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Walpurgistag

Walpurgistag

Titel: Walpurgistag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annett Groeschner
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rausreden, du hättest bei Douglas Parfüme für sie ausprobiert. Das ist dann der Anfang der Lügerei. Ich weiß nicht, wie es bei dir und Anna ist, vielleicht ist es bei euch was anderes, so selten, wie sie zu Hause ist, aber ich will meine Familie nicht verlieren. Für mich darf die nicht angetastet werden. Das mit dem Sex ist eine ganz andere Kiste, der muss so weit weg von der Familie wie möglich stattfinden. Nie in der Wohnung, auch nicht in ihrer. Sie muss das genauso sehen.« – »Ich frag mich dauernd, ob ich nicht lieber eine Professionelle nehmen sollte. Nicht, dass sich die Frau nachher in mich verliebt oder so was Unvorhergesehenes.« – »Mit Professionellen ist es langweilig, die sind so abgebrüht, und außerdem spielen sie dir was vor. Ich will eine Frau, die die Lust nicht spielt, sondern geil ist. Eine, die sexuell ausgehungert ist, so wie ich. Die alles ausprobiert hat, was sie alleine mit sich machen kann, und es nun mit einem Typen versucht.« – »Aber hattest du nicht Angst, dass dich eine ganz Fette mit Schweinsäuglein im Bett erwartet?« – »Aussehen ist mir egal. Ich will doch nicht mit ihr zu einem Empfang gehen. Mich interessiert, ob eine Frau sich gehenlassen kann. Das geht nur mit Frauen, denen egal ist, was Männer über ihren Körper denken, und die für ein paar Stunden komplett ihren Alltag vergessen können.«
    Micha hat sich in Rage geredet und versucht, aus der leeren Flasche zu trinken. Hosch wendet sich an den Jungen an der Bar. Er hat einen Körper, der keinen Makel zu haben scheint, bei jeder Bewegung spielen die Trizepse, und selbst die Bauchmuskeln zeichnen sich unter dem schwarzen Shirt ab. »Noch zwei Becks.« – »Ich eile«, flüstert er und dreht seinen Körper in einer fließenden Bewegung dem Kühlschrank zu. »Und wie ging’s beim ersten Mal weiter?«, fragt Hosch, noch der Bar zugewandt, wo ihm der Barmann mit einem Zwinkern zwei langhalsige grüne Flaschen reicht. »Bis aufs Codewort sprachen wir nichts. Wir hatten vorher
ausgemacht, dass wir einander nichts fragen dürften.« – »Und hast du dich irgendwie abgesichert, so mit Aidstest blabia?« – »Ja, und am besten noch ’ne Lebensversicherung, oder was? Kondome immer, das haben wir per SMS abgesprochen.« – »Und arbeitest du unter Pseudonym?« – »Sie nennt sich Mimi, und ich bin Mick.« – »Mick, du Hete, habt ihr nich ’n andres Thema?«, mischt sich der Nachbar ein. »Det is hier ’n Schwulenladen, falls ihr det noch nich bemerkt habt.« Der Typ neben ihnen hat die ganze Zeit auf den Fernseher an der Wand gestarrt, wo bis vor einer Dreiviertelstunde Wrestling kam, für Hosch ein Unsport. Jetzt läuft MTV, aber offensichtlich langweilt sich der Mann seitdem. Er ist fett, trägt eine Lederweste und eine Lederhose und hat jede Menge Tätowierungen auf den schlaffen weißen Oberarmen, eine davon zeigt einen erigierten Penis, der aus einem brennenden Herzen herausragt. Micha blafft zurück: »Es hat Sie keiner aufgefordert, uns zuzuhören.« – »Dann red nich so laut, Hänfling. Und kiek ma nich so abfällig an. Ick jeh pissen, und bis ick wiederkomme, habt ihr euch ’n andret Thema einfalln lassen. Ick bin nämlich allergisch gegen so ’ne Storys. Klaro?« – »Das ist hier ein freies Land, setzen Sie sich doch einfach woandershin.« – »Pass ma uff, Hete, det is mein Laden, klaro?« Hosch und Micha schweigen und starren, um nicht loszuprusten, auf den Fußboden, auf dem ein paar Kippen liegen. Der Ledermann trollt sich.
    »Mann, ist der übel drauf. Was macht der hier eigentlich, sieht aus wie ’n Höllenengel?« Der Barmann beugt sich über den Tresen und flüstert Micha zu: »Das ist unser Türsteher.« – »Ich glaub’s nicht«, sagt Micha, »der sieht aus, als hätte er sich in der Tür geirrt.« – »Jetzt ist er ja weg«, sagt Hosch zu Micha, »erzähl weiter.« Micha nimmt einen Schluck. »Sie hatte die Decke über den Kopf gezogen, ich hab also nichts von ihr gesehen. Ich zog mich langsam aus. An der Lehne des Stuhls erkannte ich einen schwarzen Spitzen-BH. Ich roch daran, der Geruch hatte etwas Erdiges, mit einem kleinen Hauch von Duschbad. Nichts, was mich abstieß. Dass sie nicht gut riechen könnte, war meine einzige wirkliche Angst. >Bist du wegen meiner Unterwäsche hier oder
wegen mir?<, fragte sie, und ich dann: >Das ist meine Art, ein Vorspiel zu beginnen.< Ich erwischte ein Stück ihres Gesichts, das kurz in den Lichtstrahl geriet. Sie hatte kurze blonde Haare

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