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Wallner beginnt zu fliegen (German Edition)

Wallner beginnt zu fliegen (German Edition)

Titel: Wallner beginnt zu fliegen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas von Steinaecker
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zehn Jahren, deswegen kein Palaver wegen Lores Gewicht, deswegen auch keine second thoughts seitens Costins, als er eingeladen wurde.
    Inzwischen ist die Assistenten-Tante – Costin nennt jetzt die junge sportive Frau mit dem Headset Assistenten-Tante – gekommen und hat ihn abgeholt. Zur Begrüßung hat Lore Costin neben die Wange, rechts, links, in die Luft geküßt und „Hallo, Costin, wie geht es dir“ gesagt.
    Costin nimmt neben Peter E. Platz, der glücklich aussieht. Peter E. grinst. Auch Lore schmunzelt. Hat Costin auf dem Weg hierher was verpaßt?
    „So, CO oder besser Costin, jetzt erzähl mal“, sagt Lore. „In einer meiner ersten Sendungen warst du ja damals mit deiner Band, den“, Lore liest ab, „ PingPongs zu Gast. Das ist jetzt über ja, ogottogott, machen wir das hier schon so lange?, das ist über zehn Jahre her. Wie isses nun, mit dem Leben danach?“
    Lore will jetzt vor allem was zu Almtrieb hören, keine Frage, dem Gebumse, Aylin, was da wirklich gelaufen ist, was für eine dumme Sau Aylin sei oder ähnliches.
    Schon bevor Costin aus den Kulissen kam, war er etwas nervös, doch das war kein Vergleich zu jetzt, seine Augen müssen sich in sich drehende rotweiße Spiralen verwandelt haben, Schweiß muß ihm auf der Stirn stehen, was dann hoffentlich später geschnitten wird, bitte. Erst als er auf einem Monitor am Rand der Bühne sich in der Totale neben Peter E. und Lore sitzen sieht, wird er ruhiger, er befeuchtet seine Lippen, sagt: „Ja, also“, lehnt sich zurück und faltet die Hände hinter dem Kopf.
    42
    Die Fahrstuhltür ist aufgegangen, und er hat plötzlich – ohne daß es einen Auslöser dafür gegeben hätte, also wirklich gar nichts, optisch, akustisch oder geruchstechnisch, geraucht hatte er ja auch nichts – diese Szene vor Augen gehabt, wann? vor 20 Jahren oder mehr vielleicht, diese Fahrradtour mit Mama und Tata, wo er vorausgefahren war und dann vor einem Ortsschild, keine Ahnung jetzt, wie der Ort hieß, gewartet hatte, ewig, „Griaß God“ hatte darüber gestanden, über dem Ortsschild, genau, irgendwann, erst nach einer Stunde oder so, hatte ihn Tata auf dem Handy angerufen und hatte rumgedruckst, von wegen, wo steckst du, warum bist du, weißt du wie lange schon et cetera, bis rausgekommen war, daß er und Mama sich verfahren hatten, was Tata aber unter keinen Umständen zugeben wollte, genau – Costin sperrt die Tür zum BIBO -Büro auf –, Tata, der immer so groß auf: „Hier komm ich her, ne“, und: „Ich wohn hier schon ewig, ne“, und: „Die Leute und ich, ne, wir verstehen uns halt, ne“, gemacht hat . . . Tata also und verfahren, sozusagen vor seiner Haustür, das war schon was, Costin hatte ihnen entgegenfahren müssen, so planlos waren die beiden, verschärfenderweise hatte es dann auch noch zu schiffen angefangen, und auf einmal hatte Tata ausnahmsweise nicht der Mama, sondern ihm, Costin, die Schuld an allem gegeben, als ob sie sich verfahren hätten, weil er, Costin, vorausgefahren war, Tatas übliche Verschwörungskomplotts halt, die Gewerkschaften, die Politiker, die Mama und jetzt eben mal zur Abwechslung Costin – er schließt die Tür hinter sich und geht durch den Flur, er wird ziemlich grantig, das spürt er jetzt –, na gut, sie hatten dann in so einer komischen Pension übernachtet, total Horrorshow, in Costins Zimmer war alles orange gewesen, orange Vorhänge, orange Bettdecke, oranger Teppich, orange Tapete, an der Wand ein Schwarzweißfoto, er sieht es jetzt wieder vor sich, ein Mann in Uniform, schätzungsweise Weltkrieg, schätzungsweise Wehrmacht, ein Familienbild wahrscheinlich, der Herr Papa, der Opa, keine Ahnung, am nächsten Tag waren sie dann weitergefahren, über die tschechische Grenze nach Taus, genau, so ein kleines tschechisches Kaff, an das er jetzt, merkwürdigerweise, überhaupt keine Erinnerungen mehr hat, man müßte eigentlich mal schauen, bei seinen und Anas Filmen zu Hause, im Kellerabteil, ob sich da nicht irgendwo was finden läßt über die Tour damals, andererseits: Sich da durchzuwursteln, das alles zu sichten und sich noch mal den Psychostreß mit der Vergangenheit anzutun, Mama und Tata so zu sehen, von wegen sweet memories, Nostalgie und so, da hat Costin momentan nicht den Nerv für, außerdem auch überhaupt keine Zeit. Später vielleicht. Hinter der verschlossenen Tür des Büros sind Georgis und Julians Stimmen zu hören gewesen, ein Hundelaut von Timmi. OK, sie besprechen die Tourpläne für

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