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Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Titel: Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)
Autoren: Uwe Post
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zeigte ein penetrantes Blümchenmuster und stammte schätzungsweise aus dem 17. Jahrhundert. »Unser Projekt lässt nur Zeit für Süchte, die sich schnell befriedigen lassen. Kein Sex, keine Frauen. Stattdessen Koffeinpillen und Heavy Metal. Obwohl wir es manchmal schaffen, zum Kaffeeautomaten zu pilgern. Den Weg findest du bald im Schlaf. Ha ha.«
»Beruhigend«, sagte Tilko.
»Du wirst im Bereich Ausstattungsverfügbarkeitsmanagement arbeiten.
Alles coole Leute.«
»Muss ich mir auch die Haare wachsen lassen?«
»Huahaha, du bist hier richtig. Ich prophezeie dir große Aufstiegschancen, so wahr ich Projektmanager bin. Vielleicht sitzt du eines Tages sogar auf meinem Stuhl. Wenn ich an einer Überdosis Pillen gestorben bin, ha ha.«
»Ausstattungsverfügbarkeit?«
Der Projektmanager schnippte mit den Fingern. »Klar, im Kino. Du weißt schon, Werbemittel installieren und den Bestand managen. Inklusive Projektionslinsen auswechseln, Nachfüll-Popcorn ordern und Verbrauchskurven berechnen. Du kannst doch rechnen?«
Tilko seufzte und bediente sich an der Blümchenschale. »Wenn ich genug Pillen nehme, bestimmt.«
Ein Lastwagen überfuhr die Fratze seines Chefs und hinterließ ein breites Grinsen. »Solche Leute brauchen wir!«
»Gut«, brachte Tilko hervor, während er versuchte, den herben Geschmack der Kaffeepille zu ignorieren. »Gut.«

15 Südkalifornischer Einreiseschalter, Erde
     
    Walpar hat Multi-Kopfschmerzen. Sie haben angefangen, als Nera und X das letzte Taxi genommen haben. Diverse Pilger hatten bereits zuvor den Vorrat beinahe erschöpft. Über eine Stunde hat Walpar auf ein Taxi gewartet, das nicht rein zufällig gerade einen hohen Sondertarif verlangte.
Das Taxi war ein Fiat mit Partikelturbine, die während des Fluges wummerte, als stünde eine Explosion unmittelbar bevor. Außerdem ließ sich die Beschallung durch italienischen Weichspül-Hardrock nicht abschalten.
Zu allem Überfluss hat Walpar feststellen müssen, dass es vor dem südkalifornischen Einreiseschalter im ehemals nicht-kubanischen Guantanamo zwar keine nennenswerte Warteschlange gibt, aber ein Schild mit der Aufschrift »Keine Einreise ohne Ausbeutungsnachweis«. Die Schlange vor dem Büro für Ausbeutungsvermittlung ist dafür anscheinend mehrere Kilometer lang.
Beide Büros sind in einem angerosteten Container untergebracht, hinter dem verlockend die südkalifornische Flagge weht, unverkennbar durch den grinsenden Yuppie mit der Zigarre zwischen den Zähnen. Seit dem Großen Erdbeben, das den nördlichen Teil Kaliforniens im Sankt-Andreas-Graben versenkt hat, gehört der Rest des Landes aus Gründen, die hauptsächlich mit clever vereinbarten Versicherungsprämien zusammenhängen, der All Comm – die die Konkursmasse der restlichen Vereinigten Staaten für einen symbolischen Dollar übernommen hat. Einige Werbekampagnen später gehörten auch Puerto Rico, Mexiko und Sizilien zur All Comm.
Walpar reiht sich hinter einem dürren Asiaten ein, der zwei Samuraischwerter auf dem Rücken trägt und den Eindruck erweckt, als würde es nicht mehr lange dauern, bis er sich den Weg frei mäht.
Hinter Walpar stellt sich eine Französin mit Modelfigur und geblümter Handtasche und unterhält sich ununterbrochen mit jemandem, der nicht anwesend ist. Ein Telefon kann Walpar nicht erkennen, vermutlich steckt es in dem knappen Oberteil oder den riesigen Ohrringen.
Die Schlange bewegt sich im Schneckentempo vorwärts und kubanische Bauchladenhändler bieten unentwegt und lautstark ihre Waren feil: Eis, Chips, Sandwiches. Bislang hat Walpar nur einem ziemlich hübschen Señor nicht widerstehen können, der eisgekühlte Drinks mit echtem kubanischen Rum anbietet.
Da haben wir ihn schon, den nächsten Grund für Walpars Kopfschmerzen.
»Señor«, spricht ihn eine braungebrannte Kubanerin an, »kaufen Fidel.
Billig und lustig, guck!«
Walpar langweilt sich in der Warteschlange, also schaut er sich an, was die Verkäuferin anbietet. In ihrem Bauchladen sitzen zwei Dutzend Puppen mit schmächtigem Körper und verhältnismäßig riesigem Schädel. An den Kinnen sind lange, graue Bärte befestigt, und die Puppen tragen olivfarbene Uniformen.
»Können die auch sprechen?«, fragt Walpar desinteressiert.
»In 333 Sprachen«, sagt die Kubanerin glücklich. »Fidel-Puppe verbreitet wahren Sozialismus in ganze Welt!« Sie gestikuliert ausladend, wobei ihre Brüste die Fidels in der hintersten Reihe umwirft. »Sogar Malediven Weisheit dank kleinen Fidel erkannt
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