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Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Titel: Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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Stahlgitter mit einer Tür darin, die sich öffnet, wenn sich jemand mit dem richtigen Ausweis nähert. Walpar zweigt vorher ab, aber da geht's nur zum Klo. Eines der blau-metallicfarbigen Pissoirs ist mit einem Schild »Wartungsarbeiten« versehen.
Immer noch grübelnd erledigt Walpar sein Geschäft nebenan, verlässt das Klo wieder, grübelt, grübelt noch mehr, bis ihm der Kopf summt. Das Summen kommt allerdings von unten. Ein Putzroboter von der Größe eines Pissoirs nähert sich und zieht eine feuchte Spur hinter sich her. Walpar klaut schnell das »Wartungsarbeiten«-Schild vom Klo und klemmt es notdürftig an den wehrlosen Putzroboter. Dann steckt er die Hände in die Hosentaschen und schlendert in aller Ruhe hinter dem Gerät her. Die Zugangskontrolle identifiziert den Roboter und klappt die Tür auf. Walpar schlüpft unangefochten hinterher. Wenn ihn jemand fragt, wird er behaupten, dass er eine In-vivo-Qualitätskontrolle an dem frisch überholten Roboter durchführt. Das Gerät wird hoffentlich so dumm sein, nicht zu widersprechen.
Roboter sind eine großartige Erfindung, findet Walpar. Man kann sie viel leichter verarschen als Menschen, denn Misstrauen ist ihnen fremd.
Walpar begegnet niemandem, und selbst die Büros, in die er schaut, sind verlassen. Die riesigen Bildschirme sind schwarz, die Betten leer. Auf einem liegt ein T-Shirt mit dem All-Com-Logo. Walpar braucht nur drei Sekunden, um es an sich zu nehmen und überzuziehen. Nur mit einer untergeordneten Abteilung seines Hirns nimmt er wahr, dass auf der Rückseite der Satz »21 ist nur die halbe Wahrheit« steht, und er ahnt, dass es irgendeinen Zusammenhang zwischen ihm und dieser ominösen Wahrheit gibt, aber er kommt nicht drauf.
An der nächsten Ecke will der Putzroboter links abbiegen, während Walpar dem Geruch frischen Kaffees folgen möchte. Selbst energische Fußtritte bringen den starrsinnigen Roboter nicht vom Kurs ab, sodass Walpar schließlich alleine die Cafeteria betritt.
Am Tresen lümmeln drei langhaarige, schwarz gekleidete Figuren auf Barhockern. »Nee kannse knicken«, sagt einer gerade und nimmt einen Schluck aus einer gelben Tasse mit großen Augen und rotem Schnabel.
»Ich will ja nicht übertreiben, aber ohne mich geht das Projekt den Bach runter«, erklärt der dünnste der Typen, die offensichtlich zur Kreativabteilung von All Com gehören. Walpar ist am Ziel. Wenn diese Jungs hier nichts über den Leib Gottes wissen, dann vielleicht noch ihr Intranet, in das er sich notfalls hacken müsste. Leider hat Walpar gerade keine Schusswaffe dabei, daher kann er die nicht einfach zücken und sagen: »Erzählt mir, was ihr über den Rest vom Finger wisst oder es knallt.«
Ersatzweise versucht er es mit: »Hat jemand Marvin gesehen?«
Umgehend fahren die drei Barhocker fort, ihn zu ignorieren. »Ich hab's von Anfang an gesagt«, meint der dickste von den dreien. »Da hat wieder keiner den Aufwand richtig abgeschätzt«, antwortet der zweite.
»Marvin ist im Hotel«, sagt der Schlanke. »Ich habe den Aufwand richtig geschätzt. Bloß haben die Kollegen vom Verkauf meine Zahlen ignoriert.«
»Ist noch was in der Kanne?«, fragt Walpar und zeigt auf die gigantische, silbern glänzende Tonne mit Kaffeeflecken, die hinter dem Tresen thront wie ein Reliquienschrein. Er macht ein paar Schritte und greift sich lässig die nächste leere Tasse, die nicht allzu benutzt aussieht.
»Noch sind immerhin keine Menschen gestorben«, sagt der mit der Ententasse. »Die Kanne ist leer. Wir trinken einfach direkt das Kaffeekonzentrat.« Er nickt zu einer braunen Flasche hinüber, auf der ein Totenkopf abgebildet ist.
»Danke«, sagt Walpar und hält die Luft an, während er sich einen Schluck Konzentrat in die Tasse tropft.
»Die hätten mich mitnehmen müssen. Keiner kennt das Verwaltungssystem so gut wie ich«, schimpft Ententasse.
»Du hast sicher 'ne hervorragende Dokumentation geschrieben«, sagt der Dünne, woraufhin betretenes Schweigen eintritt.
Bisher hat Walpar Glück gehabt. Er hat Insider gefunden, sie haben ihn nicht gleich getötet, und mit Marvin lag er auch richtig. Der Name stand auf einem Schild neben einer Bürotür; mit etwas Pech hätte auch einer der drei hier selbst Marvin sein können.
»Ich muss dann mal wieder«, sagt Ententasse, »sonst denkt noch einer, ich arbeite nicht.« Das Kaffeekränzchen löst sich auf, bloß Walpar hängt sich an den Dünnen, den er als Chef der Truppe identifiziert hat. »Ich hab da noch ein

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