Walter Ulbricht (German Edition)
Gespräche auf der Baustelle mit Arbeitern, freiwilligen Helfern, Architekten und Ingenieuren.
Es heißt, er soll wiederholt unangemeldet auf der Baustelle erschienen sein.
Das stimmt. Wenn er in der Stadt aus anderen Gründen zu tun hatte, machte er sich stets selbst vom Fortgang der Arbeiten ein Bild.
In den frühen Morgenstunden des 4. August 1956 erfolgte der letzte Hammerschlag.
Das war knapp, ja. Am Vormittag fanden – unter aktiver Mitwirkung aller Mitarbeiter und Studenten der DHfK – die letzten Proben statt. Die Premiere der Sportschau am Nachmittag war der Höhepunkt des II. Deutschen Turn- und Sportfestes.
Zum 10. Jahrestag der Gründung der DHfK gab es eine Festwoche, auf der auch Walter Ulbricht zugegen war. Welche Erinnerungen hast du an dieses Ereignis? Du warst ja inzwischen Rektor der Hochschule.
Wir alle waren Tage zuvor und besonders am Morgen des 22. Oktober 1960 voller Erwartung. Die Festwoche zum Jubiläum bot eine eindrucksvolle Bilanz. Gäste aus dreizehn Ländern, darunter aus afrikanischen Nationalstaaten, und Vertreter des Weltrates für Körpererziehung und Sport waren erschienen. An der Konferenz nahmen auch Kollegen aus befreundeten sozialistischen Staaten teil.
Walter Ulbricht kam, obwohl stark erkältet. Hinter ihm lag eine ausgedehnte, anstrengende Reise durch die südlichen Bezirke unserer Republik mit vielen Terminen. Dabei hatte er sich derart erkältet, dass ihm das Sprechen sichtlich Mühe bereitete. Dennoch blieb er einen ganzen Tag an der Hochschule und machte keine Abstriche am Programm. Er hatte zugesagt und hielt sein Versprechen, obwohl es jeder verstanden hätte, wenn er sich ins Bett gelegt hätte, wo er auch hingehörte. Auf der Festveranstaltung betonte er: »Die Anforderungen an die Hochschule werden wachsen, und was gestern noch gut war, kann morgen nicht mehr ausreichen. Das Bessere möge stets der Gegner des Guten sein.«
Gerhard Mendl
Ich schwamm mit Ulbricht vor Warnemünde um die Wette
Gerhard Mendl, Jahrgang 1928, nach Besuch der Grundschule von 1943 bis 1946 Maschinenschlosserlehre, 1946 Mitglied der FDJ, 1947 der SED, von 1947 bis 1971 in ehrenamtlichen bzw. hauptamtlichen FDJ-Funktionen. 1953/54 Besuch der Hochschule des Komsomol und von 1971 bis 1974 der Parteihochschule der KPdSU in Moskau. Von 1954 bis 1960 in Rostock 1. Sekretär der Bezirksleitung der FDJ. Danach, bis 1971, Vorsitzender des Komitees für Touristik und Wandern der DDR. Von 1974 bis 1989 verschiedene Funktionen der SED im Bezirk Erfurt. Aktuell Vorsitzender einer Basisorganisation der Partei »Die Linke« in Erfurt.
E s war gegen 11 Uhr an einem sonnigen Sonnabend im Juli. Die Ostsee, die durch ihre kurzen, tückischen Wellen bekannt ist, zeigte sich ruhig, als ob sie schliefe. Die Ostseewoche neigte sich bereits dem Ende zu. Die Bezirksleitung der SED, der Rates des Bezirkes, die Spitzen der anderen demokratischen Parteien, der Oberbürgermeister und Bürger, die sich um den sozialistischen Aufbau des Ostseebezirks verdient gemacht hatten, standen in der Empfangshalle des Hotels »Stoltera« in Rostock-Warnemünde und warteten.
Sie erwarteten den ersten Mann des Staates und der Partei, der seit 1958, als die Ostseewoche erstmals begangen wurde, alljährlich im Juli an die Küste kam.
Die Wagen fuhren vor, die Begrüßung verlief in freudiger Stimmung und optimistischer Erwartung. Was würde WU sagen?
Er wollte in der nur wenige Meter entfernten Ostsee schwimmen und dabei von den Gastgebern begleitet werden.
Betretenes Schweigen verbreitete sich im Raum, niemand war darauf vorbereitet, keiner hatte Badezeug dabei.
Karl Mewis, 1. Sekretär der Bezirksleitung, entschied wie gewohnt: kurz und bündig und ohne Rücksprache: »Unser Jugendsekretär vertritt uns alle. Er ist der Jüngste und am widerstandsfähigsten.« Dabei zeigte er auf mich.
Widerspruch war hier nicht angebracht, das war mir bewusst.
Ulbricht reagierte gelassen: »Nun gut, machen wir es so!«
Auf dem Weg zum Strand stellte er mir Fragen. Er wollte wissen, was die Jugend im Bezirk so mache, ob es Initiativen der FDJ-Bezirksorganisation gäbe und dergleichen mehr. Ich informierte über den Verlauf der Ostseewoche und das Lager der Jugend der Ostseeländer und Islands.
Ulbricht interessierte sich auch über den Fortgang der Bauarbeiten am Rostocker Überseehafen. Künftig sollten in diesem Hochseehafen nicht nur Schiffe, mit 3.000 BRT gelöscht werden, sondern auch 10.000-Tonner.
In wenigen Monaten waren
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