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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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gösse man heiße Bleitropfen in sein Herz. Er war im Rausch, er hörte nur halb. Durfte er diese große Gnade, diese überschwengliche Huld zurückweisen, ohne den Gebieter aufs tödlichste zu beleidigen? Konnte er sie annehmen, ohne ewig unglücklich zu werden und die schöne Seele, die er liebte, unglücklich zu machen? Was sollte er tun? Was konnte er tun? Einen Augenblick besann er sich – zugreifen! rief sein böser Dämon in ihm. Macht! Glanz, Ruhm! Alles ist dein. Dann aber stand sein Entschluß fest.
    »Es ist vorbei, ich bin verloren,« rief er aus, seinen Kopf von Schmerz überwältigt an die Wand des Gemaches stoßend, »ich muß meines Gebieters Gnade verlieren. Oh, warum mußte es so weit kommen. Warum haben mich die Götter dazu bestimmt, diesen edeln Mann und dies edle Mädchen zu kränken, warum vernichtete mich die Grausamkeit deines Sohnes nicht. Leb' wohl! Laß mich von dir ziehen, ich will hinaus in die Wüste, verbanne mich aus deiner erhabenen Nähe oder besser, töte mich.«
    Der erstaunte Monarch hörte diesen Ausbruch des Schmerzes kopfschüttelnd an.
    »Ich verstehe dich nicht,« sagte er dann gelassen, »beruhige dich und rede deutlicher. Warum soll ich dich verbannen? Warum mußt du meine Gnade verlieren?«
    »Weil –« hier stockte Menes, doch ein Blick in das freundliche Gesicht seines Herrn gab ihm den Mut, fortzufahren. »Weil ich deine Tochter nicht zum Weibe nehmen kann, hoher Herr. Tadle mich! Nenne mich undankbar, vernichte mich – aber du kannst meinen Entschluß nicht wanken machen.«
    »Und warum, fragt dich dein König, schlägst du diese hohe Gunst aus?«
    »Ich könnte lügen, ich könnte,« sprach Menes, »dir ausweichen, aber ich halte es unter meiner Würde, Ausreden zu suchen!«
    Und er sagte ihm, daß er Myrrah liebe, daß er ihr treu bleiben müsse, daß es sein fester Wille sei, sie und keine andere zu besitzen. Er sank dem Monarchen zu Füßen, bereit, von ihm verstoßen zu werden, bereit, statt seiner Gnade seinen Fluch mitzunehmen in die Wüste, in die er sich schon verbannt sah. Lange lag er so am Boden, die Stirne auf die Dielen gepreßt, heiße Tränen vergießend, und wartete vergebens auf eine Antwort aus seines Gebieters Mund. Als er endlich den Kopf hob, war der König verschwunden. Er war gegangen; voll Zornes gegangen, dachte Menes, er verliert nicht einmal ein Wort mehr an dich, seine Diener werden dir seine zürnenden Befehle überbringen. Menes hielt sich den ganzen Tag in seinem Zimmer auf, jeden Augenblick gewärtig, aus dem Palast gewiesen zu werden. Er war unfähig, etwas zu tun, er konnte nur still vor sich hinweinen, denn es war ihm, als verlöre er im König einen Freund. So saß er, bis die Sonne ihre letzten Strahlen dunkelrotblitzend auf das Gold und Elfenbein seines Arbeitstisches warf. Sein Blick überflog die heiteren Farben des Zimmers, das ihm so lieb geworden; ihm war, als müßten die Gestalten an den Wänden traurig die Köpfe hängen lassen, da er sie nie mehr wiedersehen sollte, aber sie taten es nicht, sie lachten teilnahmlos herab, hielten die Lotosblume und schlugen die Harfe, als sei nichts geschehen. Was konnte er dazu, daß er Myrrah liebte und die Königstochter ihm nur Freundin war? Jetzt erwachte um so stürmischer die Sehnsucht nach der blassen, kleinen Jüdin in ihm; er hätte aufstehen und, wie er da war, in einem Atem nach Memphis laufen mögen. »Ich muß zu ihr!« rief er laut. Sein Herz schwoll weh und süß unter dem Hauch liebenden Dranges, seine Phantasie malte sich ihre Gestalt. Da hörte er Schritte vor der Türe. Sie öffnete sich; er erwachte aus seinen Träumen und sah den König vor sich. Jetzt naht es, jetzt bin ich verloren, jetzt gibt mir der den Todesstoß, den ich anbete, fast wie ein Wesen höherer Art. Ist sein Blick drohend? Menes sieht flehend zu ihm empor. Ramses neigt sich mit feuchtem Auge zu ihm nieder, seine Stimme bebt tonlos, wie er ihm ins Ohr haucht: »Sprich nicht mehr davon!« und die beiden Männer sinken sich laut weinend in die Arme.
    *           *
*
    Niemals, mit keiner Silbe, erwähnte der edle Fürst diesen peinlichen Gegenstand wieder. Menes erkannte nur an seinem Ernst, wie sehr er seine Tochter bemitleide, aber die königliche Huld trübte sich keinen Augenblick für ihn. Der junge Mann erzeigte sich nun, da er dies bemerkte, seinem Wohltäter doppelt herzlich; die Zartheit, mit der sich diese beiden Menschen begegneten, war rührend; der Fürst fand seinen Sohn dreifach

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