im Tal
der Könige ausgegraben hatten. Die Financiers erhofften sich ganz einfach, dass
sich Strindbergs Navigationsinstrument als eine Schatzkarte erweisen würde.«
    Über
Eberleins Gesicht huschte ein nach innen gekehrtes Lächeln, woraufhin er
fortfuhr:
    »Doch man
stellte eine Reihe von Bedingungen. Die erste Forderung der Geschäftsleute
bestand darin, dass das Hauptziel der Ballonfahrt
die Erforschung des Gebiets nördlich von Svalbard sein sollte, auf das der
Polarstern wies; ein eventuelles Erreichen des Nordpols war in ihren Augen
nebensächlich. Die zweite Bedingung bestand darin, dass die schwedischen
Donatoren von ihrem Engagement nichts erfahren dürften, weil man seine
industriellen Kontakte zum Nobelunternehmen im Hinblick auf militärische Handelsbeziehungen
nicht aufs Spiel setzen wollte. Man nahm an, und das nicht ohne Grund, dass
Alfred Nobel in irgendeiner Form reagieren würde, wenn er erführe, dass
Andrees Nordpolexpedition aufgrund deutscher Interessen zweckentfremdet worden
war. Die dritte und letzte Bedingung bestand darin, dass alle Informationen im
Hinblick auf den Bunsenbrenner, das Kreuz und den Stern sowie eventuelle Funde
in dem ausgewiesenen Gebiet geheim gehalten werden und für alle
Zeiten ausschließlich von einer Stiftung mit Sitz in
Nordrhein-Westfalen verwaltet werden sollten. Ingenieur Andree verweigerte
zuerst seine Unterschrift, bis Nils ihn schließlich überredete.«
    Don sah,
wie Eberlein den Deckel des Schreins anhob und ein kleines grünkariertes Heft
hervornahm. Der Umschlag des Hefts bestand aus einem glatten Material, das
einem Wachstuch glich. Die Blätter zwischen den Heftdeckeln schienen wellig und
gewölbt, als wären sie starker Feuchtigkeit ausgesetzt gewesen.
    »Nach zwei
Jahren Vorbereitung stampfte das Expeditionsfahrzeug am 30. Mai

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