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Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Titel: Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)
Autoren: Uwe Post
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Vier-Augen-Thema«, murmelt Walpar verschwörerisch und macht die Bürotür hinter sich zu, neben der »Hilbert Falk« und »Project Manager« steht.
»Klar, ich bin doch immer für dich da«, sagt Falk gemütlich und sinkt in seinen Ledersessel. Der Fußboden ist vollgestellt mit fußgroßen Roboter-Actionfiguren, eingefroren während eines epischen Kampfes zwischen Gut, Böse und den Noch Schlimmeren Bösen, die Gut und Böse auf niederträchtigste Weise gegeneinander ausspielen wollen.
Walpar bleibt an der Tür stehen. »Und das, wo du mich nicht einmal kennst.«
»Doch klar«, sagt Falk und streicht sich die langen Haare aus dem Gesicht, »ich hab dich schon ein paarmal gesehen, du arbeitest in Sallys Team.«
»Mein Name ist Walpar Tonnraffir, Weltraumdetektiv.«
»Ah«, klatscht Falk sich die Hand vor die Stirn, »jetzt weiß ich: Mariannas Team.«
»Ich bin mein eigenes Team«, erläutert Walpar geduldig. »Und ich habe nicht vor, dich lange von deiner Arbeit abzuhalten. Erzähl mir einfach, wo sich der Rest befindet.«
»Im Hotel«, antwortet Falk im »Wo denn sonst?«-Tonfall.
Leider hat Walpar keine Ahnung, wovon Falk redet, und er kann sich jetzt keine Blöße erlauben. Er muss in die Offensive gehen. Zwei Schritte quer über das Schlachtfeld der eingefrorenen Helden, dann stützt er die Arme auf Falks Schreibtisch, setzt seinen gefürchteten »Wehe dir«-Blick auf: »Du redest jetzt besser, sonst kommen wir in heftige Schwulitäten.«
Falk scheint ein paar Millimeter zu schrumpfen.
»Und?«, hakt Walpar nach. »Wo. Befindet. Sich. Der. Leib. Gottes?« Er hofft inständig, dass die Antwort nicht wieder lautet: »Im Hotel.«
Tut sie nicht.

18 Tempel der pünktlichen Ankunft, Erde
     
    »Im Angesicht des Heiligen Fahrdienstleiters sind wir hier zusammengekommen, damit ihr, Liese und Jörge, euch vereinigt in der Ehe, und zwar pünktlich in eineinhalb Minuten, wie es der Große Fahrplan vorsieht.«
Gern den Wool schließt die Augen und breitet beide Arme aus, verborgene Lautsprecher sabbern synthetische Fahrstuhlmusik. Die vier Assistenten in grünen Kutten heben die großen Uhren, die sie bisher vor der Brust getragen haben, hoch über ihre Köpfe, damit alle Zuschauer das Vorrücken des dürren, roten Zeigers verfolgen können.
Braut und Bräutigam schauen einander selig in die Augen und turteln irgendwas, während die Verwandtschaft im Publikum eifrig mit Videokameras den derzeit völlig statischen Teil der Zeremonie filmt.
»Wie lange noch?«, zischt Nera, die sich mit Lang X unters Publikum gemischt hat.
»45 Sekunden«, flüstert der Asiate.
»Nein, bis wir diesem Priester die Pistole auf die Brust setzen.«
Der Abenteurer antwortet nicht, verfolgt gebannt weiter das Geschehen vor dem Altar.
Als die Zeit abgelaufen ist, ertönt ein Gong, und der Hohepriester greift zu seinem zeremoniellen Stab. Er legt ihn nacheinander Braut und Bräutigam auf die Schultern, als würde er sie zu Rittern schlagen. »Hiermit erkläre ich euch gemäß dem Großen Fahrplan auf die Sekunde pünktlich zu Mann und Frau.«
Die Zuschauer klatschen, Lang X erhält die Tarnung aufrecht und stimmt ein. Nera verdreht die Augen und verschränkt die Arme vor der Brust. »Und jetzt?«, fragt sie.
»Wir warten, bis …«
»Liebe Gläubige und Spender«, hebt Gern den Wool in diesem Moment an, »wir alle beugen uns der Macht des Großen Fahrplans, so auch diese beiden Menschen, deren Pünktlichkeit das Wohlgefallen des Obersten Fahrdienstleiters findet, dessen Finger unseren Planeten umkreist. Ihr alle wisst, dass seine Ankunft im Großen Fahrplan verzeichnet ist, aber auch seine Abfahrt.«
»Das eine Überraschung«, flüstert Lang X. »Aber sehr logisch.«
»Wie wir uns sowohl seiner Ankunft als auch seiner Abfahrtszeit beugen, so beugt sich dieses fromme Paar dem Willen des Großen Fahrplans. Und der verlangt in diesem Fall bekanntlich die kirchliche Scheidung in genau drei Minuten. So lasset uns singen …«
»Bitte?«, macht Nera. »Ist er jetzt völlig durchgedreht?«
»Er logisch handelt«, gibt Lang X zu bedenken. »Er tut was steht in Große Fahrplan.«
Nera deutet fassungslos nach vorn. »Und das Brautpaar lächelt immer noch! Entweder haben sie nicht zugehört oder sie sind genauso mal à la tête wie ihr Hohepriester.«
»Acht Uhr neun an Gleis drei, grün leuchten die Signale … die Fahrt ist freeii…« Die Gemeinde singt inbrünstig das Lied, das Gern den Wool seinerzeit über Nacht berühmt gemacht hat.
»Wir warten«,
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