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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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vernommen, zum Wohl deines Sohnes, meines guten Königs, verwerten.«
    Das Durcheinanderreden der Versammelten ging in ruhigeres Gespräch über, als der Oberpriester, der Lenker des Rates, Stille gebot; der Lauscher hinter der Säule konnte jede Silbe vernehmen. Zuerst las Psenophis eine Liste ab, welche die Namen aller Königsfeinde enthielt; jeder antwortete, als er aufgerufen wurde, mit »Hier!« Es fehlte keiner. Sodann sprach Psenophis gewandt und schlau über den Zweck des ganzen Unternehmens. Er stellte Ramses den Zweiten als einen Unwürdigen hin, der die Fremden, die Juden zu sehr begünstige und die Kraft des Volkes in nutzlosen Kriegen vergeudete. Er hastete über jeden einzelnen Punkt geschickt hinweg, wußte die kleinen Fehler des Monarchen zu wahren Riesen auseinanderzutreiben und drückte die großen Eigenschaften des Gewaltigen zu Zwergen herab, tat dies aber mit solch verblüffender Zungengewandtheit, daß man ihm oft im Augenblicke recht geben mußte, und man erst später die Falschheit seiner Schlüsse durchschaute. Nachdem er lange genug als Sandkorn den Koloß Ramses bemäkelt, schloß er mit zündenden Worten, die ein lebhaftes Zustimmen seiner Schar hervorrief. Nun besprach man sich flüsternd, so daß unserem Lauscher der Beginn der Unterredung verloren ging.
    »Er kann nichts mehr verraten,« lachte die Königin, etwas lauter als die übrigen, »mein Trank hat ihn stumm gemacht. Dank diesem köstlichen Kraut!«
    »Ihr handeltet gut,« entgegnete Psenophis, »Hui hätte uns gefährlich werden können. Sehr gefährlich! Nun, vor seiner Verräterei sind wir gerettet; der Tod ist ein schweigsamer Bundesgenosse. Aber von anderer Seite droht uns Gefahr.«
    »Gefahr? Woher?« fuhr der Prinz auf.
    »Wo ist die schöne Jüdin, ich sehe sie nicht?« rief der äthiopische Königssohn dazwischen, »sie besucht unsere Zusammenkünfte nicht mehr.«
    »Eben von ihr droht uns Gefahr,« sagte Psenophis.
    »Wie? Von ihr? Unmöglich!« widersprach der Äthiopier, »sie liebt mich, sie ist uns treu ergeben.«
    »Sie liebt den König,« sagte Psenophis mit einem listigen Seitenblick auf die Königin, welche bei diesen Worten zusammenzuckte; »sie liebt ihn innig, sie hat mir mit großer Kühnheit getrotzt, sie weigert sich ernstlich, ihn zu töten.«
    »So töten wir sie!« preßte Urmaa-nofru-râ heraus.
    »Die waghalsige Dirne ist imstande, uns alle unter das Beil des Henkers zu liefern,« fuhr Psenophis fort, »der König ist ihr sehr gewogen; ich für mein Teil glaube, daß er, erfährt er, daß sie unserem Bunde angehörte, sie trotzdem begnadigen wird. Die Gefahr wächst von Stunde zu Stunde, rasches Handeln allein kann uns vom Verderben retten.«
    »Ich nehme es auf mich, dieser Jüdin das Sprechen unmöglich zu machen,« sagte die Königin mit finsterem Stirnrunzeln, »mein Herz ist an dieser Tat beteiligt, nicht bloß mein Verstand. Sie hat mir den Gatten gestohlen, dadurch allein verdient sie den Tod. Lächele nicht, Priester, über meine Eifersucht und lasse mich gewähren. Es wird mir gelingen, ihr ein Gift beizubringen, wenn sie es am wenigsten erwartet. Ich kenne ein Kraut, das, wenn man es im Zimmer verbrennt, einschläfernd wirkt. Habe ich sie dadurch betäubt, so wird es mir ein leichtes sein, sie für immer schlafen zu machen.«
    »Ich bin weit entfernt, Eurer gerechten Entrüstung zu spotten,« gab der Oberpriester zur Antwort, »hohe Frau, Eure Rache ist gerecht, ich selbst rate, der Tänzerin, sobald es möglich, Schweigen aufzuerlegen, da ein Wort von ihr hinreicht, uns alle zu vernichten.«
    Mit Befriedigung gewahrte der Oberpriester die Röte des Ingrimms auf dem Gesicht der Eifersuchtgequälten.
    »Vor allen Dingen bin ich der Meinung,« sprach nun der Prinz mit heiserer Stimme, »daß wir nicht länger dulden dürfen, wie sich ein fremder, aus Memphis kommender Mensch, jung, unerfahren wie ein Knabe, wie sich dieser Menes in der Gunst des Königs befestigt. Dieser Träumer ist es, der es bis jetzt unmöglich machte, einen Schlag gegen den König zu führen, denn trotz seiner Unerfahrenheit, seinem phantastischen Nichtstun lehrt ihn doch seine hündische Treue, wachsam zu sein. Meiner Ansicht nach muß er vor allen übrigen sich aus der Welt begeben.«
    Alle stimmten dem Prinzen bei. Menes in seinem Versteck erkannte mit Schaudern, daß er der Gegenstand des allgemeinen Hasses war, denn sein Name ward nur mit den heftigsten Gebärden der Entrüstung ausgesprochen, er fühlte, daß, wenn

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