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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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des süßen Weines genossen oder sein Unwohlsein sei ernsterer Natur, es habe sich in ein heftiges Fieber verwandelt.
    Hierauf verrinnt eine Viertelstunde ohne außergewöhnliche Ereignisse. Der König scheint sehr aufgeräumt, er weiß durch seine lebhafte Unterhaltung die Gesellschaft zu fesseln. Da es alle bemerken, wie er öfter voll Unruhe nach der Türe des Saales blickt, wagt der Prinz ihn zu fragen: ob er irgend etwas vermisse.
    »Ich? Ja,« antwortet sein Vater, »ich erwarte jemand.« Psenophis will eben dem eintretenden Baumeister ein Zeichen geben, damit er die Krane in Bereitschaft setze, als an der Saaltüre ein Zusammenlauf entsteht. Dann nähert sich ein Sklave dem Stuhl des Oberpriesters mit zitternden Knien und flüstert diesem etwas in die Ohren, das er bebend vernimmt und das sogleich die Runde durch die ganze Versammlung macht. Alle stecken die Köpfe zusammen, allgemeine Beklommenheit malt sich auf den Zügen der Gäste, deren Augen sich angstvoll auf den König richten. Einige stehen auf, andere lassen erbleichend ihre Becher aus den Händen fallen.
    »Was setzt die ehrenwerte Versammlung also in Unruhe!« fragte der König, erstaunt um sich schauend.
    »Nun, gibt mir niemand Antwort? Was fiel vor?«
    Keiner wagt zu sprechen. Ramses wartet.
    »Psenophis, ich befehle dir zu sprechen.«
    »Herr,« stammelt dieser, »du scheinst uns in irgendwelcher Weise zu mißtrauen, mein Sklave berichtet mir: Rings um mein Haus habe sich eine Abteilung deiner Krieger versammelt. Zu welchem Zwecke? muß ich fragen. Wenn es meinem hohen Herrn gefällt, möge er gnädigst die Krieger aus dem Bereiche meiner friedlichen Wohnung entfernen.«
    »Erstaunt Euch das?« fragt der König mit bemerkbarer Ironie.
    »Was? Hoher Herr?«
    »Daß Krieger meine Begleitung bilden?«
    »Es ist – ich muß es gestehen – während eines –«
    »Leichenmahles wolltest du wahrscheinlich sagen,« fällt ihm der König ins Wort.
    »Hoher Herr –«
    »Nun?«
    »Festes! wollte ich sagen, nicht üblich, daß Krieger –«
    »Des Königs Leben bewachen?« endigt der Herrscher den Satz.
    »Dein Leben, Herr? Ist es nicht sicher?«
    »Nun hört mir diesen schlauen Kahlkopf,« lacht Ramses, wilde Blicke unter die Bestürzten werfend. »Mein Leben sicher? Würdiger Diener der Götter, könnte ich nicht an einer Gräte ersticken? Oder könnten mich nicht die eifersüchtigen Blicke meines liebevollen Weibes vergiften? Wer weiß, woher ihm Gefahr droht! Mein Leben ist nicht sicherer als das einer Maus, nicht sicherer als das Eure. Um einen fast unmöglichen Fall anzunehmen, könnte nicht diese Decke herabkommen, mich zu erschlagen? Zufall! werdet Ihr sagen – nicht wahr? Ich will Antwort!«
    »Hoher Herr! – Ihr fiebert.«
    Tiefe Stille, man hört die keuchenden Atemzüge der Gäste im Saale widertönen.
    »Oder könnte nicht der Nil plötzlich wahnsinnig werden,« fährt der König mit steigender Erregung fort, »und in diesem Anfall von Wahnsinn hier in dies Gemäuer einbrechen? Haha! ich muß lachen. Warum lacht Ihr nicht mit? Zufall, sagt Ihr? Wie, ist auch das Zufall, Priester, oder Berechnung? Antwort!«
    »Zufall, gnädiger Herr,« keucht dieser, am ganzen Leibe zitternd.
    »Nun, dann ist auch dies Zufall« – und hier steht Ramses auf, schleudert dem wie vernichtet dasitzenden Psenophis den vollen Becher mit wütender Gewalt ins Gesicht und springt mit einem Satze an die Türe des Saales. Eine lähmende Erstarrung hat sich bei der Entwicklung dieses Auftrittes der Verschworenen bemächtigt, sie sitzen wie Mumien, keiner wagt zu reden, keiner aufzustehen, die meisten sehen auf den König, der heftig atmend an der Türe steht, ein Bild edler Entrüstung. Sie fühlen schaudernd, daß sie verraten sind, jedem bangt für seine Zukunft, das Richtbeil hängt über ihren Häuptern. Um aber das Maß des Übels voll zu machen, die Gewißheit, daß sie entlarvt, sicherzustellen, erscheint nun plötzlich neben dem König eine Gestalt, deren sanfter Blick Psenophis ins Herz schneidet, wie ein Schwert, dessen traurige Gesichtszüge der Prinz anstiert, als seien es die eines Geistes. Wahrlich, wäre in dieser Versammlung der Gott Osiris im vollen Pomp seiner Majestät erschienen, das Erstaunen hätte nicht größer, die Zerknirschung nicht tiefgefühlter sein können, als es beim Auftauchen dieses Jünglings der Fall war. Der Prinz stöhnte auf, als er ihn erblickte, die Königin hielt sich die Augen zu, denn der totgeglaubte Menes stand neben

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