Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)
des Nachbarn zu vergiften. Dann steigt sie eilig aus.
»Was wollen wir hier eigentlich?«, fragt Walpar, als er realisiert, wo sie sich befinden. Als niemand antwortet, rutscht er über den Sitz, um Nera zu folgen.
»Augenblick.« Lang X hält ihn am Arm fest, seine dunklen Augen leuchten. »Eines Sie sollten wissen.«
»Äh… ja?« Walpar merkt, dass er plötzlich zittert.
Lang X schaut, ob Nera ihn hören kann. Dann flüstert er Walpar zu: »Ich haben … dunkles Geheimnis.«
»Bitte jetzt dringend aussteigen!«, kreischt das Taxi.
»Kommt ihr endlich?«, ruft Nera von draußen. »Oder könnt ihr euch nicht einigen, wer bezahlt?«
»Spesenrechnung«, gibt Lang X zurück und trägt jetzt wieder sein professionelles Lächeln. »Ich zahlen.«
Walpar stürmt aus dem Taxi, an Nera vorbei hinein ins Busterminal, stolpert über einen Reinigungsroboter und kann sich so gerade an einer vollschlanken Touristin festhalten, die in beiden Armen riesige Einkaufstaschen trägt, deren Wegwerfdisplays in bunten Farben die neueste Hormonkontrollpille von Bayer 2.0 anpreisen.
»Gerhard«, heult die Frau unter Einsatz ihres beeindruckenden Körpervolumens, »so hülf mir doch!«
Gerhard zieht es allerdings vor, Neras Hinterseite zu begutachten, während die sich bückt, um Walpar aufzuhelfen.
»Alles in Ordnung, Walpar?«, fragt Nera fürsorglich. »Brauchst du eine Pille?«
»Nein«, ächzt Walpar. »Besser zwei oder drei.«
»Dies nicht Schlange zu Finger«, stellt Lang X fest. »Dies Schlange nach Fort Worth Texas.«
»Zum Finger geht's da hinten«, sagt Gerhard und zeigt schräg nach oben, wo ein großer Zeigefinger aus Pappe auf den richtigen Schalter zeigt.
»Danke«, lächelt Nera ehrlich.
»Gern geschehen«, antwortet Gerhard. Er spricht es allerdings aus wie »Lass uns gemeinsam durchbrennen«.
»Oh nein«, haucht seine Frau und hält ihm die Einkaufstaschen vors Gesicht.
12 Charterbus, Weltraum
Walpar muss zugeben, dass er sich ziemlich fremdgesteuert fühlt. Gut, bei einem Detektiv, der gegen Geld Aufträge ausführt, ist das in gewisser Weise normal. Aber Walpar hat die Lage nicht unter Kontrolle. Nicht einmal seinen Neffen. Er fragt sich, ob er vielleicht ein mutloser Schlappschwanz ist.
Immerhin hat er inzwischen mit seinem Pinguin Zugriff auf sein E-MailPostfach, und darin befindet sich unter anderem die lapidare Mitteilung, dass Kerbil aus der Entgiftungsanstalt entlassen worden sei. Und das mit »außerordentlichem Erfolg«.
Jetzt hockt Walpar unzufrieden auf dem Platz am Gang im Charterbus zum Gottesfinger. Vielleicht hat Kerbil sich ebenfalls auf den Weg dorthin gemacht, sodass sie einander auf dem Finger wiedersehen.
Vielleicht ist Kerbil aber auch etwas Furchtbares zugestoßen. Wurde er gar entführt? Dass er wirklich geheilt entlassen worden ist, hält Walpar für unwahrscheinlich. Die Werbung von PharmaCode verspricht zwar das Rote vom Marshimmel herunter, aber eine Überdosis Psychips hält sich eine Weile im Körper. Walpar weiß das aus eigener Erfahrung, schließlich war er mal Rockmusiker: Nach jedem Auftritt wurden massenweise Groupies und Psychips vernascht, und mangels Ersterer meistens deutlich mehr von Letzteren.
Wenn der Kosmodetektiv ehrlich zu sich selbst ist, muss er sich eingestehen, dass er keine große Ahnung hat, wie er vorgehen soll, wenn sie auf dem Finger ankommen. Es bleibt nichts anderes übrig, als an der Stelle, wo der Finger vom Körper getrennt wurde, nach Spuren zu suchen. Dort hat man ihm allerdings bei seinem ersten Besuch den Zutritt verwehrt, und Walpar hat keinen Anlass zu glauben, dass das diesmal anders ist. Er wird sich beizeiten etwas einfallen lassen müssen.
»Sehr verehrte Fahrgäste«, quäkt ein Lautsprecher, »hier meldet sich Ihr Busfahrer Version 8.1, Service Pack 5, mit aktuellen Hinweisen zu unserer Fahrt.«
»Das nicht neueste Version«, zischt Lang X.
»Wir können Ihnen heute leider keinen Bordverkauf anbieten, weil das Lizenzabo der Software des Androiden überraschend abgelaufen ist.«
»Buuuh!«, ruft eine ältere Dame zwei Reihen weiter vorn.
»Ferner habe ich gerade die Mitteilung erhalten, dass der Ausstieg auf dem Finger leider nicht möglich sein wird.«
»Buuuuuuh!«, ruft die Frau und übertönt die restlichen Unmutsäußerungen im Bus.
»Sie haben die Möglichkeit, gegen geringe Gebühr auf der Rückfahrt Fotomontagen anfertigen zu lassen, die Sie winkend auf dem Gottesfinger zeigen. Wir bitten um Ihr Verständnis.«
»Warum dürfen wir nicht
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