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Walter Ulbricht (German Edition)

Walter Ulbricht (German Edition)

Titel: Walter Ulbricht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egon Krenz (Hrsg.)
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die Zeitungen in den anderen Sektoren behaupten müssten und auch gegen die vom Magistrat herausgegebene Berliner Zeitung und die Tägliche Rundschau der sowjetischen Besatzungsmacht. »An den Kiosken sollen sie nach der Volkszeitung fragen, wenn sie wissen wollen, was sie am nächsten Tag zu erwarten haben!«, erklärte Ulbricht.
    Natürlich lag beiden auch am Herzen, dass wir intensiv über die Partei informierten und zum Beispiel mitteilten, in welchem Stadtbezirk eine neue Gruppe gegründet worden war und wo man deren Büro fand. Es lässt sich heute kaum mehr noch verständlich machen, wie schwer es damals war, die Menschen nach zwölf Jahren brutalstem Antikommunismus für die Kommunisten zu gewinnen. Ich schilderte in der Runde, dass ich kaum vorankäme, eine Jugendgruppe in meinem Wohngebiet in Britz, also im amerikanischen Sektor, zu gründen. Keiner meiner besten Freunde wollte sich bei den Besatzern unbeliebt machen.
    Eines Tages ließ die sowjetische Besatzungsmacht die Redaktion wissen, dass man keinen Redakteur bei der Volkszeitung akzeptiere, der im Sektor der Amerikaner wohne. Aber da ich keine Wohnung im sowjetischen Sektor bekam, empfahlen die sowjetischen Offiziere, dass ich wenigstens unter einem Pseudonym schreiben sollte. Fortan hieß ich in der Zeitung »Klaus Ullrich«, ein Name, den ich bis 1990 behalten sollte. Denn als ich später mit meinen Eltern in den sowjetischen Sektor zog, riet mir der Chefredakteur des Neuen Deutschland , ich solle bei dem bekannten Namen bleiben, denn Klaus Huhn kenne keiner.
    Die Folge jener nachmittäglichen Unterweisung durch Pieck und Ulbricht war, dass mich beide, wo immer ich ihnen begegnete, begrüßten.
    Eines Tages überreichte mir der Chefredakteur eine Essenskarte für das inzwischen von der Parteiführung bezogene Haus in der Wallstraße. Von da an hätte ich sogar behaupten können: »Ich aß oft mit Walter Ulbricht zu Mittag.« Wir saßen nämlich im gleichen Speisesaal und löffelten gemeinsam Eintopf.
    Bald darauf übernahm ich neben den Aufgaben des Lokalreporters auch die Funktion des Sportredakteurs, weil der bis dahin freitags und montags die Sport-Texte Liefernde ausblieb. So schickte man mich am 1. Oktober 1948 in die Berliner Kronenstraße, wo FDGB und FDJ den Deutschen Sportausschuss ins Leben riefen. Ich saß neben dem Dresdner Helmut Schön, nachmals Fußballbundestrainer, der wie ich zu den Gründungsmitgliedern gehörte. Man setzte mich als eine Art Pressechef ein. Das hatte zur Folge, dass ich Anfang Februar 1949 nach Oberhof fuhr, und weil niemand Benzin für eine so lange Fahrt hatte, verkrochen wir uns auf einem Lkw, der durch einen Brennofen mit Holzgas angetrieben wurde. Am 11. Februar sollten dort die I. Wintersportmeisterschaften der sowjetisch besetzten Zone beginnen, aber bevor man den ersten Wettkampf starten konnte, waren viele Probleme zu überwinden.
    Die Hotelbesitzer waren nicht bereit, ihre Betten an die Sportler für nur zwei Mark pro Nacht zu vermieten, aber mehr hatte die Deutsche Wirtschaftskommission für die Übernachtung nicht bewilligt. Dann spielte uns Petrus einen Streich, als am 10. Februar Tauwetter hereinbrach. Das Sekretariat des Deutschen Sportausschusses erwog, die Wettkämpfe zu verschieben. Ich stimmte dagegen und hoffte auf die Rückkehr des Winters. Ich rief den Chef der Potsdamer Wetterwarte an, den ich als Lokalreporter kannte. Runge versicherte mir, Kälte und Schnee marschierten Richtung Oberhof. Ich stimmte die Funktionäre um und spazierte am nächsten Morgen bei Minusgraden als ausgewiesener Wetterprophet stolz durch das frisch verschneite Oberhof.
    Am Sonntag kam Walter Ulbricht. Seine erste Amtshandlung bestand darin, mir zu meiner meteorologischen Vorhersage zu gratulieren. Er tat dies im Kreis aller Sieger, die er zum Essen in den »Thüringer Hof« eingeladen hatte. Das war damals unglaublich, denn die Mahlzeiten selbst der Athleten waren dürftig – viele hatten sich ihre eigene Verpflegung von zu Hause mitgebracht.
    Es wurde aber vor allem deshalb ein turbulenter Mittag, der sich fast bis zum Abend zog, weil Ulbricht die Anwesenden aufgefordert hatte, nicht nur Fragen zur Zukunft des Sports zu stellen, sondern auch Vorschläge zu machen. Es meldeten sich zunächst die Eishockeyspieler und die Eiskunstläuferinnen zu Wort. Training und Wettkämpfe seien bei ihnen vom Wetter abhängig, darum forderten sie die Errichtung einer Eishalle. Die Berliner Eishockeyspieler schlugen vor, zwei

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