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Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Titel: Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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kommt.
»Dann sah der Sänger im Fernsehen Ihnen nur ähnlich«, beantwortet der Inder Walpars Frage, noch bevor er sie formulieren kann.
»Ah.« Der Weltraumdetektiv ist erleichtert. »Eine Verwechslung. Ich habe an einer Detektiv-Soap teilgenommen. Als … Titelfigur.«
»So einen Mist guck ich nicht«, winkt der Inder ab.
»Aber Castingshows mit schlechten Sängern?«, versetzt Walpar.
»Schadenfreude macht am meisten Spaß, wenn der Schaden echt ist«, meint der andere. »Das ist ihr Vorteil gegenüber Slapstick.«
Das Gespräch wird unterbrochen, weil die Tür aufgeht und der Gerichtsvollzieher eintritt.
»Wir sind alle verdammt!«, heult der Mann mit dem Bauch.
»Verzeihen Sie die Verzögerung«, säuselt der Gerichtsvollzieher. »Es waren Formalitäten zu erledigen.« Aus seinem Mund klingt das F-Wort wie eine Liebeserklärung. Durchschnittsbürger betrachten es einer aktuellen Umfrage zufolge als Fäkalsprache. In einigen Kreisen hat der Ausdruck »geh ein Formular ausfüllen« dem guten, alten »fuck off« längst den Rang abgelaufen.
»Verraten Sie mir jetzt, wo wir unter uns sind …«, beginnt Walpar, aber der Inder unterbricht ihn: »Ich höre überhaupt nichts!«
»… was es genau mit der Urheberrechtsverletzung, die ich begangen haben soll, auf sich hat?«, komplettiert Walpar.
»Selbstverständlich«, freut sich der Gerichtsvollzieher und zeigt auf den staubigen Aktenordner unter seinem Arm. »Hier steht alles drin.«
Walpar schätzt die Seiten zwischen den Pappdeckeln auf dreihundert, plus/minus einhundertfünfzig. »Ist das alles?«
»Doppelseitig und klein gedruckt«, zuckt der Gerichtsvollzieher mit den Schultern. »Seien Sie froh, denn das Papier wird Ihnen in Rechnung gestellt.«
»Kann ich von den Steuern absetzen«, behauptet Walpar und hält die Hand auf.
»Augenblick. Sie müssen die Bereitstellungsgebühr begleichen, bevor ich Ihnen die Unterlagen übergebe.«
»Mein Pinguin ist derzeit außer Betrieb. Nehmen Sie einen Schuldschein?«
Der Gerichtsvollzieher erbleicht. »Selbstverständlich nicht. Sind Ihnen die wirtschaftlichen Folgen nicht klar? Sie können uns gerne eine Einzugsermächtigung erteilen.«
»Bitte händigen Sie mir die Widerrufsformulare gleich mit aus. Falls Sie sie tragen können.«
»Machen Sie Witze?«
»Nicht vor weniger als einer Million Zuschauern. Und da Sie Ihre hübsche Kamerafrau draußen gelassen haben, muss ich leider ernst bleiben. Sie dagegen dürfen natürlich gerne ein paar Scherze verbreiten, solange es Ihrer Einschaltquote nicht schadet. Warum werden Sie so bleich? Schauen Sie in den Spiegel, wenn Sie keine Angst vor Zombies haben.«
»Wir sind alle verrrdaaammt!«
»Das genügt«, zischt der Gerichtsvollzieher. »Erteilen Sie mir jetzt die Ermächtigung, Gebühren von Ihrem Konto einzuziehen.« Er zückt ein Formular, das traditionell nur aus einer Seite besteht, welche allerdings mit ziemlich kleinen Lettern eng bedruckt ist.
»Gerne«, sagt Walpar, »haben Sie einen Bleistift für mich?«
»Das Formular arbeitet selbstverständlich biometrisch. Ihr Fingerabdruck neben dem Kreuz genügt.«
Walpar presst seinen Daumen auf die bezeichnete Stelle und bekommt ohne Weiteres den Aktenordner ausgehändigt, der die gegen ihn erhobenen Vorwürfe enthält.
Der Gerichtsvollzieher geht ein paar Formulare ausfüllen, und Walpar nimmt im nächsten Ledersessel Platz, nachdem er die ersten Seiten überblättert hat, weil sie Nutzungsbedingungen und Haftungsausschlusserklärungen enthalten, sowie eine umfangreiche Liste von Dingen, die man unter Androhung von Strafen nicht mit den Unterlagen anstellen darf. Dazu gehören auch »Papierflieger falten« und »Ausschnitte in Lyrik oder Prosa verwenden«. Ernsthaft erstaunt ist Walpar über den Satz »Die Verwendung zur Reinigung von Ausscheideorganen ist ausdrücklich ausgeschlossen«.
»Sieht harmlos aus«, meint der Inder plötzlich. Walpar weiß nicht, wie lange der Mann ihm schon über die Schulter schaut.
»Bis hierher«, nickt Walpar. »Obwohl ich wirklich gerne Papierflieger gefaltet hätte.«
»Ich heiße Jankadar«, sagt der Inder und setzt sich auf die Armlehne.
»Das Papier eignet sich nicht gut für Flieger. Das aus den Büchern in den Regalen funktioniert wesentlich besser.«
»Sind Sie schon lange hier drin?«
Jankadar zuckt die Schultern. »Schon. Aber ich habe die letzten drei SubProzesse gewonnen. Allmählich wird denen die Angelegenheit zu teuer. Immerhin müssen sie die Kosten für meine Unterbringung

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