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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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Lampe mitzunehmen, diese soll geholt werden. Rasch der Lampe einen Stoß gegeben, damit sie erlöscht. Sein Fuß erreicht sie, sie liegt zerschmettert am Boden; der Docht brennt aber noch matt im schwimmenden Öl. Er flieht hinter die Bildsäule; zu spät; die Türe wird geöffnet.
    »Was ist das?« hörte er den keuchenden Psenophis rufen. »Herbei! Es war jemand hier, wir sind belauscht!«
    Ferne Stimmen geben Antwort. Der Docht am Boden legt sich um und erlischt. Dem armen Menes schwinden die Sinne.
    »Herbei! Herbei!« dröhnte es durch die Hallen. Die kaum Gegangenen kehren lärmend zurück und sehen furchtsam, zweifelnd in das nunmehr dunkle Gemach.
    »Ich sah ihn im Schein der Lampe,« beteuert der Oberpriester.
    »Unmöglich!« ruft die Königin.
    »Er war's! Menes war's! Er hat sich versteckt.«
    »Wer warf die Lampe zu Boden?« schreit es im Chor.
    »Er! Er tat's, um sich zu retten,« entgegnet, am ganzen Leibe zitternd, der Priester.
    »Du träumst,« hallt es ihm zurück.
    »Da ist er; seht ihr dort das Seil vom Dache herabschweben?« stößt er auf einmal frohlockend heraus.
    »Bei Gott! Das ist ein Seil!«
    »Er hat recht, wir sind belauscht. Folgt mir, es soll sich sofort offenbaren.«
    Der Prinz stürzt in den dunkeln Raum, fällt über die Lampe und ruft wütend: »Wer hier?«
    »Tor! er wird wohl Antwort geben,« höhnt die Königin.
    Der Prinz gelangt bis an die Bildsäule. Da schreit er auf und flieht mit blutendem Arm zurück.
    »Ich erhielt einen Dolchstoß,« ächzt er, den Arm haltend.
    »Es ist am Tag,« schreit Psenophis, »wer folgt mir hinter die Bildsäule?«
    Einige der Verschworenen fassen ihre Dolche und dringen zögernd ein; Menes rafft seinen ganzen Mut zusammen, die Verzweiflung leiht ihm Riesenkräfte. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, er stürzt sich wie ein rasender Löwe mitten in die verblüfften Verschworenen, um auf diese Art durch Überrumpelung den Ausgang zu erzwingen. Vergebens! Sie fassen ihn! Ein paar Dolchstöße machen ihn wieder frei. Er rennt zurück, springt auf den Sockel und schwingt sich an dem Seile in die Höhe. Schon hat er den Rand des Daches erreicht, schon glaubt er sich hinaufschwingen zu können, da fühlt er eine Hemmung am Fuße, man hat ihn gefaßt und zieht ihn unter Gelächter und Triumphgeschrei zurück.
    »Ho! Ho!« brüllt der Prinz, »die Jagd ist zu Ende, die Antilope ist gefangen.«
    »Schneidet ihm die Lauscherohren ab!« schrien die übrigen.
    »Nein! Habt ihr meinen Käfig vergessen?« lacht der Prinz, »dahinein gehört das seltene Tier.«
    »Seht, wie es um sich beißt, wie es die Augen verdreht, wie es die Fäuste gebraucht. Wirst du uns nun dem König verraten?« tobt es wild um den Daliegenden.
    Menes ist es, als versänke er im Meere. Vor seinen Ohren rauscht's, vor seinen Augen ziehen flimmernde Bilder vorüber; die Gedanken: verloren zu sein; Myrrah in dieser traurigen Welt allein zu lassen; den König nicht retten zu können – zucken noch einmal wie qualvolle Blitze durch sein zitterndes Hirn, dann ist eine tiefe Bewußtlosigkeit die Folge seiner Anstrengungen und Aufregungen.

    Viertes Kapitel
    Wir kehren zu Myrrah nach Memphis zurück. Ihr glühender Liebhaber hielt sie in strengem Gewahrsam, zeigte sich ihr jedoch von dem Augenblick an, wo sie den Dolch auf ihn gezückt, nicht mehr. So lebte die Unglückliche in einem Zustand fortgesetzter Unruhe, denn, sobald sie Tritte vor ihrer Türe vernahm, vermutete sie den zudringlichen Isaak eintreten zu sehen. Und konnte sie sich auf die Dauer gegen seine Angriffe schützen? Wenn er ihr den Dolch wegnahm? Wenn er Gewalt brauchte! Sie traute ihm alles zu! Schon oft hatte sie die Spitze des Dolches auf ihre Brust gesetzt, jeden Tag nahm sie sich vor, zu sterben, zu jeder Nacht sagte sie: Dies muß die letzte sein; aber der Gedanke an Menes ließ ihren zum Streich erhobenen Arm jedesmal wieder sinken. Auch glomm selbst in dieser verdüsterten Seele noch ein Fünkchen Hoffnung, denn konnte nicht Menes plötzlich vor ihr erscheinen? Oder Isaak, gerührt von ihrer Standhaftigkeit, abstehen von seinem Trachten?
    Eines Abends trat Hadsa, die äthiopische Sklavin, die ihr Isaak gegeben, zu ihr ein.
    »Ach! gute Herrin,« sagte sie verwirrt.
    »Was bringst du mir,« entgegnete ihr Myrrah erschrocken, »du siehst mich so verstört an. Rede! Hast du mir Schlimmes zu melden?«
    »Ich sollte es verschweigen – wenn er mich hörte – es wäre um mich geschehen,« stammelte Hadsa, ängstlich die

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